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Besuch der Muslimbruderschaft bei afghanischen Taliban wirft Fragen auf

Kämpfer der Taliban bei einer Parade der Afghanistan regierenden Terrororganisation
Kämpfer der Taliban bei einer Parade der Afghanistan regierenden Terrororganisation (© Imago Images / UPI Photo)

Vor einigen Tagen besuchte eine Delegation von Organisationen, die mit der Muslimbruderschaft verbunden sind, die afghanische Hauptstadt Kabul, um sich mit hochrangigen Taliban-Führern zu treffen.

Der Kabulbesuch der Abordnung der Muslimbruderschaft fand unter dem Titel »Besuch einer Delegation von Gelehrtengremien und -vereinigungen im Islamischen Emirat von Afghanistan« durch und ihr gehörten einige der prominentesten Persönlichkeiten der Muslimbruderschaft an, darunter Muhammad al-Saghir, Mitglied des Generalsekretariats der Internationalen Union der Muslimischen Gelehrten (gegründet von dem verstorbenen Theoretiker der Bruderschaft Yusuf al-Qaradawi), Scheich Sami Al-Saadi, Mitglied des Generalsekretariats der Vereinigung der Gelehrten des Arabischen Maghreb, sowie Scheich Muhammad Abdel Karim, Generalsekretär der Vereinigung der Muslimischen Gelehrten, wie es in einer offiziellen Erklärung heißt.

In der von der sogenannten »Vereinigung der muslimischen Gelehrten« herausgegebenen und von den Mitgliedern der Abordnung unterzeichneten Erklärung heißt es: »Eine Delegation muslimischer Gelehrter, die verschiedene Länder und unterschiedliche wissenschaftliche Ziele vertreten, stattete dem Islamischen Emirat Afghanistan einen gesegneten Besuch ab, um ihren Brüdern im Emirat die Glückwünsche der Muslime zu dem großen Sieg zu übermitteln, der über die Armeen der Blasphemie und Tyrannei errungen wurde.«

Nicht nur werden von der Muslimbruderschaft also die ehemalige afghanische Armee und ihre Verbündeten, die Vereinigten Staaten und mehrere europäische Länder, als »Armeen der Blasphemie und Tyrannei« bezeichnet, sondern darüber hinaus wird auch die erklärt, »der Sieg der Taliban in Afghanistan stellt einen Sieg für alle Muslime dar. Die afghanischen Mudschaheddin haben Hoffnung in die Herzen der Menschen gepflanzt«.

Der Erklärung zufolge traf die Delegation der Muslimbruderschaft mit dem stellvertretenden Taliban-Premierminister für Verwaltungsangelegenheiten, Mawlawi Abd al-Salam Hanafi, und dem stellvertretenden Premierminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, Mullah Baradar, sowie den Ministern für auswärtige Angelegenheiten, Inneres und Einwanderer und den Ministern für Information, Jugend, Hochschulbildung und öffentliche Bildung zusammen.

Unterschiedliche Interpretationen

Hisham al-Najjar, Experte für den politischen Islam, sagte zu den Gründen für den Besuch, Afghanistan sei eines jener Gebiete, in denen sich wahrscheinlich Mitglieder der Muslimbruderschaft aufhielten, nachdem die türkische Unterstützung für die Gruppe angesichts der Annäherung zwischen Ankara, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Saudi-Arabien zurückgegangen sei.

Der ägyptische Journalist Nashat Al-Daihi stimmte dem zu, indem er erklärte, der Besuch diene der Suche nach einem sicheren Zufluchtsort für die Gruppe, da viele ihrer Führer die Türkei verlassen und in ein anderes Land ziehen wollten, nachdem die Unterstützung Ankaras nachgelassen habe und die Aktivitäten der Gruppe in letzter Zeit eingeschränkt worden seien.

Der Dissident der Muslimbruderschaft und Experte für politischen Islam, Ahmed Ban, meinte gegenüber Mena-Watch jddoch, dass »die Beziehungen der Bruderschaft zu den Afghanen bereits alt und weitreichend« seien und fügte hinzu: »Nachdem die Taliban [im August 2021] an die Macht kamen wurden die Erfahrungen der afghanischen Bewegung zu einer Inspiration für die Muslimbruderschaft, insbesondere für die Hardliner der Gruppe. Ich glaube, die Bruderschaft möchte für sich neue Zentren für als Alternative zu Ägypten schaffen, insbesondere in Afghanistan und auf dem afrikanischen Kontinent.«

Ban meinte auch, es sei »nicht verwunderlich, dass sich die Muslimbruderschaft von jeder Regierungserfahrung von Extremisten angezogen fühlt. Schon nach 1979 finanzierte die Gruppe den Besuch einer Delegation im Iran, die dem Regime zu seiner der Machtübernahme gratulierte.« Aufgrund ihrer Ideologie könne die Muslimbruderschaft keine Lehren aus der Geschichte ziehen und wiederhole ihre Fehler. Ban ist der Ansicht, »die Gruppe ist auf dem Weg zum Zusammenbruch und wird auch nicht durch einen neuen sicheren Hafen in Afghanistan gerettet werden«.

Seit Monaten wird die Muslimbruderschaft durch einen internen Kampf um die Führung zwischen drei verfeindeten Fraktionen, der zur Spaltung der Gruppe und zur Untergrabung ihres organisatorischen Zusammenhalts geführt hat.

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