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Ben & Jerry’s: Wenn Eiscreme zur Waffe im Kampf gegen Israel wird

Eisfabrik von Ben & Jerrys in Beer Tuvia in Südisrael
Eisfabrik von Ben & Jerrys in Beer Tuvia in Südisrael (© Imago Images / Xinhua)

Bei Ben & Jerry’s Ankündigung, kein Eis mehr in der Westbank verkaufen zu wollen, handelt es sich um einen BDS-initiierten Boykott, der von langer Hand geplant wurde.

Wenn es ein Thema gibt, über das man sich im Nahen Osten nicht streitet, dann ist es Eiscreme. Kaum einer in dieser ebenso Streit- wie Hitze-geplagten Region weiß die kühlende Köstlichkeit, nicht zu schätzen.

Umso erstaunlicher also, dass ausgerechnet jetzt, bei ungekannten Höchsttemperaturen, ein wütender Zwist um eine allseits beliebte Eiscreme-Marke ausgebrochen ist. Es geht um Ben & Jerry’s und die konfuse Deklaration des globalen Unternehmensvorstands, den Vertrieb seiner Produkte im, wie es heißt, „besetzten, palästinensischen Territorium“ zu beenden. 

Eiscreme als politisches Druckmittel

Der Eiscreme-Verkauf in diesen Gebieten sei, so die offizielle Erklärung, nicht mit den „Werten des Unternehmens“ und mit seinem „Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Marktintegrität” vereinbar. Das Ben & Jerry’s Mutterunternehmen, Unilever, stellte klar, es habe keinerlei Verbindung zum Boykottaufruf für ganz Israel des globalen Ben & Jerry’s-Vorstands und versicherte, das Eis würde in Israel weiterhin verkauft werden.

Dieses einigermaßen beschwichtigende Statement brachte Anuradha Mittal allerdings auf die Palme. In einem Interview mit dem amerikanischen TV-Sender NBC zeigte sich die Ben & Jerry’s-Vorstandsmitglied empört. Unilever habe keinerlei Autorität, zu versprechen, in Israel zu bleiben, kritisierte sie. 

Schamloser Israel-Boykott

Beobachter fassen sich zunächst Mal verwirrt an den Kopf. Hitze-geplagten Juden und Arabern im Westjordanland Eis verkaufen sei sozial ungerecht und korrumpiere die Marke?!?

Oder peilt man hier gar mehr als nur das Westjordanland an? Will der Ben & Jerry’s-Vorstand, wie der Zorn Mittals es vermuten lässt, den diversen Glaubensgenossen in ganz Israel das Vergnügen an seinen Schöpfungen verwehren? Soviel steht mittlerweile fest: Es handelt sich um einen BDS-initiierten Boykott, der von langer Hand geplant wurde. 

Voreilige Reaktionen

Nach anfänglicher Bestürzung fielen die ersten Reaktionen denn auch entsprechend heftig aus. Der ehemalige Premier und heutige Oppositionsführer Bibi Netanjahu tweetete: Jetzt wissen Israelis, welches Eis sie NICHT kaufen werden, und die Wirtschaftsministerin Orna Barbivai lud ein Filmchen auf TikTok hoch, indem sie eine volle Packung Ben & Jerry’s mit Schwung in den Abfalleimer warf. Diese und ähnlich gut-gemeinte Reaktionen erwiesen sich allerdings als voreilig. 

Zingers erfolgreicher Appell

Denn alsbald ergab sich folgender Tatbestand: Vor 35 Jahren brachte ein gewisser Avi Zinger, Ben & Jerry’s nach Israel. Der Franchisenehmer baute eine erfolgreiche Produktionsstätte und zwei ebenso erfolgreiche Einzelhandelsläden auf. Insgesamt stellt er heute knapp 160 Menschen an.

Seit Jahren steht er unter Druck, die Eiscreme nicht jenseits der grünen Linie zu verkaufen. Diesem Druck hat er stets erfolgreich standgehalten. Das, so versichert er, werde er auch weiterhin so halten. Deshalb hat ihm jetzt der globale Unternehmensvorstand den Lizenzvertrag zu Ende 2022 aufgekündigt.

Zinger appelliert nun an die israelische Bevölkerung, sein Unternehmen nicht auch noch zu boykottieren. Man solle seine Ware in Israel weiterhin kaufen, denn damit unterstütze man den Lebensunterhalt von 160 Familien. Dem globalen Ben & Jerry’s Konzern, so versicherte ein Unternehmenssprecher, würde aufgrund des einzigartigen Lizenzabkommens, kein Profit entstehen. 

Widersinn 1: Steigender Absatz von Ben & Jerry’s in Israel

Der Appell Zingers stieß auf offene Ohren. Gleich am Tag nach der unseligen Ankündigung des Ben & Jerry’s-Vorstands stieg der Verkauf der Eiscreme-Marke in Israel um 27% an. 

Israelische Regierung schreitet ein 

Auch ein zweiter Appell Zingers scheint zu fruchten. Er rief nämlich die israelische Regierung auf, sich gegen den Boykott zu wehren. Tatsächlich griff der neue Premierminister Naftali Bennett alsbald zum Telefon und rief Alan Jope an. Dem Chef des Ben & Jerry’s Mutterunternehmens, Unilever, erklärte er, es handle sich um einen „anti-israelischen Schritt“, den er mit „höchster Ernsthaftigkeit“ betrachte. Er warnte vor „schwerwiegenden, auch rechtlichen Konsequenzen“ und versicherte, Israel würde energisch gegen den Boykott vorgehen.

Außenminister Yair Lapid (Yesh Atid) unternahm gleich erste Schritte, gegen die, wie er sie nannte, „beschämende Kapitulation gegenüber dem Antisemitismus und gegenüber BDS.“ Er erinnerte an die in 35 US-Bundesstaaten bestehenden anti-BDS-Gesetze und forderte Sanktionen gegen das amerikanische Unternehmen.

Innenministerin Ayelet Shaked machte, ganz im Sinne von Avi Zinger, auf den Unterschied zwischen Ben & Jerry’s Israel und dem globalen Unternehmen aufmerksam. 

Widersinn 2: Arabischer Parlamentarier spielt ungewollt in Zingers Hände 

Gut, nicht alle israelischen Politiker protestieren gegen den unsinnigen Eiscreme-Boykott. Ayman Odeh von der Vereinigten arabischen Liste, etwa, postete ein Bild von sich, in dem er genüsslich Eiscreme löffelt. „Bislang” so schreibt er dazu, „ging meine Diät gut.“ Damit wollte er wohl seine Begeisterung für die Boykott-Aktion kundtun.

Dass der arabische Parlamentarier, der wohlgemerkt in der israelischen Knesset sitzt, damit aber ausgerechnet in die Hände von Avi Zinger und israelischen Interessen spielt, ist ein weiterer Beweis für den grotesken Charakter des Ben & Jerry’s-Boykotts.

Diskriminiert nicht gegen Produkte, sondern gegen Menschen

Der Eiscreme Boykott lässt auch die Bevölkerung nicht kalt. Viele Israelis lassen ihrer Wut aber auch ihrem Sarkasmus auf sozialen Medien freien Lauf. Andere sinnen auf konkrete Widerstandsaktionen. Eine Gruppe, etwa, will eine Art Retourkutsche fahren und Produkte von Unternehmen, die Israel boykottieren, mit einer Diskriminierungs-Etikette versehen.

Politisch-motivierte Waren-Kennzeichen sind nicht neu. Notorische Bekanntheit erlangten sie als Produkte aus israelischen Siedlungen damit markiert wurden. Dergestalt zu suggerieren, dass man Produkte aus dem jüdischen Land nicht kaufen soll, ist schlimm genug. Noch antisemitischer mutet allerdings der angedrohte Boykott durch Ben & Jerry’s an. Denn er diskriminiert nicht gegen gewisse Produkte, sondern gegen gewisse Menschen. Und das ist nicht mehr allzu weit entfernt vom schaurigen Aufruf: „Verkauft nicht an Juden“.

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