Belgien steht kurz davor, den Austausch von Inhaftierten mit dem Iran zu ermöglichen. Das wird sich auch auf die Sicherheit Europas auswirken.
Im März hat die belgische Regierung im März provisorisch ein Abkommen unterzeichnet, das den Austausch von Gefangenen mit dem Iran ermöglicht. Der Ausschuss für auswärtige Beziehungen des belgischen Parlaments hat das Abkommen diese Woche genehmigt. Nun muss das gesamte Parlament darüber abstimmen. Die Entscheidung wird sich auf die innere Sicherheit Europas und die Sicherheit von Europäern im Ausland auswirken.
Es geht um den in Belgien inhaftierten iranischen Top-Agenten Assadollah Assadi. Assadi war Diplomat in Wien, bei seiner Verhaftung 2018 hatte er ein halbes Kilo Sprengstoff im Auto. Im Vorjahr wurde er in Antwerpen für seine Beteiligung an der Planung eines (vereitelten) Anschlags auf eine Veranstaltung von Exiliranern in Paris zu 20 Jahren Haft verurteilt. Mena-Watch hat darüber mehrmals berichtet, Einzelheiten zu diesem Fall und der jahrzehntelangen Geschichte von Morden an iranischen Oppositionellen im Ausland finden Sie hier.
Das geplante Abkommen würde den Austausch von Assadi gegen Menschen ermöglichen, die vom Regime in iranischen Gefängnissen festgehalten werden. Menschen wie der belgische Entwicklungshelfer Olivier Vandecasteele, der sich seit fünf Monaten in Isolationshaft befindet. In einem Gespräch mit der BBC sagte dessen Freund, dass sich der Gesundheitszustand des Gefangenen zunehmend verschlechtere, er esse nur mehr Kartoffeln, Linsen und Zucker, habe 15 kg abgenommen und leide unter einer Infektion.
Offiziell bringt die belgische Regierung diesen Fall nicht mit dem Gesetz in Verbindung, doch wurde er im Zuge des politischen Widerstands gegen den Plan zur Legalisierung des Gefangenenaustauschs bekannt.
Besonders gefährdet, im Iran verhaftet und unter fadenscheinigen Gründen verurteilt zu werden, sind europäische Bürger mit Doppelstaatsbürgerschaft wie der Brüsseler Universitätsdozent und Notfallmediziner Prof. Ahmadreza Djalali, der 2016 während einer Geschäftsreise verhaftet und im darauffolgenden Jahr wegen angeblicher Spionage zum Tode verurteilt wurde. Immer wieder schien seine Hinrichtung unmittelbar bevorzustehen (Mena-Watch berichtete hier und hier), auch er gilt als Kandidat für einen Austausch. Anfang dieses Jahres wurde die britisch-iranische Staatsbürgerin Nazanin Zaghari-Ratcliffe gegen ein Lösegeld von rd. 400 Millionen Pfund freigelassen (Mena-Watch berichtete).
Das Abkommen würde dem iranischen Regime Tür und Tor öffnen, weitere Terroristen freizupressen und Europäer, die sich im Iran aufhalten, zu lebenden Zahlungsmitteln machen. Ein Signal an andere Diktaturen, es Iran gleichzutun: Wer sich vom Iran erpressen lässt, wird sich auch von anderen erpressen lassen.
Auch wenn das moralische Dilemma augenscheinlich ist, sollten die Zahlung von Lösegeld und die Freilassung von verurteilten Terroristen nicht zu offiziellen Methoden werden, um Menschen aus der Geiselhaft von Diktaturen zu befreien.
Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 6. Juli. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich hier an!