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Katastrophe in Beirut: Die Hisbollah untersucht sich selbst

Demonstrationen auf den Straßen Beiruts können der Hisbollah nichts anhaben. (imago images/Hans Lucas)
Demonstrationen auf den Straßen Beiruts können der Hisbollah nichts anhaben. (imago images/Hans Lucas)

Die Hisbollah kontrolliert die Stellen, die die Ursachen der Explosion von Beirut untersuchen sollen. Das Ergebnis dieser Farce sollte niemanden überraschen.

Jonathan Spyer, The Jerusalem Post

Unter dem Sumpf der verkommenen politischen Kultur des Libanon gibt es eine andere Struktur. Diese Struktur ist im Allgemeinen nicht korrupt. Sie ist nicht ineffizient. Sie weiß worin ihre Stärken bestehen, und sie wird nicht durch Wahlen oder Straßendemonstrationen ersetzt. Diese Struktur ist der tiefe Staat der Hisbollah. Sie ist der eigentliche Machthaber im Libanon, sowohl sichtbar als auch unsichtbar.

Auf offener Ebene behält der von der Partei Allahs kontrollierte parlamentarische Block die Kontrolle über 74 Sitze im 128 Mitglieder zählenden Parlament. Das hat ihm ermöglicht, die Zusammensetzung des jetzt zusammengebrochenen Kabinetts zu diktieren (19 von 30 Ressorts waren mit diesem Block verbunden). Er wird der Hisbollah auch starken Einfluss auf die Entscheidung über die Nachfolgeregierung geben.

Die Hisbollah verfügt nach einer Schätzung der Janes Information Group über eine Streitmacht von 25.000 Vollzeitkämpfern sowie 20.000 bis 30.000 Reservisten. Die offizielle Armee hat 72.000 Angehörige, ist aber von konfessionellen Spaltungen geprägt. Somit verfügt die Hisbollah im Libanon über eine bewaffnete Kapazität, die allen Konkurrenten, einschließlich der Armee des nominellen Staates, überlegen ist.

Aber gerade auf der unsichtbaren Ebene ist die Macht des tiefen Hisbollah-Staates am stärksten ausgeprägt. An der Spitze des mächtigsten Sicherheitsorgans des Landes, der Generaldirektion für Allgemeine Sicherheit (General Directorate for General Security, GDGS), steht General Abbas Ibrahim. Ibrahim ist ein enger Verbündeter der Partei Allahs. Das ist im Libanon kein großes Geheimnis. Ibrahim steht Wafiq Safa nahe, dem Chef des Sicherheitsapparats der Hisbollah, mit dem er regelmäßig in der Öffentlichkeit auftritt. (…)

Hinter Safa steht der Generalsekretär der Islamisten, Hassan Nasrallah. Und hinter ihm das Korps der Iranischen Islamischen Revolutionsgarden und die Islamische Republik Iran. Das ist die Machtstruktur, gegen die es im Libanon kein Einspruchsrecht gibt.

Die GSDG wird als wichtigster Sicherheitsdienst eine herausragende Rolle bei der internen Untersuchung der Explosion im Hafen spielen.

Über Ibrahims Freund und Kamerad Safa schrieb das US-Finanzministerium im Juli 2019 übrigens, er habe „die libanesischen Häfen und Grenzübergänge genutzt, um Schmuggelware über die Grenzen zu schaffen und Reisen im Auftrag der Hisbollah zu erleichtern, wodurch die Sicherheit der libanesischen Bevölkerung untergraben und gleichzeitig der libanesischen Regierung wertvolle Einfuhrzölle und Einnahmen entzogen wurden“. Anders gesagt: Der tiefe Staat der Hisbollah wird sich selbst untersuchen.

Es ist nicht schwer, sich die Ergebnisse der Selbstuntersuchung der Machtstruktur der Hisbollah auszumalen. Das „Rätsel“, wer genau 2.750 Tonnen eines explosiven Materials besaß, das von der Hisbollah bevorzugt verwendet wird, und das in einem Hafen, der bekanntermaßen unter der Sicherheitskontrolle der Hisbollah steht, wird zweifellos als ein weiteres der erstaunlichen Rätsel des Orients in die Geschichte eingehen.

Dennoch ist es wichtig, jede noch verbleibende Unklarheit darüber zu zerstreuen, wer wirklich die Macht im Libanon innehat. Ein begeisterter Befürworter der Hisbollah twitterte diese Woche: „Die libanesische Regierung kann 100 Mal zurücktreten. Aber die Hisbollah wird sich nicht entwaffnen.“ Das fasst die Realität prägnant zusammen. (…)

Die westlichen Regierungen müssen die Tatsache begreifen, dass die Hisbollah und der Iran derzeit den Libanon in der Tasche haben. Dann sollten sie die Auswirkungen dieser Tatsache verstehen. Und sie sollten dann eine Politik entwerfen, um diese einzudämmen oder zu verändern. Alles andere birgt die Gefahr, dass die katastrophale Explosion im Hafen von Beirut zu einem unerwarteten Geschenk für die wahren Herrscher des Libanon wird – die iranischen Revolutionsgarden und deren lokales Franchiseunternehmen, die Hisbollah.

(Aus der Analyse „Following Beirut blast, Hezbollah’s ‘deep state’ prepares to investigate“ von Jonathan Spyer, die in der Jerusalem Post erschienen ist. Übersetzung von Florian Markl.)

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