Die Hamas hielt einen psychisch kranken israelischen Beduinen zehn Jahre lang gefangen. Heute wirkt er, als wäre er kein Mensch mehr.
Der Vater von Hisham al-Sayed, einem israelisch-muslimischen Beduinen, der am Samstag nach fast zehnjähriger Gefangenschaft im Gazastreifen durch die Hamas freigelassen wurde, forderte die arabische Welt am Montag auf, eine klare Haltung gegen die Terrororganisation einzunehmen.
Der 37-jährige al-Sayed wird nach seiner Rückkehr am Samstag im Ichilov-Krankenhaus in Tel Aviv behandelt und soll sich in einem schlechten psychischen Zustand befinden. Laut seiner Familie leidet er an Schizophrenie und ist im Jahr 2015 in einem Moment psychischer Not in den Gazastreifen gegangen.
Sein Vater, Sha‘ban al-Sayed, sprach im Krankenhaus mit der Presse: »Wir möchten, dass die arabische Welt und insbesondere die arabische Gesellschaft in Israel ihre Meinung äußert: Was hält sie davon, dass Menschen an ihren Arbeitsplätzen und Frauen in traditioneller Beduinenkleidung entführt und ermordet wurden?« Beduinen, Araber und andere waren unter den 1.200 Menschen, die bei dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 ermordet wurden, »und die arabische Welt hat sich nicht zu Wort gemeldet«, beklagte al-Sayed.
Bezogen auf die Rückkehr seines Sohnes beschrieb er dessen Zustand: »Wir waren froh, dass wir ihn in die Arme schließen konnten, aber als ich ihn in meinen Armen hielt, sah ich, dass ich etwas in den Armen hielt, das nicht menschlich ist. Es sieht menschlich aus, ist aber nicht menschlich.«
Hisham »kann nicht sprechen, er hat keine Stimme, er erinnert sich an nichts«, sagte er. »Es gibt einem einfach das Gefühl, dass er nicht in Gesellschaft von Menschen gehalten wurde, und wir sind darüber wütend und wollen eine Antwort – warum passiert das mit den Geiseln?« Die Hamas habe »kleinkarierte Politik auf dem Rücken einer geistig behinderten Person« betrieben, fügte er hinzu.
Keine Hilfe, kein Erbarmen
Während der Gefangenschaft seines Sohnes »haben wir uns an Scheichs, Muchtars und Clans im Gazastreifen gewandt, aber sie haben uns weggeschickt«, führte er aus. »Die Hamas hat diesen Menschen nicht erlaubt, zu handeln. Es stimmt, dass [mein Sohn] auf seinen Füßen gehen kann, aber sein Zustand ist sehr schwierig.«
Ebenfalls am Samstag wurde der äthiopische Jude Avera Mengistu freigelassen, der seit seiner Einreise in die palästinensische Enklave im Jahr 2014 in Gefangenschaft gehalten worden war. »Unser geliebter Avra ist zu uns nach Hause zurückgekehrt. Ich kann nicht in Worte fassen, was ich in meinem Herzen fühle«, sagte Mengistus Bruder Ilan am Montag auf der Pressekonferenz im Ichilov-Krankenhaus. »In diesen Momenten sind unsere Herzen erfüllt von tiefer Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer – uns wurde neues Leben geschenkt.«
Averas Rückkehr »markiert den Beginn der Heilung für unsere Familie, den Beginn der Wiederherstellung des Vertrauens zwischen der Gemeinschaft und der Nation«, sagte er. »Seine Rückkehr nach einem Jahrzehnt ist ein Moment der Hoffnung und Freude, ein Lichtblick und Trost inmitten des Schmerzes und Leidens, das wir alle seit dem 7. Oktober ertragen haben.« Der Rehabilitationsprozess seines Bruders werde lang und schwierig sein, aber seine Familie werde ihn auf seinem Weg »zurück ins Leben« unterstützen.
Ilan Mengistu nutzte die Gelegenheit, um Israel aufzufordern, seine Bemühungen zu verdoppeln, um die Rückkehr der verbleibenden Geiseln zu sichern. »Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Situation andauert. Ich bitte Sie – lassen Sie sich nicht von den schönen Bildern der Rückkehrer aus der Gefangenschaft täuschen. Hinter dem Lächeln und der Freude verbergen sich irreversible psychische und physische Narben«, mahnte er.
Absolute Finsternis
Die Familien der befreiten Geiseln Omer Shem Tov, Omer Wenkert, Eliya Cohen und Tal Shoham, die 500 Tage in Gefangenschaft verbracht hatten, beschrieben am Montag einige dieser Narben. Im Gespräch mit der Presse im Rabin Medical Center berichtete Shem Tovs Mutter Shelly, dass Omer 450 Tage lang allein in einem dunklen Tunnel festgehalten worden sei.
Während seiner Gefangenschaft habe er davon geträumt, seinen Kopf auf den Schoß seiner Mutter zu legen und mit seinem Vater auf dessen Motorrad zu fahren, erzählte sie. Wenkerts Mutter Niva sagte, ihr Sohn habe nie eine medizinische Behandlung für seine chronische Kolitis erhalten. »Omer hat die Gefangenschaft besiegt«, sagte sie und fügte hinzu: »Unser Kampf geht weiter, bis die letzte Geisel zu Hause ist.«
Terroristen halten noch immer 63 Geiseln im Gazastreifen fest, von denen 36 vermutlich tot sind. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu bekräftigte am Sonntag das Engagement der Regierung für die Rückkehr aller Geiseln.
(Der Bericht ist auf Englisch vom Jewish News Syndicate veröffentlicht worden. Übersetzung von Florian Markl.)