Von Alex Feuerherdt
In Kürze endet die Amtszeit der UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon. Nun hat er eingeräumt, dass seine Organisation voreingenommen gegenüber Israel ist. Dieses Eingeständnis kommt allerdings nicht nur spät, es wird auch ohne Konsequenzen bleiben.
Das waren ungewohnte Töne, und der israelische UN-Botschafter Danny Danon zeigte sich dann auch zufrieden mit dem Eingeständnis des scheidenden Generalsekretärs. Ban Ki-moon habe „die eindeutige Wahrheit ausgesprochen, dass die Scheinheiligkeit der Vereinten Nationen gegenüber Israel im vergangenen Jahrzehnt alle Rekorde gebrochen hat“, sagte Dannon. In diesem Zeitraum habe die UNO sage und schreibe 223 Resolutionen gegen Israel verabschiedet, während beispielsweise das syrische Regime, das in den vergangenen sechs Jahren seine Bürger massakriert habe, nur in acht Resolutionen verurteilt worden sei. Und das sei „absurd“, so der Botschafter. Er hoffe darauf, dass Bans Nachfolger, der Portugiese António Guterres, daran arbeiten wird, an der Voreingenommenheit der UNO gegenüber dem jüdischen Staat etwas zu ändern.
20 Resolutionen gegen Israel, vier gegen den Rest der Welt
Für Ban Ki-moon sind die Palästinenser also ausschließlich Opfer, die gar nicht anders können, als zum Terror zu greifen, und die für ihre Taten deshalb nicht in die Verantwortung zu nehmen sind. Entsprechend war es auch nicht die Messer-Intifada, die ihn zu seiner Wutrede vor dem Sicherheitsrat veranlasst hatte, sondern der Bau von ein paar Häusern in israelischen Siedlungen im Westjordanland. Das heißt: Der Mord an Juden ist für Ban kein nennenswertes Friedenshindernis, die Erweiterung von Wohngebieten dagegen ein „Affront gegenüber der Weltgemeinschaft“. Den Terror hält er letztlich bloß für die „natürliche Reaktion“ eines „unterdrückten Volkes“ auf die „Besatzung“, was automatisch dazu führt, dass jede israelische Verteidigungsmaßnahme als Ausdruck von Unterdrückung gesehen wird.
Solche Ansichten sind bei den Vereinten Nationen bekanntlich mehrheitsfähig, und deshalb wäre es auch falsch, sich der Illusion hinzugeben, Bans kleines Eingeständnis kurz vor seinem Ausscheiden könnte irgendetwas an dieser Tatsache ändern. Auf ihrer jährlichen Legislativsitzung hat die UN-Generalversammlung am Mittwoch – nur wenige Tage nach der Erklärung des Generalsekretärs – dann auch nicht weniger als 20 Resolutionen verabschiedet, die sich gegen Israel richten. Alle anderen Länder der Welt kommen zusammen auf vier – je eine davon betrifft Syrien, den Iran, Nordkorea und die Krim. Mit anderen Worten: Folgt man der UNO, dann ist der jüdische Staat fünfmal so schlimm wie der Rest der Welt mit seinen unzähligen Autokratien, Despotien und Diktaturen. Die Feststellung, dass das hochgradig grotesk ist, bedarf keiner Begründung; nur am Rande sei deshalb erwähnt, dass zu den gegen Israel gerichteten Resolutionen auch eine von Syrien verfasste gehört, in der der frei erfundene Vorwurf gegen Israel erhoben wird, es unterdrücke auf den Golanhöhen syrische Bürger.
Ein strukturelles, kein personelles Problem
Schon im November 2013 hatte eine Dolmetscherin während einer Sitzung der UN-Generalversammlung – als sie glaubte, ihr Mikrofon sei ausgeschaltet und sie spreche nur zu Kollegen – in die Kopfhörer der Delegierten und zum Publikum, das die Live-Übertragung weltweit im Internet verfolgen konnte, gesagt: „Ich finde, wenn es insgesamt etwa zehn Resolutionen zu Israel und Palästina gibt, da muss es doch, das ist etwas viel, nicht wahr? Ich meine, ich weiß … Anderer wirklich schlimmer Mist passiert, aber niemand sagt etwas über diesen anderen Kram.“ Hillel Neuer, der Geschäftsführer von UN Watch, schrieb damals treffend: „Die Wahrheit kommt ans Licht, wenn wir glauben, dass niemand zuhört.“ Die Dolmetscherin habe um Verzeihung gebeten, doch eigentlich hätte dies die UNO tun sollen, so Neuer – dafür nämlich, „dass sie Israel als Sündenbock benutzt und dass sie den jüdischen Staat als Metakriminellen, dem für alle Übel der Welt die Schuld zu geben ist, dämonisiert und delegitimiert“.
Eine Bitte um Entschuldigung war die Erklärung von Ban Ki-moon an den Sicherheitsrat jedoch nicht, zumal er es nicht beim Eingeständnis der Voreingenommenheit gegen Israel beließ, sondern erneut eine Reihe von Vorwürfen an den jüdischen Staat wiederholte: Siedlungsbau, Besatzung, Unterdrückung. Und wenn Ägypten seinen antiisraelischen Resolutionsentwurf, über den eigentlich auf der jüngsten Sitzung des Sicherheitsrates abgestimmt werden sollte, nicht in letzter Minute zurückgezogen hätte – offenbar maßgeblich auf Druck des künftigen amerikanischen Präsidenten Donald Trump –, dann wäre es in diesem Gremium womöglich zu einer weiteren Verurteilung Israels gekommen. Denn die USA hatten die Möglichkeit in Erwägung gezogen, auf ein Veto zu verzichten.