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Ist es der Autonomiebehörde ernst mit der Terrorbekämpfung?

Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde bei einem Einsatz in Dschenin im nördlichen Westjordanland
Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde bei einem Einsatz in Dschenin im nördlichen Westjordanland (Quelle: JNS)

Obwohl die Palästinensische Autonomiebehörde augenscheinlich hart gegen Terrorgruppen in Teilen des Westjordanlands vorgeht, warnen Experten, sich vom äußeren Schein nicht täuschen zu lassen.

Israel Kasnett

Fast könnte man meinen, die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hätte sich einem Reformprozess unterzogen, indem sie hart gegen jene Terrorgruppen vorgegangen ist, die Israel angreifen wollen, aber Experten warnen davor, sich vom äußeren Anschein täuschen zu lassen.

»Alles, was die Palästinensische Autonomiebehörde derzeit tut, ist Teil des Trump-Effekts. Die PA erinnert sich an jene Schritte, die [der designierte US-Präsident Donald] Trump in seiner vorherigen Amtszeit gegen sie unternommen hat, und möchte zeigen, zu Veränderungen fähig zu sein«, sagte Shaul Bartal vom Begin Sadat Center for Strategic Research an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan. »In der Praxis ist dies eine große Show. Inwieweit es Veränderungen gibt, muss anhand der Aktionen überprüft werden, und im Moment sind solche nicht sichtbar.«

Nicht einmal die Palästinenser selbst glauben an eine Reform: »Die Mehrheit der Bevölkerung im Westjordanland ist mit der PA unzufrieden und es gibt fast keinen palästinensischen Akteur, der an eine echte Veränderung innerhalb der PA glaubt.«

Wettlauf um Nachfolge

Als typisches Beispiel kann der Aufruf zum fortgesetztem Terrorismus des Generalsekretär des Zentralkomitees der Fatah, Jibril Rajoub, Anfang des Monats in einem Interview im offiziellen TV-Sender der Palästinensischen Autonomiebehörde aufgefasst werden. Laut der israelischen NGO Regavim forderte Rajoub die bewaffneten Gruppierungen auf, ihre Bemühungen mit der Fatah zu koordinieren und die Autonomiebehörde nicht zu untergraben. »Vom ersten Moment an brauchen wir ein Treffen der Gruppierungen, um die Konformität der [Autonomie-]Behörde, die Konformität und Legitimität der Waffen und die Legitimität des Widerstands zu bekräftigen«, sagte er.

Rajoub, ehemaliger Leiter der präventiven PA-Sicherheitskräfte und derzeitige Präsident des Palästinensischen Fußballverbands, ermutigte direkt zum Terrorismus, als er hinzufügte: »Der Kampf in den 1967 besetzten Gebieten ist mit allen Mitteln eröffnet …, aber nicht auf Kosten der Palästinensischen Autonomiebehörde.«

Als Reaktion forderte Israels Kultur- und Sportminister Miki Zohar die FIFA auf, Rajoub zu entlassen und verwies auf dessen Unterstützung für das Massaker vom 7. Oktober 2023 und die Anstiftung zum Terrorismus.

Laut dem Analysten Shaul Bartal befindet sich die Autonomiebehörde in einem »Nachfolgekampf« um das Erbe des 89-jährigen PA-Chefs Mahmud Abbas und wies darauf hin, dass Rajoub in den 1990er Jahren »einer der Faktoren war, die Israel am meisten dabei halfen, die Hamas zu unterdrücken«.

In seinem Buch beschreibt Hassan Salama aus Khan Yunis, ein guter Freund des verstorbenen Hamas-Führers Yahya Sinwar, der nach dem Tod von Yahya Ayyash, dem Bombenexperten der Hamas, im Jahr 1996 für die Racheanschläge verantwortlich war, ausführlich, Rajoub hätte ihn an den israelischen Geheimdienst ausgeliefert, weshalb dessen Aussagen nach Ansicht des israelischen Experten »für ein palästinensisches Publikum bestimmt [ist], das sich an seine Rolle als Leiter der Präventiven Sicherheit im Westjordanland in der Zeit der Osloer-Abkommen erinnert«.

Während des aktuellen Kriegs gegen die Hamas im Gazastreifen unterstützt laut Bartal die palästinensische Öffentlichkeit nachdrücklich jegliche terroristische Aktivitäten gegen Israel. Vor diesem Hintergrund scheint Rajoub zu glauben, sich nur dann von seiner derzeitigen Rolle als Sportminister abheben zu können, »wenn er eine hartnäckige Haltung und Unterstützung für den bewaffneten palästinensischen Widerstand hervorhebt«.

Die anderen Kandidaten als Nachfolger von Mahmud Abbas sind der stellvertretende Vorsitzende der Fatah Mahmoud al-Aloul, der ebenfalls harte Positionen gegen Israel vertritt, obwohl er in der Öffentlichkeit weniger bekannt ist, weiters der Leiter des palästinensischen Geheimdienstes Majed Faraj, und einige andere. »Leider kann man in der palästinensischen Gesellschaft durch extremistische Äußerungen und die Unterstützung von Terroranschlägen Anerkennung und einen Status erlangen«, beobachtet Bartal.

Kontrollverlust

Aber es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb die Autonomiebehörde offenbar gegen bewaffnete Gruppen in den von ihr kontrollierten Gebieten vorgeht, da sie im nördlichen Westjordanland und insbesondere im Gebiet von Dschenin »allmählich die Kontrolle verliert. Sie möchte Israel und insbesondere Trump zeigen, dass sie in der Lage ist, die Regierungsordnung durchzusetzen und mit militanten Kräften fertig zu werden. Ist die seit über einem Monat andauernde Operation [der PA gegen die Hamas und den Islamischen Dschihad] erfolgreich, wird sie erstens ihre Relevanz im Westjordanland beweisen, auch in den Augen Israels, und zweitens ihre Fähigkeit, im Gazastreifen künftig für Ordnung zu sorgen und sich dort vielleicht mit militanten Hamas-Kämpfern auseinanderzusetzen«, meint der Strategiefachmann.

Outlaws vs. legitimer Widerstand

Nach Khaled Abu Toameh, preisgekrönter Journalist für arabische und palästinensische Angelegenheiten, Senior Distinguished Fellow am Gatestone Institute und Fellow am Jerusalem Center for Public Affairs, sei die PA mehr um ihre Ehre besorgt als um den tatsächlichen Kampf gegen Terrorgruppen: »Es ist keine strategische Entscheidung von Abbas oder der palästinensischen Führung, alle vom Iran unterstützten Bataillone aufzulösen. Wir haben solche Zusammenstöße in der Vergangenheit schon erlebt«, diesmal nur in größerem Umfang, da die bewaffneten Gruppen »die PA noch nie zuvor auf diese Weise herausgefordert haben«.

Toameh warnte davor, die Handlungen und Gründe der Palästinensischen Autonomiebehörde falsch zu interpretieren. Erstens »könnte sie es so darstellen, als würde sie den Terrorismus bekämpfen«, aber selbst, wäre dem so, bliebe zu fragen, wo sie denn all die Jahre zuvor war. Zweitens stellt sich der Journalist die Frage, »warum die Palästinensische Autonomiebehörde nicht offen auf Arabisch sagt: ›Keine Bataillone mehr, keine bewaffneten Gruppen mehr und keinen Widerstand mehr‹?«

Stattdessen höre er palästinensische Beamte sagen, dass einige bewaffnete Männer zwar »Gesetzlose« seien, aber »wir nicht gegen die Waffen des Widerstands« sind. Laut Abu Toameh stellt die PA diese als Gesetzlose Bezeichneten als Gegensatz zu den bewaffneten Gruppen dar, die sich am echten Widerstand gegen Israel beteiligen. Für die Palästinensische Autonomiebehörde seien die »Waffen des Widerstands« ehrenwert, denn »sie stellen sich nicht gegen die Idee des Widerstands gegen Israel«. Außerdem wisse man, »dass es keine strategische Entscheidung gibt, diese Gruppen aufzulösen, weil wir Ähnliches [wie in Dschenin] an anderen Orten wie Tulkarem und Nablus nicht sehen«.

Da die Amtseinführung von Donald Trump als nächster US-Präsident nur noch wenige Tage entfernt ist, sei der Zeitpunkt für die Palästinensische Autonomiebehörde laut Abu Toameh nahezu perfekt. »Die PA verbreitet ihre Nachrichten in zwei unterschiedlichen Varianten: Auf Englisch sagen sie das, was der Westen hören möchte«, worauf ausländische Diplomaten leider immer wieder hereinfielen. »Auf Arabisch aber sagt sie: ›Wir sind nicht gegen den Widerstand. Wir verstehen, dass die Waffen des Widerstands ehrenwerte Waffen sind.‹«

In diesem Zusammenhang wendet die Autonomiebehörde den Begriff »sharif« an, »den arabischen Begriff für ›ehrenwert‹. Wir haben das in der Vergangenheit gesehen, als die Palästinenser eine Show abgezogen haben. Sie sind sehr gut in der Manipulation«, so derJournalist abschließend.

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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