Ausweisung aus Kuwait: Hunderttausende palästinensische Flüchtlinge, über die niemand spricht

No Jews, no news – diese Redewendung bringt den Umstand auf den Punkt, dass Palästinenser für westliche Medien in aller Regel nur dann von Interesse sind, wenn Israel als für deren missliche Lage verantwortlich dargestellt werden kann. Ist dies nicht der Fall, haben die entsprechenden Geschichten keinen Nachrichtenwert.

Deshalb ist aus hiesigen Medien genauso wenig über Menschenrechtsverletzungen durch die Palästinensische Autonomiebehörde in Erfahrung zu bringen, wie etwa über die  Lage im palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk in Syrien, dessen Bewohner jahrelang von Assads Truppen systematisch von der Außenwelt abgeschnitten, ausgehungert und massakriert wurden. Dass dies keineswegs ein Phänomen der Gegenwart ist, zeigt Ulrich Schmid, der sich in einem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung einem ‚vergessenen Exodus‘ widmet: der Ausweisung der Palästinenser aus dem Emirat Kuwait im Jahre 1991.


Treu an der Seite Saddam Husseins: Jassir Arafat

Die Flucht von etwa 750.000 Arabern aus dem späteren Staatsgebiet Israels vor und während des Unabhängigkeitskrieges von 1948/49 ist vielen Menschen bekannt, eine eigene UN-Organisation existiert, die sich einzig und allein um diese Flüchtlinge und ihre Nachkommen kümmert. Nur wenigen sind dagegen die Ereignisse ein Begriff, die nach dem sogenannten Zweiten Golfkrieg 1991 dazu führten, dass der Großteil der dort lebenden Palästinenser aus dem eben befreiten Kuwait vertrieben wurde.

Nachdem die PLO unter Jassir Arafat die irakische Invasion Kuwaits ausdrücklich begrüßt und unterstützt hatte, ließ das Golfemirat nach der Niederlage Saddam Husseins 400.000 Palästinenser ausweisen – immerhin rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung. Nur rund 7.000 konnten in Kuwait verbleiben. Der Ausnahmezustand wurde verhängt, es wurde Jagd auf – wirkliche und vermeintliche – Kollaborateure mit den Irakern gemacht: „Hunderte wurden verhaftet und gefoltert, es kam zu einigen üblen Schauprozessen. Zusammen mit den Palästinensern zu leiden hatten Iraker, Jordanier, Sudanesen, Jemeniten, Somalier und die staatenlosen Bidun, Araber ohne Bürgerrechte“, wie Ulrich Schmid in seinem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung ausführt, um dann zu resümieren:

„Über die Vertreibung der Palästinenser aus Kuwait spricht niemand, und kaum jemand will darüber sprechen. Völkerrecht wurde verletzt, aufs Gröbste. Doch weder der Uno-Sicherheitsrat noch die Generalversammlung haben je eine Resolution zum Thema verabschiedet. … Im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit spielt die Vertreibung keine Rolle, die Stille in der arabischen Welt ist geradezu dröhnend. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, so scheint es, werden dann registriert, wenn sie Israel angelastet werden können. Werden sie von Arabern begangen, ignoriert man sie. …

Anzumerken bleibt, dass die Uno im März 1991 doch eine Resolution verabschiedete, die die Deportation von Palästinensern verurteilte. Sie betraf allerdings nicht Kuwait, sondern Israel, das es gewagt hatte, vier palästinensische Terroristen zu deportieren. Was tat Kuwait angesichts dieses empörenden Verbrechens? Das Land, das eben so frei war, 400.000 Palästinenser zu verjagen, schickte eine Delegation ins Krisengebiet und bekundete, wie es stolz verkündete, als erstes arabisches Land seine Solidarität mit den Deportierten.“

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