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„Auch wenn jeder Frieden möchte, hat Frieden mit Israel eine andere Bedeutung“

Der israelische und der emiratische Außenminister trafen kürzlich in Berlin aufeinander
Der israelische und der emiratische Außenminister trafen kürzlich in Berlin aufeinander (© Imago Images / photothek)

Wie arabische Journalisten öffentlich bedroht werden, wenn es um Frieden mit Israel geht.

Am 21. September organisierte der Arabische Rat für regionale Integration ein Online-Meeting zwischen Vertretern der arabischen Länder und Israel. Veranstaltet wurde das Gespräch aufgrund der kürzlich geschlossenen Normalisierungsverträge von Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Israel und beschäftigte sich vor allem mit der Frage, wie der Friede zwischen den Ländern medial beworben werden kann. Neben den VAE und Bahrain nahmen mit Saudi-Arabien, Algerien und dem Sudan auch Länder an dem Treffen teil, in denen ist die Interaktion mit Israelis immer noch strafbar ist.

Nach dem Treffen wurden einige der Teilnehmer attackiert, beschimpft und bedroht, Mohamed al Hammadi, der Herausgeber der Zeitschrift Alroeya berichtete, die ihren Sitz in den VAE hat. Auch wenn auf Regierungsebene ein Friedensabkommen zwischen Israel und den VAE geschlossen wurde, ist dieser Frieden auf der gesellschaftlichen Ebene also noch nicht erreicht. Al Hammadi berichtete, dass Vertreter des Friedensschlusses in den VAE immer noch als ‚Normalisierer‘ stigmatisiert werden: „Wie ihr alle wisst, hat das Wort ‚Normalisierer‘ eine sehr, sehr negative Konnotation in unserer Region“, so al Hammadi.

Palästinenser gegen Frieden

Vertretern der VAE und Bahrains wird von der Türkei, dem Iran und vor allem von den Palästinensern vorgeworfen, Frieden mit dem ‚israelischen Feind‘ zu schließen. So wurde etwa die Präsidentin der Journalisten Assoziation von Bahrain Ahdeya Ahmed Al-Sayed verbal angegriffen. Das Konsortium für palästinensische Journalisten fragte sie nach dem Treffen, wie sie sich fühlen würde, wenn sie ihre eigenen Kinder verlieren würde und bezeichnete sie als „Feindin der Menschheit“.

Al-Sayed deutete dies als Drohung an sie und ihr Familie, wie sie in einem Zoom Gespräch berichtete, das vom Washington Institute organisiert wurde und sich mit den Risiken beschäftigte, die arabischer Journalisten eingehen, die öffentlich für den Frieden eintreten. Sie merkte an, dass eine derartige Drohung ein krimineller Akt sei, und dass sie nicht verstehe, wieso ihre Familie involviert werden sollte: „Ich fühle mich davon bedroht. Es ist als würde man eine Zielscheibe an unseren Köpfen befestigen, weil wir frei unsere Meinung zum Friedensabkommen geäußert haben.“

In dem Zoom Treffen berichtete sie auch, dass eine schwarze Liste veröffentlicht wurde, die ihren Namen und Bilder von ihr beinhaltete. Auch in Medien der Terrororganisation Hamas wurde sie als ‚Normalisiererin‘ verurteilt. „Wenn dein Name in Medien erscheint, die von der Hamas geleitet werden, ist das eine direkte Drohung“, so Al-Sayed.

Auf gesellschaftlicher Ebene

Sukina Meshekhis, eine saudische Rundfunksprecherin schrieb 2018 in einer Kolumne für die saudische Tageszeitung Al-Yawm über einen potentiellen Frieden zwischen Saudi-Arabien und Israel: „Israel ist ein Staat im Nahen Osten – wir haben es mit Krieg versucht, wieso versuchen wir es jetzt nicht mit Frieden“. Die Reaktion war sowohl in arabischen als auch in israelischen Medien und sozialen Medien positiv. Dennoch wurde ihr nach der Veröffentlichung von einer Arbeitskollegin damit gedroht, dass sie ihren Job verliere, sollte sie noch einmal etwas dergleichen schreiben.

In einem Interview meinte Meshekhis kürzlich, dass Frieden auf staatlicher Ebene nicht ausreiche, sondern auch ein Frieden auf gesellschaftlicher Ebene angestrebt und Vorurteile sowie Stigmatisierungen beseitigt werden müssten. Sie ist sich sicher, dass Viele in der arabischen Gesellschaft den Frieden mit Israel befürworten würden, jedoch aus Angst vor Arbeitsplatzverlust, Isolierung und gesellschaftlicher Stigmatisierung Stillschweigen darüber bewahren. Denn immer noch kann in arabischen Ländern die Interaktion mit Israel oder der bloße Vorwurf der ‚Normalisierung‘ zu Inhaftierung und im schlimmsten Fall zur Todesstrafe führen.

Ermutigung durch Journalisten

Ahdeya Ahmed Al-Sayed träumt von einer israelisch-bahrainischen Freundschaftsgemeinschaft der Journalisten, die möglich sei, weil viele Journalisten in Bahrain dem Friedensabkommen positiv gegenüber eingestellt sind. Auch wenn durch COVID-19 das Gründen einer solcher Gemeinschaft erschwert wurde, hält Al-Sayed es für den richtigen Moment, israelische und bahrainische Journalisten miteinander zu vernetzen und so den Frieden auch auf gesellschaftlicher Ebene medial zu bewerben und Stigmatisierungen entgegenzuwirken, denn: „Wahrer Frieden muss auch auf ziviler Ebene stattfinden und nicht nur auf Regierungsebene“.

Trotz Drohungen durch die Terrororganisation Hamas und gesellschaftlicher Attacken setzen sich arabische Journalisten also für den Frieden mit Israel ein und versuchen, die arabische Bevölkerung zu ermutigen mit ihnen diesen auch auf gesellschaftlicher Ebene zu verwirklichen.

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