Der Libanon hat mit der schlimmsten Wirtschaftskrise seit hundertfünfzig Jahren zu kämpfen. Um Arbeitslosigkeit und Armut zu entkommen, wenden sich viele junge Männer der Terrorgruppe zu.
Die wirtschaftliche Lage des Libanons hat sich seit 2019 verschlechtert, die Inflation ist in die Höhe geschnellt und die Landeswährung hat über neunzig Prozent ihres Werts verloren. Der anhaltende Konflikt der Hisbollah mit Israel hat die fragile Wirtschaft weiter belastet und sich auf den Tourismus und ausländische Investitionen ausgewirkt, die für eine mögliche Erholung entscheidend wären. Die permanenten Angriffe der Hisbollah auf den jüdischen Staat und dessen Reaktionen haben insbesondere im Südlibanon zu erheblichen Fluchtbewegungen und Zerstörungen geführt, welche die Landwirtschaft und andere lokale Wirtschaftszweige beeinträchtigen.
Seit der massiven Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 hat sich die ökonomische Lage rapide verschlechtert. Selbst die Soldaten der regulären Armee kämpfen inzwischen um erhebliche Gehaltserhöhungen, um ihre Familien unterstützen zu können. Kürzlich fand ein dreitägiger Streik von Rentnern aus Militär und Regierung statt, die ihren Unmut über eine Kürzung ihrer Bezüge von eintausendzweihundert auf nur noch hundertfünfzig Dollar innerhalb von drei Jahren zum Ausdruck brachten.
Gleichzeitig ist der Einfluss der Hisbollah im Libanon stärker geworden. Die Organisation konnte ihre Macht durch den Drogenhandel in südamerikanischen Ländern, iranische Militär- und Finanzhilfen und die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen stärken. Tausende junger Menschen versuchen nun, sich der Hisbollah anzuschließen, um ihre Familien zu ernähren, denn die Gruppe ist dafür bekannt, relativ hohe Gehälter auszuzahlen.
Größte nichtstaatliche Militärorganisation der Welt
Viele Bürger beklagen sich, dass die finanzielle Hilfe aus den USA und den europäischen Ländern nicht bei den Menschen ankommt, sondern in den Regierungsbüros versickert. Angesichts der Armut sehen sich große Teile der Bevölkerung gezwungen, ihre privaten Habseligkeiten oder auch selbstgemachtes Essen auf den Straßen der Großstädte zu verkaufen.
Experten sind sich einig, dass diese Wirtschaftskrise die schwerwiegendste der letzten hundertfünfzig Jahre ist. Anis Diab von der Wirtschaftsfakultät der Universität Beirut erklärt: »Wenn der Präsident nur vorübergehend an der Macht [weil sich die verschiedenen Fraktionen auf keinen Kandidaten einigen können]und außerdem Milliardär ist, der den undankbaren Job eigentlich nicht braucht, und wenn es keine echten wirtschaftlichen Lösungen gibt, dann passiert so etwas. Wir müssen die Machthaber aufrütteln und Reformen durchführen.«
Nach Angaben einer Gruppe von Wirtschaftsexperten in Beirut hat der Libanon durch den Konflikt mit Israel Verluste in der Höhe von 1,3 Milliarden Dollar erlitten. Mindestens 100.000 Einwohner sind aus den Dörfern im Süden des Landes geflohen, die Industrie ist lahmgelegt und viele Menschen sind ohne Arbeit. Statistiken zeigen, dass jeder dritte Libanese unterhalb der Armutsgrenze lebt und mit 2,15 Dollar pro Tag auskommen muss.
Die die über ein eigenes Budget verfügende Hisbollah gilt heute als die größte nichtstaatliche militärische Organisation der Welt. Sie verfügt über 100.000 Kämpfer, zweitausend Drohnen und Zehntausende von Raketen und Mörsern, womit sie viel stärker und besser bewaffnet ist als die reguläre libanesische Armee.