So sehr es zu begrüßen ist, dass in den Vereinigten Arabischen Emiraten und damit erstmals in der arabischen Welt in den Schulen der Holocaust als Unterrichtsstoff aufgenommen wird, birgt dieser Ansatz einige Fallstricke.
Lyn Julius
Gute Nachrichten aus der Golfregion: Die Vereinigten Arabischen Emirate werden in ihren Schulen über den Holocaust unterrichten. Es ist nur recht und billig, dass die Golfstaaten im Rahmen des laufenden Normalisierungsprozesses mit Israel dafür sorgen, dass ihre Schulkinder mit der größten Katastrophe, die das jüdische Volk je erlebt hat, vertraut gemacht werden.
Doch wenn der Holocaust-Unterricht dazu dienen soll, in der arabischen Welt Sympathien für Israel zu wecken oder gar die Legitimität des jüdischen Staates in den Augen der Araber zu stärken, birgt dieser Ansatz einige Fallstricke.
Einer davon ist, dass einige Unterstützer der Palästinenser den Holocaust missbrauchen, um einen falschen Vergleich mit der palästinensischen Nakba zu ziehen: Die Flucht von etwa 700.000 Arabern aus dem späteren Israel war nicht auf einen systematischen Massenmord zurückzuführen, sondern auf den arabisch-israelischen Krieg von 1948. Ein passenderer Vergleich wäre der zwischen der arabischen Nakba und der jüdischen Nakba: der Vertreibung von fast einer Million Juden aus den arabischen Ländern, von denen die meisten im Rahmen eines De-facto-Bevölkerungsaustauschs der Flüchtlinge in Israel landeten.
Die zweite Gefahr besteht darin, dass die Lehre über den Holocaust dazu neigt, den Antisemitismus als ein rein europäisches Phänomen darzustellen. Dadurch wird der Fokus vom arabischen und muslimischen Antisemitismus weggelenkt und der Mythos aufrechterhalten, Juden und Araber hätten vor der Gründung Israels immer in Frieden und Harmonie gelebt. Wie Matti Friedman es ausdrückte, sind die meisten Juden wegen der Araber in Israel, nicht wegen der Nationalsozialisten. Sie kamen als Flüchtlinge vor Unruhen, den im Stil von Nürnberg diskriminierenden Gesetzen der Arabischen Liga, willkürlichen Verhaftungen, Menschenrechtsverletzungen und Enteignungen.
Die dritte Gefahr besteht darin, dass die Araber irreführenderweise als »unschuldige Zuschauer« des Holocausts dargestellt werden könnten, die mit der Gründung Israels »den Preis« für ein europäisches Problem bezahlt hätten.
Arabische Kollaboration
Die Wahrheit ist, dass eine beträchtliche Anzahl von Arabern mit den Nationalsozialisten sympathisierte, und sei es nur aus dem pragmatischen Grund, dass diese dem britischen und französischen Kolonialismus feindlich gegenüberstanden. In der arabischen Welt gab es zahlreiche paramilitärische Jugendgruppen nach nationalsozialistischem Vorbild, und arabische nationalistische Parteien, die vom Nationalsozialismus inspiriert waren, existieren noch heute.
Die vierte Gefahr besteht darin, dass die aktive arabische Kollaboration mit den Nationalsozialisten und die besondere Rolle des palästinensischen Muftis von Jerusalem, Haj Amin Al-Husseini, des sogenannten »Führers« der arabischen Welt, im Unterricht über den Holocaust ignoriert werden könnte. Der Mufti half 1941 bei der Inszenierung eines pro-nazistischen Staatsstreichs im Irak und stiftete das als Farhud bekannte antijüdische Massaker an, wobei er keinen Hehl aus seinem Wunsch machte, die Juden in seinem Einflussbereich zu vernichten. Als Hitlers Gast in Berlin stellte er SS-Einheiten aus muslimischen Truppen auf und verbreitete giftige antijüdische Propaganda. Aus realpolitischen Gründen wurde er in Nürnberg nie wegen Kriegsverbrechen angeklagt.
Es ist notwendig, die Verbindung zwischen den Nationalsozialisten, ihren arabischen Sympathisanten und dem israelisch-palästinensischen Konflikt zu verstehen, die allzu oft ausgeblendet wird. Der Mufti war, so der Wissenschaftler Matthias Küntzel, der Dreh- und Angelpunkt im großen Krieg der Nationalsozialisten gegen die Juden genauso wie im kleinen Krieg der Araber gegen Israel. Im Krieg von 1948 kämpften Nationalsozialisten an der Seite der Araber gegen Israel und wurden in Ägypten Militärberater von Gamal Abdel Nasser. In den 1950er Jahren wurde der islamisierte Antisemitismus, der von europäischen Vorstellungen von jüdischer Verschwörung und Kontrolle beeinflusst war, in der Ideologie der Muslimbruderschaft verankert.
Die arabischen Regierungen sind sich nicht mehr einig in ihrem Wunsch, Israel zu vernichten, aber es gibt immer noch einige, die das Werk Hitlers vollenden wollen. Würde das Lehren des Holocaust von oben herab dazu beitragen, die Ablehnung Israels an der Basis zu schwächen? Oder trägt es dazu bei, diese Ablehnung sogar noch zu verstärken, sodass es besser sein könnte, dieses Thema zu ugehen?
Lyn Julius ist Autorin des 2018 erschienenen Buchs Uprooted: How 3,000 Years of Jewish Civilization in the Arab World Vanished Overnight. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)