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Antisemitismus aus dem Lehrbuch (Teil 2)

Ausgabe der Lehrbücher an palästinensische Schülerinnen
Ausgabe der Lehrbücher an palästinensische Schülerinnen (© Imago Images / ZUMA Wire)

Wie in Teil 1 dargelegt, zeigen detaillierte Untersuchungen palästinensischer Schulbücher wie palästinensische Kinder zum Hass auf Juden und Israel erzogen werden. Die Palästinensische Autonomiebehörde weigert sich jedoch, das Unterrichtsmaterial entscheidend zu verändern. Nennenswerte Konsequenzen zieht die EU trotzdem nicht.

In den untersuchten Büchern wird Terror vielfach als legitimer »Widerstand« verherrlicht, Juden werden dehumanisiert, Israelis als brutale Aggressoren und als Feinde des Islams dämonisiert. Dennoch erklärt das Georg-Eckert-Institut in seiner im Juni 2021 veröffentlichten Studie, die Schulbücher folgten den UNESCO-Standards.

Bei der Lektüre der Studie bekommt man jedochden Eindruck, dass das Institut, um diese Conclusio aufrecht erhalten zu können, bisweilen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung in den Materialien herunterspielt oder Fortschritte konstatiert, die bei Lichte betrachtet keine sind.

Eine Mörderin und Terroristin als Vorbild für palästinensische Mädchen?

So wird beispielsweise im Arabisch-Unterricht der Klassenstufe fünf die Terroristin Dalal Mughrabi glorifiziert. Sie war 1978 für das »Küstenstraßen-Massaker« in der Nähe von Tel Aviv verantwortlich, bei dem im Zuge einer terroristischen Entführung und Geiselnahme 38 israelische Zivilisten getötet wurden, darunter 13 Kinder.

In einem Arabisch-Schulbuch wird Mughrabi als »Märtyrerin« verehrt und als Vorbild für palästinensische Mädchen gepriesen. Sie habe »Heldentum« bewiesen und sei in den Herzen und Köpfen des palästinensischen Volkes »unsterblich«. Durch ihre »heroische Tat« habe Mughrabi »das Land Palästinas mit ihrem reinen Blut gewässert«. Die Schüler werden im Buch gefragt: »Wie viele Helden waren in der Gruppe von Mughrabi? Wie alt war Mughrabi, als sie als Märtyrerin starb?«

Als positive Entwicklung betrachtet es das Georg-Eckert-Institut in seiner Untersuchung gleichwohl, dass in der neuesten Auflage des Lehrbuchs das zu Eloge gehörende Foto der Terroristin ausgetauscht wurde. Nun ist Dalal Mughrabi nicht mehr in Uniform zu sehen, sondern in ziviler Kleidung. Dadurch werde, so die Autoren der Studie, »die Militanz in der Darstellung abgeschwächt«.

Der Text ist allerdings unverändert geblieben, sodass es sich hier lediglich um eine kosmetische Korrektur handelt; Mughrabi erfährt nach wie vor eine Heldinnenverehrung. Manches haben die Forscher des GEI auch übersehen oder ignoriert, so etwa eine Stelle in einem Geschichtsbuch für Schüler der elften Klasse, in dem das Attentat während der Olympischen Spiele in München 1972 als Angriff auf »zionistische Interessen im Ausland« verherrlicht wird.

Man weiß um diese Auslassung, weil IMPACT-se in seiner jüngsten Analyse palästinensischer Schulbücher der Jahrgangsstufen 1 bis 12 für das Schuljahr 2020/21 auf diese Darstellung des terroristischen Angriffs auf die israelischen Sportler eingeht (Seite 20).

Dem Tagesspiegel sagte Marcus Sheff, der Leiter des israelischen Instituts, die deutschen Forscher des GEI hätten in einigen der untersuchten Bücher Aufhetzung und Antisemitismus ignoriert. Sie seien um eine »Balance« bemüht und hätten daher nach Entschuldigungen für hasserfülltes Material gesucht. Besonders merkwürdig sei es, dass das GEI in der Untersuchung etliche offensichtliche Verstöße gegen die UNESCO-Richtlinien aufzähle, aber dennoch zum Fazit gelange, die Bücher hielten sich an genau diese Vorgaben.

Terror wird glorifiziert, Israelis werden dehumanisiert

Sie tun es nicht, und es ist schmerzhaft, sich mit den Auszügen aus dem palästinensischen Lehrmaterial zu beschäftigen, die IMPACT-se und das GEI ausführlich dokumentiert haben.

In Mathematik beispielsweise sollen Viertklässler die Grundrechenarten üben, indem sie Selbstmordattentäter addieren. In einem Sozialkundebuch für Schüler der siebten Jahrgangsstufe wird behauptet, Jerusalem sei eine rein islamische Stadt ohne jegliche jüdische Geschichte; »die Zionisten« hätten die Stadt okkupiert und »judaisiert«.

In einem Lehrbuch für den Islamunterricht in der neunten Klasse wird ausführlich die Schlacht des Propheten Mohammed in Khaybar gegen einen jüdischen Stamm beschrieben. Fünftklässler sollen im selben Fach »die Rolle der palästinensischen Frauen im Jihad« sowie »ihre Opferbereitschaft und Standhaftigkeit angesichts der jüdisch-zionistischen Besatzung« diskutieren.

Von Palästinensern verübte Gewalt bis hin zum Terror firmiert in den Schulbüchern in allen Fächern grundsätzlich als legitimer »Widerstand«, während Handlungen Israels prinzipiell als unrechtmäßig, kriminell und kriegerisch dargestellt werden. Israelis erscheinen als gewalttätiges Kollektiv von Siedlern und Soldaten, nur selten kommen sie als Individuen vor. Auf Landkarten existiert der jüdische Staat nicht, es gibt nur ein Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer.

Auf diese Weise werden palästinensische Schüler indoktriniert, mit dem Unterrichtsmaterial der Autonomiebehörde, das auch in den rund 350 Schulen verwendet wird, die das äußerst umstrittene und vielfach kritisierte Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Gazastreifen und im Westjordanland betreibt.

Ende September 2021 beschloss der Haushaltsausschuss der Europäischen Union deshalb, Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde und die UNRWA in Höhe von rund 20 Millionen Euro vorerst zurückzuhalten. Einen entsprechenden Antrag hatten unter anderem die deutschen Europaparlamentarier Niclas Herbst (CDU) und Moritz Körner (FDP) initiiert. Herbst erklärte damals:

»Viele palästinische Schulbücher verstoßen weiterhin gegen die UNESCO-Standards für Frieden, Toleranz und Gewaltlosigkeit in der Bildung. Sie verbreiten Hass gegen Israel und Antisemitismus.«

Sollten die Lehrbücher nicht überarbeitet werden, könnten die zurückgehaltenen Mittel stattdessen an Organisationen fließen, die sich nachweislich an die UNESCO-Standards hielten, so Herbst weiter. Es dürfe kein Hass gegen Israel gelehrt werden, sagte er. »Die palästinischen Kinder haben ein Recht auf eine Erziehung und Schulbildung ohne Hass.«

Keine Konsequenzen aus der Schulbuchstudie?

Drei Wochen später kippte das Europäische Parlament diesen Beschluss jedoch mit 345 zu 291 Stimmen. Stattdessen nahm es eine Entschließung an, in der sogar eine Aufstockung der Mittel für die UNRWA befürwortet wird, schließlich sei diese ein »einzigartiger Erbringer lebenswichtiger Dienstleistungen für Millionen von Palästina-Flüchtlingen«.

In der Resolution wird die »Bedeutung der Bildung von Kindern für Toleranz, Frieden und gegenseitigen Respekt« hervorgehoben und die EU-Kommission aufgefordert,

»weiterhin mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und der UNRWA zusammenzuarbeiten, um eine qualitativ hochwertige Bildung für palästinensische Kinder zu fördern und die vollständige Einhaltung der UNESCO-Standards zu gewährleisten«.

In der Abstimmung wiesen Sozialdemokraten, Grüne und Linke mit großer Mehrheit den Beschluss des Haushaltsausschusses zurück. Auch die liberale Renew-Europe-Fraktion, deren Mitglied Moritz Körner ist, votierte überwiegend mit Nein. Beobachter berichteten, es habe zuvor starken Druck auf die Abgeordneten gegeben, auch von Seiten der UNRWA.

Das heißt also: Das Europäische Parlament, das noch im Mai des vergangenen Jahres deutliche Kritik an der Autonomiebehörde und deren Lehrmaterialien geäußert hatte, lehnte es nicht einmal ein halbes Jahr später ab, Konsequenzen aus einer EU-Studie zu ziehen, die deutlich gemacht hatte, wie berechtigt diese Kritik war und ist.

Und so wird sich ein weiteres Mal nichts Wesentliches an den palästinensischen Schulbüchern ändern, nachdem bereits im Frühjahr 2017 ein Reformversuch gescheitert war. Damals hatte die UNRWA einem Bericht der deutschen Tageszeitung Die Welt zufolge geplant, das Unterrichtsmaterial zu überarbeiten: »Radikale Äußerungen sollen entfernt, die Gleichberechtigung der Geschlechter betont werden.«

Die Hetze gegen Israel sollte zumindest abgemildert werden, und in einem Arabisch-Lehrbuch für Viertklässler beispielsweise sollte der Satz »Jerusalem ist die Hauptstadt des palästinensischen Staates« durch »Jerusalem ist den drei abrahamitischen Religionen heilig« ersetzt werden. Doch das palästinensische Bildungsministerium stemmte sich vehement gegen dieses Vorhaben, und Eltern demonstrierten gegen »den Versuch, unsere nationale Identität auszulöschen«.

Schockierendes von UNRWA und Autonomiebehörde

Das Bildungsministerium drohte sogar, jeden zu bestrafen, der versuche, den Lehrplan zu »verändern oder zu sabotieren, weil dies als Aggression gegen Palästina und die nationale Identität gewertet wird«.

Auch in den Reihen der UNRWA selbst regte sich Protest. Die stellvertretende Direktorin der Gewerkschaft der UNRWA-Mitarbeiter etwa erklärte die Teilnahme von Lehrern an einem Workshop zu den vorgesehenen Veränderungen für verboten: »Wir werden dieses Komplott gegen unser Volk nicht zulassen!« Die Reform schade »unseren Prinzipien« und verfälsche »unsere Geschichte, Geografie und Überzeugungen«.

Ein anderer UNRWA-Mitarbeiter der Organisation sagte, das Problem mit den geplanten Überarbeitungen sei, dass sie

»eine Kultur der Normalisierung und friedlichen Koexistenz als Lösung für das Problem darstellen und den palästinensischen Schüler vom (bewaffneten) Widerstand distanzieren«.

Solche Äußerungen schockieren, vor allem, wenn sie von einem Mitarbeiter einer UN-Einrichtung kommen. Wenn eine friedliche Koexistenz und eine Normalisierung der Beziehungen abgelehnt werden und stattdessen der bewaffnete »Widerstand« bis hin zum Terror verherrlicht wird, dann werden Kinder zu Hass und Gewalt erzogen.

Die Hamas veranstaltet jeden Sommer sogar militärische Trainingslager, an denen Tausende von minderjährigen Palästinensern teilnehmen. Dort wird ihnen, wie der palästinensische Journalist Khaled Abu Toameh berichtet hat,

»beigebracht, dass Selbstmordbomber der Hamas und Terroristen, die für den Tod Hunderter Israelis in den vergangenen Jahrzehnten verantwortlich sind, Vorbilder seien, denen es nachzueifern gelte«.

Außerdem wird ihnen gezeigt, wie man einen israelischen Militärstützpunkt angreift und israelische Soldaten tötet oder gefangen nimmt.

Es ist schwer verständlich, dass sich die Europäische Union nicht dazu entschließen konnte, der von ihr selbst beauftragten Studie auch Konsequenzen folgen zu lassen. Offenbar hat man sich durch das zweifelhafte Resümee des Georg-Eckert-Instituts, die untersuchten Schulbücher entsprächen dem UNESCO-Standard, beschwichtigen lassen, obwohl sich aus der Untersuchung dringender Handlungsbedarf ergibt.

Das GEI selbst schreibt, es sei zentral, dass aus den Unterrichtsmaterialien »alle antisemitischen Narrative und Gewaltverherrlichung entfernt werden«. Diesbezüglich solle die EU den Dialog mit der Palästinensischen Autonomiebehörde fortsetzen. Doch das ergibt nur dann einen Sinn, wenn klar ist, dass ein Festhalten an den betreffenden Inhalten Folgen hat – auch finanzielle.

Teil 1 des Textes erläutert, wie detaillierte Untersuchungen palästinensischer Schulbücher im Auftrag der EU sowie durch ein israelisches Institut zeigen, dass palästinensische Kinder zum Hass auf Juden und Israel erzogen werden.

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