Detaillierte Untersuchungen palästinensischer Schulbücher im Auftrag der EU sowie durch ein israelisches Institut zeigen, wie palästinensische Kinder zum Hass auf Juden und Israel erzogen werden. Terror wird vielfach als legitimer »Widerstand« verherrlicht, Juden werden dehumanisiert, Israelis als brutale Aggressoren und als Feinde des Islams dämonisiert.
Im Mai 2020 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der es die Palästinensische Autonomiebehörde deutlich kritisierte. Man sei besorgt darüber, »dass problematisches Material in palästinensischen Schulbüchern immer noch nicht entfernt wurde«, und über »das fortdauernde Versagen, wirksam gegen Hassreden und Gewalt in Schulbüchern vorzugehen«, heißt es in der Entschließung.
Gehälter von Lehrern und Beamten im Bildungssektor, die aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werden, sollten »für die Ausarbeitung von und für den Unterricht nach Lehrplänen verwendet werden, die die UNESCO-Standards für Frieden, Toleranz, Koexistenz und Gewaltlosigkeit widerspiegeln«, so die Legislative der Europäischen Union.
Dass die palästinensischen Lehrpläne und -materialien diesen Standards nicht genügen, ist kein Geheimnis, aber nur selten ein Thema. Das israelische Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-se) wertet seit über 20 Jahren palästinensische Schulbücher aus, vor allem im Hinblick darauf, wie die Themen Juden, Israel und Frieden darin behandelt und aufbereitet werden.
Sein erster Bericht erschien im November 2001, und schon damals war der Befund erschreckend: Es gebe in den Unterrichtsmaterialien keinen Staat Israel, sondern nur ein arabisches Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer. Jerusalem gehöre den Büchern zufolge alleine den Palästinensern, es existierten keine heiligen jüdischen Stätten, Toleranz werde nur zwischen Muslimen und Christen praktiziert, nicht aber gegenüber Juden. Der »heilige Krieg« werde glorifiziert, Israelis gebe es nur als inhumane, gierige »zionistische Besatzer«.
IMPACT-se hat seitdem ein kontinuierliches Monitoring palästinensischer Curricula betrieben und fast jedes Jahr einen neuen Bericht veröffentlicht, stets mit zahlreichen Beispielen aus den Schulbüchern.
Eine Verbesserung der Problematik war dabei nicht ernsthaft festzustellen. Im März 2017 veröffentlichte zudem die Organisation Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB) eine eigene Studie in deutscher Sprache, die von Parlamentariern aller demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag unterstützt wurde. Auch sie kam zu bestürzenden Ergebnissen: »Die Texte nehmen inhaltlich durchweg negativen Bezug auf Israelis und Juden, die vielfach dämonisiert werden«, ist dort beispielsweise zu lesen.
Der Staat Israel sei auf keiner Landkarte verzeichnet, die historische und gegenwärtige jüdische Präsenz in Israel werde negiert respektive delegitimiert, Juden würden als Feinde markiert. So werde beispielsweise in einem Erziehungs-Lehrbuch für die siebte Jahrgangsstufe die jüdische Einwanderung nach Palästina als »kolonisierende Gier« beschrieben, deren Ziel es sei, dass Juden nach der Vertreibung und Vernichtung der ursprünglichen Bewohner deren Platz einnehmen.
In einem Schulbuch für Neuntklässler zur arabischen Geschichte der Moderne und Gegenwart werde die Verschwörungslegende vertreten, »der Zionismus« habe seinen Sitz von London nach New York verlegt, weil in den USA viele Medien und Wirtschaftsbereiche in den Händen der zionistischen Bewegung seien.
In keinem Lehrbuch werde an ein einvernehmliches Miteinander appelliert; Israel erscheine stets als Besatzungsregime oder gar als zionistische Terrororganisation. Einlassungen zum bewaffneten »Widerstand« gegen den jüdischen Staat seien zahlreich und stellten einen Aufruf zur Gewalt dar, so die Analyse des MFFB.
EU-Schulbuchstudie mit Pannen und Verzögerungen
Im Jahr 2019 gab die seinerzeitige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eine eigene Untersuchung in Auftrag: Es sollte gründlich geprüft und analysiert werden, was in palästinensischen Schulen gelehrt wird. Den Zuschlag für die Studie bekam das deutsche Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung (GEI) mit Sitz in Braunschweig.
Im August 2020 wurde ein als »Zwischenbericht« deklariertes Dokument öffentlich, in dem ausweislich eines Beitrags in der Berliner Zeitung Tagesspiegel positive Entwicklungen festgehalten wurden. So werde in den Schulbüchern nun an diversen Stellen für Frieden geworben oder Toleranz gegenüber Israelis gezeigt. Die Autoren der Untersuchung hätten das als Zeichen für eine »sorgfältige Überlegung und Differenzierung« gegenüber Israelis gewertet.
Dabei war ihnen jedoch eine schwere Panne unterlaufen, wie der Tagesspiegel schrieb:
»Alle fraglichen Beispiele, die für ›Frieden werben oder Toleranz gegenüber Israelis zeigen‹, stammen nicht etwa aus Lehrbüchern der palästinensischen Autonomiebehörde – sondern aus Bänden, mit denen arabische Schüler in Ostjerusalem unterrichtet werden. Diese Bücher werden aber vom Staat Israel bezahlt und gestellt.«
Das GEI selbst gab daraufhin zunächst an, das als Zwischenbericht ausgewiesene Dokument sei in Wirklichkeit gar kein Zwischenbericht und eine Veröffentlichung nie geplant gewesen. Die Leiterin der Studie, Riem Spielhaus, erklärte zwei Monate später zu diesem merkwürdigen Widerspruch, das Dokument sei nur »für die interne Kommunikation« verwendet worden und der Fehler dem Team auch selbst aufgefallen. Das gehöre »zum Arbeitsprozess in der Wissenschaft«.
Während die finale und autorisierte Fassung auf sich warten ließ, warf man beim Tagesspiegel schon einmal selbst einen Blick in die untersuchten palästinensischen Schulbücher – und förderte wiederum höchst Befremdliches zutage. Etwa ein Gedicht, das palästinensischen Drittklässler aufsagen sollen und in dem der wichtigste Satz laute:
»Ich werde mein Blut opfern, um damit das Land der Großmütigen zu tränken […] und die restlichen Fremden zu vernichten.«
Im fünften Schuljahr lernten Kinder, dass Juden mehrfach versucht hätten, den Propheten Mohammed zu töten, und dass sie »hinterhältige Feinde des Islams« seien. Neuntklässlern erzähle man im Sozialkundeunterricht unter anderem, Israel verseuche die palästinensischen Gebiete mit radioaktiven Chemikalien, damit die Bewohner an Krebs erkranken. Es ist dies eine modernisierte Version der alten antisemitischen Legende vom Juden, der die Brunnen vergiftet.
Untersuchung mit Widersprüchen
Im Juni 2021 veröffentlichte das Georg-Eckert-Institut seine Studie schließlich. Die Autoren erklären darin, die Schulbücher folgten UNESCO-Standards, obwohl sich Gewaltverherrlichung und Antisemitismus in ihnen fänden.
Diesen offenkundigen Widerspruch versucht das GEI aufzulösen, indem es ausführt, die Schulbücher legten »ein besonderes Augenmerk auf politische Bildung und Menschenrechtsbildung«; zudem betonten sie »das Ziel des gleichberechtigten Zugangs zu Einrichtungen und Dienstleistungen und der Teilnahme am öffentlichen Leben« und den Wert von »Verständigung und Dialog«. Alle diese Ziele und Werte würden jedoch »nicht explizit auf israelische Akteur*innen« angewendet.
Ein glatter Euphemismus, denn gemessen an den antisemitischen Inhalten müsste die Botschaft der Bücher vielmehr so zusammengefasst werden: Juden haben keine Rechte, sie sind das Böse schlechthin.
Die Forscher untersuchten 190 Lehrbücher in Fächern wie Arabisch, Geschichte, Sozialkunde und Naturwissenschaften, die zwischen 2017 und 2020 vom palästinensischen Bildungsministerium herausgegeben wurden.
Was sie herausfanden und dokumentiert haben, steht vielfach in einem deutlichen Widerspruch zum eigenen Urteil, die Schulmaterialien entsprächen den UNESCO-Richtlinien. Diese Richtlinien sehen vor, dass das Lehr- und Lernmaterial verschiedene soziale, kulturelle und religiöse Gruppen ausgewogen und respektvoll darstellt, sich auf Werte fokussiert, die eine friedliche Koexistenz unterstützen, und Fähigkeiten zur Konfliktprävention sowie zur Friedensbildung fördert.
Das GEI erwähnt, wie Israelis dehumanisiert werden, und führt aus, ein ganzes Kapitel eines Schulbuches vermittle die Botschaft, »dass die Juden als Kollektiv gefährlich und betrügerisch sind«. Erläuterungen zu Friedensverhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis, die es in früheren Ausgaben mancher Lehrbücher noch gegeben habe, seien inzwischen gestrichen worden.
Bei der Lektüre der Studie bekommt man dennoch den Eindruck, dass das Institut, um seine Conclusio aufrecht erhalten zu können, diesen Einschätzungen ein eher geringes Gewicht beimisst und bisweilen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung in den Materialien herunterspielt oder Fortschritte konstatiert, die bei Lichte betrachtet keine sind.
Im zweiten Teil, der am Sonntag erscheinen wird, geht es um die Weigerung der Palästinensischen Autonomiebehörde, das hetzerische Unterrichtsmaterial entscheidend zu verändern sowie um den mangelnden Willen der EU, daraus nennenswerte Konsequenzen zu ziehen.