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Antisemitismus auf der documenta: Schlecht beraten

Im Museum fand die erste Diskussionsveranstaltung zum Antisemitismus auf der documenta statt
Imago Images / ZUMA Wire)

Meron Mendel, der die documenta bei der Prüfung von Kunstwerken auf mutmaßlich antisemitische Gehalte beraten soll, ist selbst immer wieder durch Verharmlosung von israelbezogenem Antisemitismus aufgefallen.

Ingo Elbe

Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, ist derzeit ein gefragter Mann. Er ist nach dem Skandal um das Bild des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi von der documenta mit der Prüfung von Kunstwerken auf einen mutmaßlich antisemitischen Gehalt beauftragt worden. Dabei verharmlost er israelbezogenen Antisemitismus, indem er seinen Interpretationen Annahmen zugrunde legt, die eine weitgehende Übereinstimmung mit den Dogmen der sogenannten Jerusalem Declaration on Antisemitism (JDA) aufweisen.

Die JDA erlaubt es (trotz auch anderslautender Erklärungen in diesem durchwegs inkohärenten Dokument), die Dämonisierung und Delegitimierung Israels als »nicht per se antisemitisch« zu titulieren – und zwar unter anderem mit dem Verweis auf vermutete Intentionen und Erfahrungen von Palästinensern mit dem Staat Israel. So heißt es in der JDA:

»Zum Kontext kann die Intention hinter einer Äußerung … oder sogar die Identität des Sprechers oder der Sprecherin gehören, besonders, wenn es um Israel oder den Zionismus geht. So könnte etwa Feindseligkeit gegenüber Israel Ausdruck eines antisemitischen Ressentiments sein, aber auch eine Reaktion auf eine Menschenrechtsverletzung oder eine Emotion, die eine palästinensische Person aufgrund ihrer Erfahrungen durch Handlungen seitens der staatlichen Institutionen Israels empfindet.« [1]

Nachvollziehbarer Hass?

Dies lässt sich an den Auszügen von zwei Interviews erläutern, die Mendel in den letzten Tagen gegeben hat. Im ersten heißt es:

»Die Kritik vor der Eröffnung der documenta zeigt eine Tendenz, die sich in die deutsche Debatte um Antisemitismus eingeschlichen hat und die ich für problematisch halte: vehemente Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichzusetzen. In extremen Fällen kann das schon der Fall sein, aber vor allem bei einseitiger Kritik von Menschen aus Palästina, die teilweise unter Besatzung leben, bin ich hier sehr vorsichtig.

Dass Menschen, die beispielsweise die Verhältnisse in Gaza am eigenen Leib erleben, Israel hassen, ist für mich nachvollziehbar. Die echte Grenzüberschreitung findet doch statt, wenn sich der Hass gegen Juden selbst richtet und nicht mehr gegen einen Staat.«

Einige Tage später bezog sich Mendel auf das in Kassel ausgestellte Kunstwerk »Guernica-Gaza« des palästinensischen Künstlers Mohammed Al-Hawajri:

»Dass die Botschaft eine antiisraelische ist, scheint klar. Das ist auch nicht überraschend, der Künstler lebt in Gaza, in einer schwierigen Situation, zum Teil unter israelischer Besatzung, jetzt unter israelischer Sperre.

Dass Menschen in Gaza in Bezug auf den Konflikt einseitig sind, dass es bis hin zu Hass gegenüber Israel geht, ist erst mal nachvollziehbar – ob ihre Einstellung nun berechtigt ist oder nicht. Die echte Grenzüberschreitung findet statt, wenn sich der Hass gegen Juden selbst richtet und nicht mehr gegen einen Staat.«

Sagt Mendel hier, dass es nachvollziehbar ist, wenn ein in Gaza aufgewachsener Mensch, der von Kindesbeinen an antisemitischer Propaganda ausgesetzt war, Israel hasst? Nein, das sagt er nicht. Hätte er darauf abgezielt, dass die in Gaza erlebte Gewalt vor dem Hintergrund der Indoktrination und fehlenden Meinungsfreiheit zum Hass führt, hätte er das so formulieren können.

Es wäre dann immer noch die Frage, warum es sich dabei nicht um Antisemitismus handeln soll, ist es doch gerade der »Umma-gemeinschaftliche« projektive Hass, der in den Schulen von Gaza gelehrt wird und Handlungen von Juden in einem spezifischen Licht erscheinen lässt. Mendel sagt aber lediglich, diese Menschen lebten in einer »schwierigen Situation« und verbindet diese ausschließlich mit »israelischer Besatzung« bzw. »Sperre«. Dadurch erweckt er den Eindruck, es sei vor allem Israels Schuld, dass die Menschen in Gaza in einer schwierigen Situation leben, und dies wiederum mache den Hass auf Israel »nachvollziehbar«.

An anderer Stelle spricht er sogar davon, es sei »überhaupt nicht irrational« (also auch nicht antisemitisch), wenn »ein Palästinenser, der unter der Besatzung leidet, Israel … hasst«. Der Hass hat damit, folgt man der Logik dieser Aussagen, seinen Grund im Handeln der israelischen Politik. Hinweise auf einen anderen Grund findet man in allen drei Interviews nicht.

Ausgeblendeter Kontext

Welche Fakten lässt Mendel dabei aus? Er lässt aus, dass es die PLO war, die das Camp David-Friedensangebot von Ehud Barak aus dem Jahr 2000 und das von Ehud Olmert von 2008 ausgeschlagen und damit verhindert hat, dass es heute einen palästinensischen Staat gibt.

Diese Angebote wurden von der PLO mit dem Hinweis auf ein angebliches Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und ihrer Nachkommen (auch jener, die inzwischen Staatsbürger anderer Länder geworden sind) abgewiesen. Das Angebot Baraks wurde mit dem Terror der Zweiten Intifada beantwortet, der in den Jahren von 2000 bis 2005 zwischen 1.074 und 1.137 Israelis zum Opfer fielen, davon 78 Prozent Zivilisten. [2] Mendel behauptet nun in einem anderen Text:

»In der Forderung nach Rückkehr steckt auch die Aussicht auf symbolische Anerkennung und Kompensation, nicht unbedingt die Einwanderung nach Israel.«

Es war aber, wie Adi Schwartz und Einat Wilf in The War of Return gezeigt haben, unter anderem das Pochen auf ein individuelles, unverhandelbares und unveräußerliches Rückkehrrecht jedes palästinensischen Flüchtlings, das von palästinensischer Seite zum Abbruch des Friedensprozesses geführt hat. [3] Selbst wenn Israel und die PLO sich also auf eine symbolische Anzahl von Rückkehrern geeinigt hätten, wäre die Frage der Rückkehr damit für die PLO nicht abgeschlossen gewesen. Dahinter steckte die Idee einer kaum verhüllten ›Zwei palästinensische Staaten-Lösung‹.

Mendel hingegen tischt der deutschen Öffentlichkeit (offenbar von ihm selbst geglaubte) Märchen über den israelisch-palästinensischen Konflikt auf; Märchen, die man hier immer noch gerne hört und die da lauten, es gebe auf palästinensischer Seite einen mit entsprechender Entscheidungsgewalt ausgestatteten Ansprechpartner für einen Friedensprozess, der auf der Anerkennung Israels beruht. Doch weder die Hamas noch die Fatah haben Israel wirklich anerkannt. [4]

Mendel blendet auch aus, dass der Rückzug Israels aus dem Gaza-Streifen dafür gesorgt hat, dass dieser zur Raketenabschussbasis der Hamas werden konnte, dass von 2006 bis Juni 2022 16.797 Raketen auf den Süden Israels abgefeuert wurden und es diese massive, auf die Vernichtung Israels gerichtete Aggression ist, welche die Hauptursache der aktuellen Situation im Gazastreifen ist.

Nun kann man sagen, dass Zeitungsinterviews nicht der Ort sind, um komplizierte historische Zusammenhänge darzustellen. Aber wenigstens ein kleiner Hinweis auf sie wäre möglich gewesen. Stattdessen redet Mendel gleich in drei Interviews fast wortgleich nur von israelischer Besatzung, wenn es um die Situation in Gaza und den daraus resultierenden Hass des Künstlers geht.

Ist Antisemitismus (nur) intentional?

Der Hinweis auf Intention und Kontext des Künstlers Al-Hawajri soll sein Kunstwerk »Gaza-Guernica« also ›nicht antisemitisch‹ machen. In diesem Werk wird Israel aber dämonisiert und delegitimiert, indem die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) mit der Wehrmacht gleichgesetzt werden und Israels Verteidigung gegen Raketenterror mit einem NS-Angriffskrieg in Verbindung gebracht wird.

In einem anderen Werk von Al-Hawajri wird ein Zusammenhang zwischen dem Kreuzgang Jesu mit den Palästinensern hergestellt, indem Jesus einen Schlüssel – das Symbol des palästinensischen Revanchismus eines vermeintlichen »Rechts auf Rückkehr« – trägt und IDF-Soldaten gegenübersteht. Die unverhüllte Message: Israel sei ein Staat, dessen Armee eine Naziarmee sei, die zudem den angeblichen »Gottesmord« an den Palästinensern wiederhole oder ermögliche. Wer das ›nicht per se antisemitisch‹ nennt und mit einem durch entscheidende Auslassungen verzerrt dargestellten »Kontext« des Künstlers erklärt, verkehrt nicht nur Ursache und Wirkung, er ignoriert auch den semantischen Gehalt der Aussagen und Bilder des Künstlers und deren gesellschaftliche Wirkung.

Zu Recht kritisieren denn auch Lars Rensmann, David Hirsh und andere an der Jerusalem Declaration on Antisemitism die Konzentration auf die »Intentionen« und die dadurch bewirkte Willkür der Deutung von Antisemitismus. Monika Schwarz-Friesel und Jehuda Reinharz stellen dazu fest:

»Auch nicht-intentionale Verbal-Antisemitismen tragen maßgeblich dazu bei, dass judenfeindliche Stereotype über die Kommunikation vermittelt werden.« [5]

Das gilt natürlich auch für bildliche Darstellungen, die im Antisemitismus eine zentrale Rolle spielen. Man könnte meinen, man habe es bei Mendels Deutung von Al-Hawajris Werk mit einer Art Rassismus der reduzierten Erwartungen zu tun, mit der von Schwartz und Wilf monierten »paternalistischen, ja, neokolonialen Haltung, die sich weigert, die Palästinenser beim Wort zu nehmen« [6], auch wenn das Wort hier ein Bild ist.

Allerdings sind für Mendel offenbar auch die offenen Briefe des BDS-Business wie der Letter Against Apartheid, der übelste Dämonisierungen und Delegitimierungen Israels sowie Derealisierungen palästinensischer Gewalt und palästinensischen Judenhasses enthält, nicht antisemitisch: Mendel wiederholte auch nach dem Taring Padi-Skandal:

»Ich bleibe bei meiner Position, dass ein Großteil und vielleicht alle Antisemitismusvorwürfe im Vorfeld unberechtigt waren.«

Die Unterzeichner dieses Briefes sind nun keineswegs alle Palästinenser. Es sind, neben vielen anderen, auch ›biodeutsche‹ Kulturfunktionäre und Akteure aus aller Welt, darunter Vertreter der documenta. Ist hier der Hass gegen Israel auch »nachvollziehbar«? Irgendetwas in der Biografie all dieser Menschen wird sich schon finden, irgendeine ›nicht per se antisemitische‹ Intention ist da eventuell immer am Werk.

Mendel trennt in seiner Diagnose zudem in künstlicher Weise Israel und Juden: Zunächst einmal ist festzustellen, dass Juden im palästinensischen Kontext oft dämonisiert und zum Bösen schlechthin erklärt werden, es wird selten ein Unterschied zwischen Israel und den Juden gemacht. Man sehe sich die Schulbücher an, mit denen palästinensische Kinder indoktriniert werden, man lausche den Worten Mahmud Abbas’, wenn er den Juden eine Mitschuld am Holocaust gibt, oder man höre sich Moscheepredigten aus Gaza an, in denen die Juden als Feinde des Islam, verschlagene Prophetenmörder und als die moralisch verkommensten Wesen auf Erden präsentiert werden.

Der jüdische Staat wird häufig als ›jüdischer‹ angegriffen, ohne das explizit zu formulieren [8]: Es richten sich klassisch antisemitische Motive auf ihn – vom Kindermörder- über das Organhändler- bis zum Menschheitsfeind-Motiv. Das gesamte BDS- und Offene-Briefe-Business suggeriert, Israel sei eine bösartige Entität, die die Palästinenser aus rassistischen Motiven unterdrücke, Apartheid praktiziere und bisweilen sogar Genozid begehe.

Es wird so getan, als liege es ausschließlich an Israel, für Frieden zu sorgen. Palästinensische Gewalt oder Antisemitismus? Fehlanzeige. Angriffskrieg arabischer Armeen und Milizen auf Israel 1948 mit dem Ziel, ›die Juden ins Meer zu treiben‹? Fehlanzeige. Die ›drei Nein von Khartoum‹? Fehlanzeige. Flucht und Vertreibung von 800.000 Juden aus der arabischen Welt nach 1948? Fehlanzeige. Palästinensische Obstruktion des Friedensprozesses nach 2000? Inexistent. Schließlich ist die Weltfriedensfrage für einige die Israelfrage, wie die Friedensfrage für die Nationalsozialisten die Judenfrage war – man höre sich noch einmal die Rede von Abbas im EU-Parlament von 2016 an oder nehme eine Umfrage unter EU-Bürgern aus dem Jahr 2003 zur Kenntnis, in der Israel mehrheitlich als größte Gefahr für den Weltfrieden bezeichnet wurde.

Es ist schlicht abenteuerlich, wenn Mendel behauptet, der Hass gegen den jüdischen Staat, die einzige Selbstschutzinstanz der Juden, richte sich nicht per se gegen Juden. Selbstverständlich ist mindestens die Schutzlosstellung und Vertreibung der Juden im Nahen Osten, nicht selten auch ihre Vernichtung das Ziel der Hamas oder der Hisbollah, aber auch in der PLO-Charta wird dieses Ziel der ethnischen Säuberung Palästinas immer noch, trotz anders lautender Versprechen vor zwei Jahrzehnten, der Sache nach propagiert – es sind nicht »manche«, sondern entscheidende Akteure der palästinensischen Seite, die solche Ideen verbreiten.

Doch auch wer sich dumm stellt, die antisemitische Bedrohung ignoriert und mit der Humanitätsrhetorik eines ›gerechten Friedens‹ das Ende des jüdischen Staates in einem ›binationalen Gemeinwesen‹ fordert, macht die Juden letztlich schutzlos. Wie Alvin Rosenfeld feststellt, ist die Konsequenz »die Wiederherstellung jener Art von Verletzbarkeit« und Ausgeliefertsein der Juden, »die vor Auschwitz bestand und die dazu beitrug, Auschwitz Wirklichkeit werden zu lassen«. [9]

Die ›Demontage‹ des jüdischen Staates und, um ein Beispiel zu nennen, allein schon die von vielen BDSlern geforderte Abschaffung des israelischen Rückkehrgesetzes, das es allen, die vom NS als Juden verfolgt worden wären, ermöglicht, nach Israel zu emigrieren, würde auch alle anderen Juden der Welt ›als Juden‹ treffen, gerade in Anbetracht der antisemitischen Propaganda und Gewalt, zum Beispiel in Europa oder den USA.

Befürchtungen bestätigt

Leider muss man feststellen, dass die documenta mit Meron Mendel einen Antisemitismusexperten ins Boot geholt hat, dessen Expertise es nicht ermöglicht, den im Kunstbetrieb und seiner postkolonialen Hintergrundideologie grassierenden israelbezogenen Antisemitismus in seiner ganzen Dimension wahrzunehmen und zu bekämpfen. Ein Schelm, wer Absicht dahinter vermutet.

Mendel fährt auch nach der Enthüllung antisemitischer Kunstwerke auf der documenta, nach der Aufdeckung der BDS-Seilschaften im dortigen Kunstbetrieb und nach den Hinweisen auf israelfeindliche Hasspostings einiger Künstler der Documenta – u. a. Hamja Ahsan, der Israel offen den Tod wünscht und die Hisbollah verherrlicht oder Khalid Albaih, der den Islamischen Staat als zionistische Verschwörung darstellt – damit fort, israelbezogenen Antisemitismus klein- oder wegzureden. Er gesteht nur die offensichtlichsten und drastischsten Formen von Antisemitismus – wie im Kunstwerk von Taring Padi – zu und bezichtigt Kritiker wie das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel des Rassismus [10], nur um gleichzeitig mit dem Gestus des allumfassenden Dialogs (aus dem diese Kritiker selbstredend vorweg ausgeschlossen sind) BDS-affinen Akteuren eine Bühne zu geben. [11]

Wie so ein Dialog aussieht, hat die erste Diskussionsveranstaltung gezeigt, die Mendel auf der documenta organisierte: Adam Szymczyk, ehemaliger Leiter der documenta, und Nikita Dhawan, postkoloniale Professorin aus Dresden, fielen zum Antisemitismus in postkolonial grundierten Künstlerkreisen exakt die Floskeln eines Michael Rothberg ein, die allein dazu taugen, die notwendige Kritik an diesem Antisemitismus als spalterisches zionistisches Unterfangen zu brandmarken.

»Es hilft nichts, wenn wir unterschiedliche Erinnerungen gegeneinanderstellen«, so Szymczyk. Dhawan sprach sich laut Tagesspiegel dafür aus, »›multidirektionale, kritische Perspektiven‹ einzunehmen, Antisemitismus und Rassismus nicht zu spalten«. Und Meron Mendel meinte wohl, der Israelhass eines Mohammed Al-Hawajri, Khalid Albaih oder Hamja Ahsan müsse durch »jüdisch-israelische Perspektiven« flankiert werden.

Anmerkungen:

[1] Zur Kritik an dieser Erklärung vgl. Lars Rensmann: Die »Jerusalemer Erklärung«. Eine Kritik aus Sicht der Antisemitismusforschung, Alex Feuerherdt: Wie die Jerusalemer Erklärung die BDS-Bewegung verharmlost, Ari Allyn-Feuer: The JDA Definition of Antisemitism is Completely Incoherent and Much Worse than the IHRA Definition oder Jeffrey Herf: IHRA and JDA: Examining Definitions of Antisemitism in 2021

[2] Vgl. auch Ben-Dror Yemini: Industry of Lies. Media, Academia, and the Israeli-Arab Conflict, Oxford 2017, S. 231.

[3] Vgl. Adi Schwartz/Einat Wilf: The War of Return. How Western Indulgence of the Palestinian Dream Has Obstructed the Path to Peace, New York 2020, S. 164–174 sowie: Efraim Karsh: Palestine Betrayed, New Haven/London 2011, S. 256.

[4] Vgl. auch: Jewish News Syndicate: Hamas und Fatah kritisieren Mansour Abbas’ Anerkennung des jüdischen Staates, Jewish News Syndicate: Abbas’ Bildungsminister an Schüler: »Das ganze Land gehört uns« und Schwartz/Wilf: The War of Return, S. 170 f.

[5] Monika Schwarz-Friesel und Jehuda Reinharz: Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert, Berlin/Boston, S. 202.

[6] Auch David Hirsh wundert sich zu Recht darüber, dass es in antirassistischen Diskussionen eine weitgehend geteilte Position ist, eine dem Akteur durchsichtige rassistische Intention von faktischem Rassismus (seien es rassistische Bedeutungen bestimmter Begriffe, seien es spezifische rassistische institutionalisierte Praktiken) zu unterscheiden, es häufig aber genau diese Antirassisten sind, die eine solche Unterscheidung bezüglich des Antisemitismus ignorieren:

»Often antiracists accused of antisemitism forget the importance of understanding racism objectively as something that exists outside of the individual racist. They find it easier to look within themselves and to find they are not intentionally antisemitic – indeed they are opponents of antisemitism.« (Hostility to Israel and Antisemitism: Toward a Sociological Approach. Journal for the Study of Antisemitism. Vol. 5, S. 1414). [Übersetzung: »Häufig vergessen Antirassisten, die des Antisemitismus beschuldigt werden, wie wichtig es ist, Rassismus objektiv als etwas zu verstehen, das außerhalb des einzelnen Rassisten existiert. Es fällt ihnen leichter, in sich selbst zu schauen und festzustellen, dass sie nicht absichtlich antisemitisch, sondern vielmehr Gegner des Antisemitismus sind.«]

[7] Schwartz/Wilf 2020, The War of Return, S. 177 f.

[8] Dass der Gedanke, Juden müssten »als Juden« angegriffen werden, damit von Antisemitismus die Rede sein könne, antisemitische Umwegkommunikation schlicht ausblendet, kritisiert Lars Rensmann an der Jerusalem Declaration. Wenn in der JDA dann zugleich doch von kodierten Formen des Antisemitismus gesprochen werde, so handle es sich um eine der vielen Inkohärenzen der Erklärung:

»Doch dies steht im grundsätzlichen, auch logischen Widerspruch zur Formulierung in der Definition. Kodierte Formen werden dabei von den Autor:innen zudem auf wenige Extrembeispiele eingehegt – auf die Rede von ›den Rothschilds‹, oder die Darstellung von Israel als dem ›ultimativ Böse[n]‹. Aber inwiefern ist das der Logik dieser Definition zufolge überhaupt eine Feindseligkeit gegen Juden, wenn doch Juden ›als Juden‹ keine Erwähnung finden? … [W]ie soll dann etwas als Antisemitismus bewertet werden, wenn Juden prima facie nicht »als Juden« diskriminiert werden? Die Formulierung »als Juden« führt jede Definition, die auch Formen des modernen oder modernisierten – kulturellen, institutionellen, camouflierten oder israelbezogenen – Antisemitismus einbeziehen will, ad absurdum und erfasst nach strenger Auslegung fast gar keinen Antisemitismus mehr; nicht mal den, der in den ›Leitlinien‹ bzw. einigen Beispielen als solcher von den Autor:innen dieser ›Erklärung‹ ausgemacht wird.«

[9] Alvin Rosenfeld: Das Ende des Holocaust, Göttingen 2015, S. 241.

[10] »Ich habe dem Antisemitismus-Generalverdacht widersprochen, der dem Kuratorenkollektiv und palästinensischen Künstlern, die eingeladen wurden, entgegengebracht wurde. Die Masse der Vorwürfe und deren Ursprung – sogenannte Antideutsche, die zuvor vor allem durch antimuslimischen Rassismus aufgefallen sind –, haben für mich gezeigt, dass es hier nicht in erster Linie darum ging, echten Antisemitismus anzuprangern.« (Meron Mendel über den documenta-Skandal: Ich fühle mich verraten)

[11] Dies war offenbar auch für den von Saba-Nur Cheema, Meron Mendel und Sina Arnold herausgegebenen Sammelband Frenemies: Antisemitismus, Rassismus und ihre Kritiker*innen geplant, für den die BDS-Aktivisten Kerem Schamberger und Ramsis Kilani als Autoren vorgesehen waren. Als mehrere Autoren davon erfuhren und drohten, ihre Beiträge zurückzuziehen, ruderten Cheema et al. zurück, allerdings nicht ohne ihr Bedauern auszudrücken.

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