Wie Israel und Ägypten in Zukunft viel enger kooperieren wollen

Ägypten und ISrael arbeiten am Ausbau ihrer Beziehungen
Ägypten und ISrael arbeiten am Ausbau ihrer Beziehungen (Quelle: JNS)

Durch die intensiven Gespräche zwischen den beiden Ländern ist Israel auf dem Weg zu besseren Beziehungen zu Ägypten.

Israel Kasnett

Israel und Ägypten haben sich Anfang Juni auf einen Plan zur Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Ländern geeinigt und scheinen nun dabei zu sein, von einem kalten Frieden zu einem lauwarmen überzugehen. Derzeit laufen ernsthafte Gespräche zwischen Israel, Ägypten und der Europäischen Kommission darüber, wie Gas aus dem östlichen Mittelmeerraum nach Europa exportiert werden kann.

Gleichzeitig bemühen sich Israel und Ägypten auch um eine Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen, wobei geplant ist, den jährlichen bilateralen Handel innerhalb von drei Jahren auf 700 Mio. Dollar zu steigern. Darüber hinaus werden Anstrengungen unternommen, um den Grenzübergang Nitzana, über den der Handel zwischen den beiden Ländern abgewickelt wird, auszubauen.

Nach Ansicht von Eran Lerman, Vizepräsident des Jerusalemer Instituts für Strategie und Sicherheit, ist Israel tatsächlich auf dem Weg zu besseren Beziehungen zu Ägypten. So weist Lerman auf die Geste des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah el-Sisi hin, der es sich im Februar nicht nehmen ließ, die israelische Energieministerin Karine Elharrar auf einer Konferenz in Kairo persönlich zu begrüßen.

Wirtschaftliche Annäherung

Zwei weitere Belege dafür, dass Israel auf dem Weg zu einem wärmeren Frieden mit Ägypten zu sein scheint, sind laut Lerman die Tatsache, dass Israel im Zuge der Energiekrise in der Ukraine daran arbeitet, Gas über Ägypten zu exportieren; sowie die Tatsache, dass Israel Ägypten weiterhin im Kampf gegen den islamischen Staat unterstützt.

Zusätzlich zu diesen Schritten reiste das jüdisch-arabische Orchester Firqat-Alnoor Anfang Mai zum ersten Mal seit vierzig Jahren nach Ägypten, um am israelischen Unabhängigkeitstag aufzutreten – ein weiteres Zeichen für die sich erwärmenden Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Es muss jedoch festgehalten werden, dass sich die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten vor allem im wirtschaftlichen Bereich erwärmen. Ägyptens Wirtschaft leidet unter den Auswirkungen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine, die Armut liegt bei etwa dreißig Prozent, und nach Angaben der Heritage Foundation ist das Land nach wie vor auf Hilfe aus Saudi-Arabien und von internationalen Finanzinstitutionen angewiesen.

Ägypten war zwar das erste arabische Land, das 1979 ein Friedensabkommen mit dem jüdischen Staat unterzeichnete, doch war dies kaum mehr als ein kalter Frieden.

Doch die 2020 mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Sudan und Marokko unterzeichneten Abraham-Abkommen und die aktuell stattfindenden Gespräche zwischen Israel und Saudi-Arabien haben die ägyptische Führung auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass sie in einem dynamischen und fortschrittlichen Nahen Osten ins Hintertreffen geraten ist.

Vorteile für beide Volkswirtschaften

Ofir Winter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute for National Security Studies (INSS) an der Universität Tel Aviv, sagte gegenüber dem Jewish News Syndicate, dass der Plan der israelischen Regierung, die Wirtschaftsbeziehungen mit Ägypten voranzutreiben, der am 29. Mai verabschiedet wurde, ein wichtiger Meilenstein werden könnte.

Winter erklärte, dass es in den letzten zwei Jahren in verschiedenen Bereichen eine Dynamik gegeben habe. So schlägt sich der verabschiedete Plan sich unter anderem nieder

  • in den laufenden Verhandlungen zu einem Abkommen mit der Europäischen Union über den Export von israelischem Gas über Ägypten nach Europa
  • in den jüngsten Gesprächen über die Ausweitung der qualifizierten Industriezone
  • in der Eröffnung von Direktflügen zwischen Tel Aviv und Sharm el-Sheikh im April
  • und in den gegenseitigen Besuchen von Ministern und Unternehmerdelegationen aus beiden Ländern.

Winter sagte, er glaube, der Grund für den Plan liege darin, »die Beziehungen zwischen den Ländern zu diversifizieren, indem relevante Ministerien, die in der Vergangenheit keine bedeutende Rolle gespielt haben (z. B. Wirtschaft und Verkehr), integriert werden«.

»Es gibt auch einen neuen Fokus auf die bilateralen Beziehungen und auf das Potenzial von komplementären Vorteilen für beide Volkswirtschaften. Ägypten könnte Rohstoffe für Industrie und Bauwesen, Gemüse und Lebensmittel nach Israel exportieren, während Israel von Ägypten benötigte Technologien in den Bereichen Wassersicherheit, Bewässerung, Wüstenlandwirtschaft, erneuerbare Energien und mehr exportieren könnte.«

Winter zufolge haben »sich die entwickelnden internationalen und regionalen Umstände« sowie Ägyptens »Priorisierung wirtschaftlicher Erwägungen« zu der wirtschaftlichen Annäherung zwischen beiden Ländern geführt. »Das Vertrauen auf der politischen und der sicherheitspolitischen Ebene trägt auch dazu bei, neue mögliche Bereiche der Zusammenarbeit auszumachen«, fügte er hinzu.

Früchte des Friedens genießen

Ob arabische Staaten engere Beziehungen zu Israel anstreben können, hängt weitgehend von der öffentlichen Meinung ab, wenn auch nicht immer. Im Falle Ägyptens wies Winter darauf hin, dass Meinungsumfragen zufolge die ägyptische Öffentlichkeit die Normalisierung der Beziehungen zu Israel nicht sehr unterstütze. »Gleichzeitig«, so Winter, »gibt es keine nennenswerten Proteste dagegen«.

Obwohl sich zwischen Israel und Ägypten vieles verändert, sei das Potenzial der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern »noch lange nicht ausgeschöpft«, so Winter. Um dieses Potenzial zu nutzen, sei »eine größere Freiheit für Privatinitiativen, die Beseitigung bürokratischer Hindernisse und die Erleichterung der Freizügigkeit zwischen beiden Ländern« erforderlich.

Der Tourismus zwischen den beiden Ländern wäre einer der ersten Bereiche, in dem es zu Änderungen kommen müsste. So besuchen zwar viele Israelis den Sinai und mache auch andere Gebiete in Ägypten, doch könnte die Zahl der Touristen, die zum Beispiel Kairo oder das Tal der Könige besuchen, erheblich steigen. Und natürlich ist das Potenzial für ägyptischen Tourismus in Israel bei einer Bevölkerungszahl von mehr als hundert Millionen Menschen enorm.

Um dies zu erreichen, muss die ägyptische Führung ihrer Öffentlichkeit die Vorteile einer Annäherung an Israel aufzeigen und den öffentlichen Diskurs über den jüdischen Staat positiv beeinflussen.

Winter sagte, Ägypten müsse seine Unterstützung für eine Ausweitung der Beziehungen zu Israel sichtbarer machen, um

»ägyptischen Geschäftsleuten mehr Legitimität zu geben, damit diese Möglichkeiten mit ihren israelischen Partnern zu erkunden und daran anschließend die Wertschätzung für die Früchte des Friedens in der ägyptischen Öffentlichkeit zu vergrößern können.«

Der Artikel erschienauf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.

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