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Amsterdamned: Die Schande von Bürgermeisterin Femke Halsema

Amsterdamer Bürgermeisterin Halsema bei Pressekonferenz nach pogromartigen Hetzjagden auf Israelis in ihrer Stadt
Amsterdamer Bürgermeisterin Halsema bei Pressekonferenz nach pogromartigen Hetzjagden auf Israelis in ihrer Stadt (© Imago Images / ANP)

Die 180-Grad-Wende der Bürgermeisterin in Bezug auf die Gewalt in ihrer Stadt spricht Bände darüber, wie europäische Politik Antisemitismus ermöglicht.

Ben Cohen

Im Arsenal des Antisemiten ist die Leugnung eine Schlüsselwaffe. Sechs Millionen Juden wurden während des Holocaust vernichtet? Das ist nie passiert. Die Sowjetunion verfolgte ihre jüdische Bevölkerung im Namen des Antizionismus? Das ist bloß zionistische Propaganda. Während des Massakers in Israel am 7. Oktober 2023 waren Vergewaltigung und Verstümmelung weit verbreitet? Was für eine Verleumdung des edlen Widerstands der Hamas. Und so weiter und so fort …

Es ist also keine Überraschung, dass die Bürgermeisterin von Amsterdam, Femke Halsema, nun öffentlich bedauert, das Wort »Pogrom« in ihrer Zusammenfassung der schockierenden antisemitischen Gewalt verwendet zu haben, die vor zwei Wochen nach dem Fußballspiel zwischen dem Lokalmatador Ajax und der Gastmannschaft von Maccabi Tel Aviv von arabischen und muslimischen Gangs in der niederländischen Stadt entfesselt worden war.

Einen Tag nach den Hetzjagden bemerkte Halsema: »Jungs auf Motorrollern durchkreuzten die Stadt auf der Suche nach israelischen Fußballfans. Es waren Hit-and-Run-Angriffe und ich verstehe sehr gut, dass dies Erinnerungen an Pogrome weckt.«

Sie hätte auch erwähnen können (tat es aber nicht), dass die niederländischen Behörden Warnungen aus Israel ignoriert hatten, was ein massives Versagen der Polizei dokumentiert; dass die Gewalt im Voraus in privaten Threads auf Social-Media-Plattformen geschürt worden war; dass Ajax-Anhänger nicht an den Angriffen beteiligt waren, was die Behauptung untergräbt, das Geschehene sei lediglich eine weitere Episode in der langen Geschichte der Gewalt zwischen Fußballfans gewesen; und dass die an den Angriffen beteiligten »Jungs« überwiegend Jugendliche mit marokkanischem oder anderem nahöstlichem oder nordafrikanischem Hintergrund waren, die ihren Opfern genüsslich erzählten, dass ihre Handlungen von dem Wunsch motiviert waren, »Palästina zu befreien«.

Aber zumindest hatte Halsema das Wesen der Gewalt verstanden. So dachte man zumindest.

Halsema rudert zurück

Ein paar Tage später jedoch nahm sie ihre ersten Kommentare zurück. »Ich muss sagen, dass ich in den darauffolgenden Tagen gesehen habe, wie das Wort ›Pogrom‹ sehr politisiert und tatsächlich zu Propaganda wurde«, erklärte sie in einem Interview mit niederländischen Medien. »Die israelische Regierung spricht von einem palästinensischen Pogrom in den Straßen von Amsterdam. In Den Haag wird das Wort Pogrom hauptsächlich zur Diskriminierung marokkanischer Amsterdamer, Muslime, verwendet. So habe ich das nicht gemeint. Und so wollte ich das auch nicht.«

Halsemas Unbehagen bedeutet natürlich nicht, dass das, was in Amsterdam geschah, kein Pogrom war. Die Amsterdamer Bürgermeisterin spricht auch nicht für die gesamte politische Klasse in den Niederlanden. Sowohl die Mitte-Rechts-Partei VVD als auch die noch weiter rechts stehende PVV bezeichnen die Gewalt beispielsweise weiterhin als Pogrom und schlugen strenge Maßnahmen vor, um weiteren Ausschreitungen gegen lokale Juden und israelische Besucher entgegenzuwirken.

Beide Parteien forderten ein hartes Durchgreifen bei der Finanzierung von Moscheen durch Länder wie die Türkei und Saudi-Arabien, die den Islamismus fördern. Darüber hinaus forderten sie die niederländische Politik auf, dem deutschen Beispiel zu folgen und Personen, die wegen Antisemitismus verurteilt wurden, die Staatsbürgerschaft zu verweigern oder zu entziehen.

Die 180-Grad-Wende der Amsterdamer Bürgermeisterin spricht jedoch Bände darüber, wie die Linke in Europa Antisemitismus ermöglicht, indem sie leugnet, dass es sich um ein ernstes Problem handelt.

Zunächst einmal weigert man sich, jeden Vorfall in seinem historischen Kontext zu betrachten, was es umso einfacher macht, gewalttätige Ausschreitungen als Anomalie darzustellen. Wenn man nur Halsema zuhört, würde man nie erfahren, dass dem Amsterdamer Pogrom eine gewalttätige Demonstration bei der Eröffnung des Nationalen Holocaust-Museums im März vorausging, bei der mit Palästinenserfahnen und Kufiyas maskierte Pro-Hamas-Demonstranten Feuerwerkskörper und Eier warfen, um gegen die Anwesenheit des israelischen Präsidenten Isaac Herzog zu protestieren.

Festzustellen ist allerdings die Tatsache, dass Halsema Angst davor hat, als »islamophob« abgestempelt zu werden, würde sie solche Zusammenhänge erwähnen. Das erklärt auch ihr Flehen um Verständnis für eine Gruppe marokkanischer Schläger, die nicht nur Israel, sondern auch das Land verachten, das ihnen eine Zuflucht mit Wohnraum, Bildung und vielen anderen Vorteilen geboten hat.

Linker und rechter Judenhass

Von Juden wird nicht nur erwartet, all diese Beleidigungen hinzunehmen, sondern sie werden dann auch noch von nichtjüdischen linken Politikern – oft unterstützt von antizionistischen Alibijuden – belehrt, kein Recht zu haben, die gegen sie gerichtete Gewalt in den Kontext der jahrhundertelangen jüdischen Verfolgung zu stellen. Was in Amsterdam geschah, so will man uns glauben machen, war anders, weil es nicht durch Judenhass motiviert war, sondern durch eine rechtschaffene Ablehnung der israelischen Politik.

Deshalb wird das Verhalten einiger Maccabi-Fans in die Gleichung einbezogen. Ein Video, das Fans zeigt, die in eine U-Bahn steigen und dabei »Fuck the Arabs« rufen, verbreitete sich wie ein Lauffeuer auf Social-Media-Plattformen, zusammen mit Berichten, dass palästinensische Flaggen, die einige Privathäuser schmückten, heruntergerissen worden waren. Ich heiße diese Handlungen nicht gut, auch wenn ich als Jude die Gefühle, die sie motivierten, verstehen und nachempfinden kann – aber ich halte sie auch für diesen Fall im Wesentlichen irrelevant.

Die Vorausplanung des Pogroms, gepaart mit der traurigen Bilanz der Pro-Hamas-Demonstrationen im vergangenen Jahr in den Niederlanden, beweist, dass die Maccabi-Fans auch dann verfolgt und angegriffen worden wären, wäre ihr Verhalten tadellos gewesen. Darüber hinaus sind gewalttätige Angriffe rechtlich und moralisch in einer anderen Liga als Akte von fahnenschändendem Vandalismus oder das Singen geschmackloser antiarabischer Lieder. Es gibt keine Gleichsetzung zwischen diesen Taten und sollte auch keine geben.

Das Pogrom in Amsterdam unterstreicht, dass die extremen Linken und die radikalen Elemente der nationalistischen Rechten in ihrer Haltung gegenüber Juden nun einer Meinung sind. Für die Linken sind »jüdische Privilegien« der Feind, und für die Rechten ist es der »jüdische Suprematismus«. Beide Begriffe haben dieselbe Bedeutung, werden aber in einer Sprache ausgedrückt, die darauf abzielt, die Vorurteile ihrer jeweiligen Anhänger anzusprechen.

Für die Linke werden Vorwürfe des Antisemitismus als Abwehrreaktion von Juden abgetan, die ihr »Privileg« ausüben und fälschlicherweise den Opferstatus einnehmen wollen, während der »koloniale« Staat, mit dem sie sich identifizieren, die »indigenen« Einwohner Palästinas verfolge. Für die Rechte sind Vorwürfe des Antisemitismus eine Taktik, um die Tatsache zu verschleiern, dass Juden sich allen anderen überlegen fühlten. Übersetzt vermitteln beide dieselbe Botschaft: »Die Gewalt, die ihr erfahrt, ist Gewalt, die ihr selbst über euch bringt.«

Zu ihrer ewigen Schande verbreitet Femke Halsema nun auch diese schädliche Vorstellung, während sie einer Stadt vorsteht, in der sich kein Jude mehr sicher fühlen kann, weniger als ein Jahrhundert nachdem ihre Vorfahren von den deutschen Besatzern zusammengetrieben und deportiert wurden. Sie sollte zurücktreten.

Ben Cohen ist ein in New York lebender Journalist und Autor, der eine wöchentliche Kolumne über jüdische und internationale Angelegenheiten für Jewish News Syndicate schreibt. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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