Laut Amnesty International bricht die Ukraine das humanitäre Völkerrecht. Warum versteht es die Norm im Fall von Israel komplett anders?
In einer vielbeachteten Stellungnahme warf die Menschenrechtsorganisation Amnesty International der Ukraine vor, das humanitäre Völkerrecht zu brechen. Indem die ukrainische Armee Stützpunkte in Wohngebieten errichte und von dort Angriffe ausführe, gefährde sie das Leben der Zivilisten. Agnès Callamard, die Generalsekretärin von Amnesty International, sagte dazu: »Wir sehen hier ein Muster, mit dem die ukrainischen Truppen bei ihren Einsätzen aus Wohngebieten heraus die Zivilbevölkerung in Gefahr bringen und das Kriegsrecht verletzen.«
In der Pressemeldung heißt es:
»Solche Taktiken verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und gefährden das Leben von Zivilpersonen, da dadurch zivile Objekte als militärische Ziele ins Fadenkreuz geraten. Bei darauffolgenden russischen Angriffen auf diese Wohngebiete wurden Zivilpersonen getötet und zivile Infrastruktur zerstört.«
Wie der Blog Elder of Ziyon, ein unermüdlicher Kritiker der antiisraelischen Obsession von Amnesty International, anmerkt, unterscheiden sich diese Stellungannahmen markant von dem, was die Organisation im Fall von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen stets von sich gibt:
»Soweit ich das beurteilen kann, hat Amnesty nie etwas Ähnliches dazu gesagt, dass die Hamas ihre Raketen, Tunnel, Kommando- und Kontrollzentren und Munitionsdepots absichtlich in oder unter Wohngebieten platziert. Sie sagen zwar, dass die Hamas dies nicht tun sollte, aber sie machen nie die (zutreffende) Behauptung, dass die Platzierung militärischer Objekte in zivilen Gebieten die Gebiete selbst zu militärischen Zielen macht.
In Berichten über Afghanistan, Syrien, Jugoslawien und andere Orte betont Amnesty International mehrfach, dass zivile Gebiete dem Kriegsrecht zufolge zu »legitimen militärischen Zielen« werden, wenn militärische Objekte oder Truppen dort platziert werden.
In den unzähligen Äußerungen von Amnesty International zum Gazastreifen hat der Blog im Gegensatz dazu nur eine einzige Stelle gefunden, an der in einem solchen Kontext von legitimen militärischen Zielen die Rede ist – und hier wird das exakte Gegenteil behauptet. In einem Bericht von 2009 heißt es:
»Die Kämpfer beider Seiten dürfen keine Angriffe von zivilen Gebieten aus durchführen. Wenn sie jedoch hinter einem zivilen Haus oder Gebäude in Deckung gehen, um zu schießen, macht dies dieses Gebäude und seine zivilen Bewohner nicht zu einem legitimen militärischen Ziel. Solche Angriffe sind ungesetzlich.« [Hervorhebung hinzugefügt]
Was überall anders auf der Welt die Norm ist, gilt für Amnesty International nicht, sobald es um Israel geht. Hier soll plötzlich das Gegenteil zutreffen – und dient als Grundlage dafür, Israels Kriegsverbrechen vorzuwerfen.
Die Organisation erfüllt damit präzise eines der drei Kriterien des sogenannten 3-D-Tests zur Identifizierung von israelfeindlichem Antisemitismus: Sie misst Israels Handeln – und nur das des jüdischen Staats – mit völlig anderen, ja geradezu entgegengesetzten Maßstäben als das Handeln anderer Länder.