Von Florian Markl
So ergab eine Umfrage des renommierten Pew Research Center vor zwei Wochen, dass 48 Prozent der Amerikaner das Wiener Abkommen ablehnen, während es von nur 38 Prozent unterstützt wird. 38 Prozent glauben überhaupt nicht, weitere 35 Prozent kaum, dass die iranische Führung sich an ihre aus dem Deal erwachsenden Verpflichtungen halten werde.
Eine am Montag veröffentlichte Umfrage der Quinnipiac University förderte noch schlechtere Nachrichten für die Obama-Administration zutage. Auf die einfache Frage: „Do you support or oppose the nuclear deal with Iran?” brachten 57 Prozent ihre Ablehnung des Abkommens zum Ausdruck, nur 28 Prozent unterstützten den von ihrer Regierung so heftig beworbenen Deal. Dass unter deklarierten Republikanern geschlagene 86 Prozent das Abkommen ablehnen, mag vielleicht nicht als große Überraschung gewertet werden. Aber auch unter den unabhängigen Wählern ist das Verhältnis zwischen Ablehnung und Unterstützung mit 55 zu 29 Prozent recht eindeutig. Und selbst unter den demokratischen Parteigängern Obamas lehnt rund ein Drittel das Abkommen ab, während die Unterstützer mit 52 Prozent nur eine knappe Mehrheit bilden.
Die Antworten auf die Frage „Do you think the nuclear deal with Iran would make the world safer or less safe?“ ergaben ein ähnliches Bild: Nur 30 Prozent glauben den Beteuerungen der Obama-Administration, dass die Welt mit dem Abschluss des Wiener Abkommens sicherer geworden sei. 58 Prozent waren dagegen der Ansicht, der Deal habe die Welt unsicherer gemacht – eine Sicht, die wiederrum immerhin von einem Drittel der deklarierten Demokraten geteilt wurde.
Die Stimmungslage, die in diesen Umfragen Ausdruck findet, dürfte ein politisches Novum darstellen: Gab es jemals zuvor eine vergleichbare Situation, in der eine US-Administration ein Abkommen aushandelt, das ihren Behauptungen zufolge von welthistorischer Bedeutung sei, die Verbreitung von Nuklearwaffen verhindere und das Risiko eines erneuten Krieges im Nahen Osten reduziere – und dafür von einer Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung bereits zu Beginn der bevorstehenden, mehrwöchigen öffentlichen Debatte Ablehnung erntet?
Für österreichische Medien wäre es höchste Zeit, nicht länger unkritisch die Behauptungen jener Akteure wiederzugeben, die als Hauptverantwortliche für den Wiener Deal selbstverständlich großes Interesse daran haben, diesen in besonders rosigem Licht zu zeichnen, sondern jenseits von Demagogie und Polemik die Pros und Contras des Abkommens zu diskutieren.
Vor allem aber sollten sie es unterlassen, eine vernünftige Debatte durch Anspielungen auf Ressentiments zu ersetzen – wie Spang, der amerikanische Abgeordnete, die der Obama-Administration die Gefolgschaft verweigern, als Leute „mit jüdischem Hintergrund“ darstellte, die durch eine „25 Millionen Dollar schwere Kampagne“ der „Pro-Israel-Lobby Aipac … weichgekocht werden sollen.“ (Ebd.) Wie die Herausgeber des Tablet-Mag in einer aktuellen Erklärung betonen: Die Mobilisierung antijüdischer Ressentiments zur Verteidigung des Iran-Deals stellt eine inakzeptable Grenzüberschreitung dar. Einwände gegen das Wiener Abkommen mögen berechtigt sein oder nicht, die Anspielung auf den religiösen oder ethnischen Hintergrund seiner Kritiker hat in der Debatte nichts verloren.