Moskau erlaubte Waffenlieferungen an die Hisbollah

Der russische Präsident Putin und sein syrischer Amtskollege Assad
Der russische Präsident Putin und sein syrischer Amtskollege Assad (Quelle: JNS)

Obwohl Russland daran interessiert ist, die iranische Präsenz in Syrien einzuschränken, hat es laut einem neuen Bericht zugelassen, dass Syrien und der Iran Waffen aus russischer Produktion an die Hisbollah im Libanon lieferten.

Yaakov Lappin

Russland hat wahrscheinlich ein Auge zugedrückt, als Syrien und der Iran Waffen aus russischer Produktion an die Hisbollah im Libanon lieferten, so ein neuer Bericht eines israelischen Verteidigungsforschungszentrums.

Tal Be’eri, Leiter der Forschungsabteilung des Alma-Zentrums, das den Bericht veröffentlicht hat, erklärte am Dienstag gegenüber dem Jewish News Syndicate, Russland und Israel hätten zwar ein gemeinsames Interesse daran, die iranischen Übernahmepläne für Syrien einzuschränken, dieses habe jedoch erhebliche Spannungen zwischen Moskau und Jerusalem nicht verhindert und schließe ein künftiges taktisches, punktuelles militärisches Aufeinandertreffen nicht aus.

Wenn Russland Jerusalem seinen Unmut über Israels »Grauzonen«-Kampagne gegen iranische Ziele übermitteln möchte, von der Russland befürchtet, sie könne Syrien destabilisieren, hat es unter anderem »wahrscheinlich ein Auge zugedrückt, als fortschrittliche Waffen aus russischer Produktion von Syrien in die Waffendepots der Hisbollah im Libanon gebracht wurden. Wenn die Russen über israelische Aktionen unzufrieden sind, haben sie auf diese Weise reagiert«, so der ehemalige Major.

Entweder ermöglichen der Iran oder das syrische Regime unter Baschar al-Assad solche Transfers, oder beide arbeiten miteinander zusammen.

»Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Russen die Weitergabe russischer Boden-Luft-Raketenabwehrsysteme an die Hisbollah ermöglicht haben, wie die SA-8, SA-17 und SA-22 sowie den [fortschrittlichen Anti-Schiffs-Marschflugkörper] Yakhont.«

Die Yakhont-Raketen stellen eine erhebliche Bedrohung dar und gelten als die weltweit modernsten Waffen ihrer Kategorie. Sie fliegen in geringer Höhe und können Geschwindigkeiten von Mach 2 bis Mach 3 erreichen (bis zum Dreifachen der Schallgeschwindigkeit, was sie zu Überschallraketen macht).

»Ich bezweifle, dass die Russen dies nicht gewollt haben. Es sind alles moderne russische Waffen, die syrisches Territorium erreicht haben, bevor sie im Libanon ankamen.«

Könnten Assad und die Iraner dies unabhängig voneinander tun? »Das ist unwahrscheinlich«, erklärte Tal Be’eri, »das ist eine ihrer Vergeltungstaktiken gegenüber Israel«.

Eine andere Möglichkeit für Russland, Vergeltung an Israel zu üben, ist die direkte Übergabe moderner Luftabwehrsysteme an Syrien, wie es Moskau nach dem Abschuss eines russischen Aufklärungsflugzeugs am 17. September 2018 durch syrische Luftabwehrraketen getan hat, die auf israelische Flugzeuge gerichtet waren. Fünfzehn russische Militärangehörige wurden bei diesem Vorfall getötet.

Infolgedessen, so Be’eri, habe Russland die Kontrolle über eine in Syrien stationierte S-300-Flugabwehrbatterie an Assads Armee übertragen, was eine neue Herausforderung für die israelische Luftwaffe darstelle, die Jerusalem jedoch bewältigen könne. Und dies, obwohl Israel Russland zuvor gebeten hatte, das System den Syrern nicht zu überlassen.

Die Übergabe der S-300-Batterien, die sich jetzt im Gebiet von Masyaf im Nordwesten des Landes befinden, stelle eine gefährliche russische Botschaft dar und sei eine »Strafe gegen Israel«, wie es in dem Bericht von Alma heißt.

»Die Übergabe dieser Batterien an die Syrer ermöglichte den direkten Einsatz moderner Waffen gegen die israelische Luftwaffe. Dadurch machten die Russen die Lage für Israel noch schwieriger und herausfordernder.

Dies könnte Israel gezwungen haben, seinen Kurs in Bezug auf Angriffstaktiken und Verteidigungsmaßnahmen einer angreifenden Streitkraft und den Umgang mit einem raketensicheren bzw. raketengeschädigten Gebiet zu ändern. Mit der Übergabe der S-300 hat sich die Bandbreite der Bedrohung durch die Raketen der syrischen Verteidigungsstreitkräfte erhöht.«

Ein zusätzliches Signal für die russische Verärgerung könnte darin bestehen, dass Russland detaillierte Informationen über Angriffe an die in Syrien operierende iranische Achse weitergibt, so Be’eri, und auch operative Details über Israels angebliche Angriffe öffentlich macht.

In der Vergangenheit und erst im April hat Russland Informationen über die Art der angreifenden israelischen Flugzeuge, ihre Anzahl, die Richtung der Angriffe, die Anzahl der abgefangenen Raketen und gelegentlich auch über die Art der von Israel verwendeten Raketen veröffentlicht. So heißt es in dem Bericht von Alma:

»Der Zweck der russischen Veröffentlichung war, eine Botschaft der Unzufriedenheit mit den israelischen Aktivitäten in Syrien im Besonderen und manchmal auch mit der israelischen Politik im Allgemeinen zu senden.

Der letzte Fall einer solchen Veröffentlichung war am 16. April, als die Russen die Details eines Luftangriffs veröffentlichten, der am 14. April westlich von Damaskus stattgefunden hatte. Der Zweck dieser Veröffentlichung kann mit der Botschaft in Verbindung gebracht werden, die die Russen Israel im Zusammenhang mit ihrer Missbilligung der israelischen Politik in Bezug auf den Krieg in der Ukraine vermitteln wollten.«

Unklarheiten über Kräfteausmaß

Obwohl Russland einige Einheiten, die sich in Syrien befanden, in die Ukraine verlegt hat, betonte der Bericht, dass Russland die syrische »Arena« nicht aufgeben werde, »die es als eine strategische betrachtet«, da dies ein Vakuum schaffen würde, das schnell von der radikalen iranischen Achse gefüllt werden könnte.

»Vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine bestand die russische Streitmacht in Syrien aus rund 10.000 Soldaten auf zwölf Stützpunkten«, heißt es in dem Bericht. Die beiden wichtigsten sind der Luftwaffenstützpunkt Hmeimim und der Marinestützpunkt Tartus, den Russland für fünfzig Jahre von Damaskus gepachtet hat.

Der Bericht enthält ein detailliertes militärisches Inventar, in dem Dutzende von russischen Kampfjets, Bombern, Kampfhubschraubern, Transport- und Aufklärungsflugzeugen aufgeführt sind, die in Syrien eingesetzt werden.

»Bislang ist unklar, ob Russland angesichts des Kriegs in der Ukraine die Zahl seiner Truppen in Syrien erheblich reduziert hat. Es ist klar, dass Truppen in die Ukraine verlegt wurden, nicht jedoch deren Umfang.«

Letztendlich, so Be’eri, habe Russland Syrien immer als strategischen Vorposten im Nahen Osten betrachtet. Auch heute ist ein direkter russisch-israelischer Zusammenstoß am Himmel über Syrien nicht auszuschließen. Ein Szenario, in dem eine in Nordsyrien stationierte russische Luftabwehrbatterie ein Flugzeug der israelischen Luftwaffe bei einem Angriff erfasst, ist denkbar.

»In einem solchen Szenario, dessen Wahrscheinlichkeit wir als gering bis mäßig einschätzen, wird die russische Batterie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht feuern. Im Rahmen des Risikomanagements muss Israel jedoch von solch einer Möglichkeit ausgehen.

Dabei hängt die israelische Reaktion von der Strategie, dem Endergebnis (ob das israelische Flugzeug getroffen wurde oder nicht) und dem Verhalten des [russisch-israelischen] Koordinierungsmechanismus ab.«

In dem Bericht heißt es weiter: »Ein Szenario, in dem in Syrien stationierte russische Luftwaffenflugzeuge gegen israelische vorgehen, ist nach unserer Einschätzung gering bis sehr gering. Sollte ein solches Szenario jedoch eintreten, hätten es die Russen mit einer Technologie und Piloten zu tun, mit denen sie bisher nicht konfrontiert waren.« Be’eri resümiert:

»Israel ist eine Regionalmacht, und es gibt Elemente in Syrien, die seine Sicherheit bedrohen. Folglich muss es Israel sein, das die Spielregeln festlegt, und die Gastakteure in der Region müssen lernen, sich an diesen Regeln zu orientieren.«

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung: Alexander Gruber und Martina Paul.)

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