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Erdogan gegen Putschisten: Alles Demokraten natürlich

Von Thomas von der Osten-Sacken

Gestern Nacht fand ein Putschversuch von Teilen des Militärs in der Türkei statt, der, so sieht es zumindest heute Früh aus, kläglich gescheitert ist. Der Nahe Osten ist eben nicht mehr der alte Nahe Osten, das türkische Militär nicht mehr das Militär der 80er Jahre. Ganz im Gegenteil: Da wurde nicht von nationaler Würde geredet, von Sicherheit und Stabilität, nein, eigentlich gab es auf allen Seiten dieses Ereignisses nur Verteidiger und Freunde der Demokratie.

So erklärten die Putschisten im türkischen Fernsehen, ihnen ginge es um die Verteidigung der Demokratie und die Wiederherstellung von Meinungsfreiheit und Säkularismus. Nur fand sich keine einzige politische Partei in der ganzen Türkei, die diese Gruppe unterstützte, selbst die kemalsitische CHP und die prokurdische HDP beeilten sich, den Putsch zu verurteilen.

Und so konnte sich Präsident Tayyip Erdogan als der Oberdemokrat inszenieren, auf einer Message via Facetime, die in CNN Türk verlesen wurde, sein Volk zum Widerstand aufrufen und voller Zufriedenheit sehen, wie Zehntausende umgehend auf die Straßen strömten, wie der Taksim Platz – sonst Ort, an dem gegen ihn demonstriert wurde – sich mit „Allahu Akbar“ rufenden AKP-Anhängern füllte und wie sich noch jeder Imam plötzlich zum Verteidiger der demokratischen Ordnung aufschwingen konnte:

 

 

Umgehend machten dann auch Bilder von Anhängern Erdogans die Runde, die sich ganz heroisch vor Panzer stellten, um dem Militär die Stirn zu bieten:

 

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Was immer nun in der Türkei geschehen wird, und es wird nichts Gutes geschehen, es wird im Namen eines Sieges der Demokratie geschehen. Und überall können Mulsimbrüder und befreundete Islamisten für sich beanspruchen, in der Nacht vom 15. Juli 2016 hätten sie die, nämlich ihre Demokratie in der Türkei gerettet.

Und es würde einen nicht wundern, wenn bald in Moscheen Allah für diesen verpfuschten Putsch gedankt werden wird, weil der dem großen türkischen Präsidenten dieses Geschenk gemacht habe.

Und aus Europa, da kommen natürlich all die entsprechenden Statements, dass in der Türkei die Demokratie geschützt werden müsse:

„Officials of the EU – Donald Tusk, Jean-Claude Juncker and Federica Mogherini – issued a statement supporting the Turkish government: ‚Turkey is a key partner for the European Union. The EU fully supports the democratically elected government, the institutions of the country and the rule of law.‘ Steffen Seibert, spokesman for German chancellor Angela Merkel, said on Saturday morning: ‚The democratic order in Turkey must be respected. Everything needs to be done to protect human lives.‘

(Was es für Folgen gehabt hätte, hätten die Putschisten die Demokratie in der Türkei verteidigt, man weiß es nicht und wird es wohl nie wissen. Diese Meldung jedenfalls stammt von einem syrischen Bekannten: „My friends in Damascus informed me that the number of casualties due to Bashar’s supporters shooting in the air as a sign of happiness and support to the Turkish coup attempt has reached 5.“)

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