Angesichts einer Welle friedlicher Opposition, die durch das Anstreben einer fünften Amtsperiode des 82-jährigen ehemaligen Präsidenten ausgelöst worden war, sehen viele in der Ernennung Bensalahs eine Hinhaltetaktik, die darauf abzielt, Zeit für den eingespielten Kreis – den ‚Pouvoir‘ – militärischer, industrieller und mächtiger gewerkschaftlicher Funktionäre zu gewinnen, der sich um den Präsidenten herum gebildet hat. Da jeder Rückzieher und jedes Zugeständnis, das die Regierung bisher gemacht, nur weiterer Protest aufloderte, ist es jedoch unklar, ob die Ankündigung von Neuwahlen das Ausmaß der Unruhe in der Bevölkerung verringern können. Auf den Straßen war das Urteil über die Ernennung von Bensalah klar. In Algier kam es zu sporadischen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, bei denen Tränengas, Wasserkanonen eingesetzt wurden, während die Demonstranten kollektiv ‚friedlich, friedlich‘ riefen. In anderen Städten des Landes, fanden die Demonstrationen ohne Zwischenfälle statt, wobei viele Demonstranten gegenüber Al-Monitor auf die Gemeinsamkeiten verwiesen, die sie und die Sicherheitsdienste immer noch zusammenhielten. (…)
Unabhängig von den Zielen der Demonstranten werden sie zwangsläufig in eine Konfrontation mit dem unter Druck geratenen Pouvoir und den Machtstrukturen geraten, die seit der Unabhängigkeit Algeriens im Jahr 1962 das Sagen haben. Darüber hinaus gibt es mit jedem Tag des Protestes, an dem die Kosten der Unruhen in die Höhe getrieben werden, erste Anzeichen dafür, dass das Regime beginnt, zurückzuschlagen. (….) Wenn Demonstranten die Entlassung der ‚drei Bs‘ fordern – zu denen neben Bensalah auch Premierminister Noureddine Bedoui und der potenzielle Ersatz für den Interimspräsidenten, der Chef des Verfassungsrates Tayeb Belaiz, gehören – wird deutlich, dass das Fundament der algerischen Machtstruktur unter Beschuss ist.“ (Simon Speakman Cordall: „Protests drag on as Algerians demand real change“)