Das Land am Nil möchte seine wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Bürgerkriegsland Syrien langfristig verbessern. Um dies zu erreichen, entwickelte Ägypten eine rege Besuchs- und Gesprächsdiplomatie auf verschiedenen Ebenen.
Ägypten hat, neben den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und anderen arabischen Staaten, damit begonnen, die Möglichkeiten einer Annäherung an Syrien auszuloten. Der einst in den arabischen Hauptstädten geächtete syrische Präsident Bashar al-Assad scheint den elfjährigen Krieg in seinem Land erfolgreich ausgesessen zu haben, während immer mehr Länder versuchen, ein arabisches Gegengewicht zum iranischen Einfluss in Damaskus zu schaffen.
Die USA sind – zumindest bislang noch – gegen jede Aussöhnung mit der syrischen Regierung. Nicht zuletzt deshalb versucht Ägypten die Annäherung an Syrien indirekt zu gestalten, indem es etwa Erdgas an den krisengeschüttelten Libanon liefern möchte, das jedoch über Syrien geleitet werden müsste. Dafür müsste Ägypten bei den USA um eine Ausnahmeregelung ansuchen, um die eigentlich gegen Syrien verhängten Sanktionen umgehen zu können.
Nun versucht Ägypten auch über den Gewerkschaftssektor Verbindungen mit Damaskus herzustellen. So haben in den letzten Monaten mehrere Gewerkschaftsdelegationen aus Syrien den nordafrikanischen Staat besucht. Bei diesen Gesprächen wurden einige Absichtserklärungen für eine zukünftige Zusammenarbeit unterzeichnet.
So erklärte etwa der Vorsitzende des ägyptischen Medien-, Presse- und Druckerverbands, Magdi al-Badawi, in einer Presseaussendung vom 24. Dezember letzten Jahres, dass »die syrischen Arbeiter die volle Unterstützung der ägyptischen Arbeiter genießen, was die Herausforderungen durch eine ungerechte ökonomische Belagerung, durch Terrorismus und Angriffe auf syrisches Gebiet sowie durch die Corona-Pandemie betrifft«.
Bereits am 11. November hatte der Vorsitzende des ägyptischen Verbands für Seetransporte, Hussam al-Din Mustapha, anlässlich des Besuchs einer syrischen Delegation betont, »dass die Verbindungen mit syrischen Gewerkschaften unter keinen politischen Umständen aufgehört haben zu bestehen und es auch niemals tun werden«.
Schon in der Vergangenheit waren ägyptische Delegationen nach Damaskus gereist. So traf sich der Vorsitzende des Ingenieurverbands, Hani Dahi, im Dezember 2021 mit dem syrischen Präsidenten Assad, um eine Zusammenarbeit sowie Wiederaufbaupläne für Syrien zu diskutieren. Bereits im Juli war der Vizevorsitzende des ägyptischen Gewerkschaftsverbands, Khaled al-Feki, in Damaskus eingetroffen, um sich mit seinem syrischen Amtskollegen zu treffen.
Und auch auf diplomatischer Ebene hat Ägypten bereist mehrere Schritte unternommen, um die Beziehungen zu Syrien wiederherzustellen. Am 24. September 2021 bestätigte das Büro von Ägyptens Außenminister Sameh Shoukry ein Treffen mit seinem syrischen Amtskollegen Faisal Mekdad. In einem im Fernsehen übertragenen Statement betonte Shoukry am 2. Oktober, Ägypten möchte aktiv dabei mithelfen, »dass Syrien seine Stellung für die arabische nationale Sicherheit wiedererhält«.
Kurz darauf nahm der Vorsitzende der Direktion für allgemeine Sicherheit, des wichtigsten zivilen Nachrichtendienstes in Syrien, Hossam Louka, am Arab Intelligence Forum in Kairo teil, bei dem auch Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi zu Gast war. Im Dezember traf schließlich der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsbüros von Assads Baath-Partei bei einem offiziellen Besuch mit dem Vizevorsitzenden der ägyptischen Staatssicherheit, Khaled Fawzy, zusammen.
Gegenüber Al-Monitor betonte der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kairo, Tarik Fahmy, den offiziellen Charakter dieser Aktivitäten:
»Die ägyptische Regierungen gab den Gewerkschaften grünes Licht dafür, eine Wiederannäherung an ihre syrischen Kollegen zu suchen. Diese Wiederannäherung und die gegenseitigen Besuche – insbesondere in wirtschaftlichen und den Handel betreffenden Belangen – spiegeln die ökonomische Wiederannäherung der beiden Länder wider.
Ägypten will die vollen Beziehungen mit Syrien wiederherstellen, sei es auf wirtschaftlicher, geheimdienstlicher oder politischer Ebene. Ganz zu schweigen von den Bemühungen Jordaniens, Ägyptens und der Vereinigten Arabischen Emirate, Syrien in den arabischen Schoß zurückkehren zu lassen und trotz des Widerstands einiger Länder, darunter Saudi-Arabien und Katar, wirtschaftlich zu unterstützen.«