PA-Präsident Mahmud Abbas will in den Gazastreifen reisen. Als die Hamas dort noch die Macht hatte, hat er sich das nicht getraut.
Mitte Juli reiste Mahmud Abbas, der sich mittlerweile im 20. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit als Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde befindet, in die Türkei und hielt im Parlament in Ankara eine Rede. Wie der Standard berichtete, gab er dort Altbekanntes zum Besten: »Abbas verurteilte den ›Völkermord‹ Israels in Gaza, beschwor eine Zukunft ohne Besatzung und dankte den türkischen Parteien und der gesamten Bevölkerung für ihre Solidarität mit dem Kampf der Palästinenser.«
Rechte Begeisterung rief Abbas‘ Rede anfänglich nicht hervor, und das aus einem einfachen Grund: Die von ihm gepriesen Solidarität der Türkei unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seiner AKP mag im Allgemeinen den Palästinensern gelten, im Besonderen ist es aber die Hamas, die sich der Unterstützung durch die regierenden türkischen Islamisten sicher sein kann und deren Vertreter im türkischen Parlament mit frenetischem Applaus wie Stargäste empfangen wurden.
Reise nach Gaza
Wirklich Stimmung soll bei der Rede von Abbas in Ankara erst aufgekommen sein, als er gegen Schluss sagte: »Vor aller Welt verkündige ich hiermit, dass ich mit der Führung der palästinensischen Brüder nach Gaza reisen werde.«
Die Ankündigung ist insofern bemerkenswert, als Abbas seit 2007 nicht mehr im Gazastreifen war, genauer gesagt: seit die Hamas in einem kurzen Krieg gegen die Fatah von Abbas die alleinige Macht an sich riss. Siebzehn Jahre zog die »Führung der palästinensischen Brüder« aus den Reihen der Fatah es also vor, dem Gazastreifen fernzubleiben, weil sie nicht riskieren wollte, dort so zu enden, wie die bedauernswerten Fatah-Kameraden 2007, die von der Hamas misshandelt, erschossen oder von Hausdächern geworfen wurden.
Deshalb entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn Abbas sich jetzt einem Brief an Israel mit der Bitte wendet, ihm einen Besuch im Gazastreifen zu ermöglichen. »Ich werde gehen, auch wenn der Preis dafür mein Leben ist«, hatte vor einem Monat im türkischen Parlament verkündet. »Mein Leben, unser Leben, ist nicht wertvoller als das Leben eines Kindes, das in Gaza gestorben ist.«
Aber sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit scheinen ihm dann doch wichtig genug gewesen zu sein, um mit einem Besuch Gazas so lange zu warten, bis die Hamas durch Israel nachhaltig dezimiert und der Gazastreifen weitgehend unter israelische Kontrolle gebracht wurde. Die Lage vor Ort scheint ihm offenbar jetzt, da Israel dort seinen Worten zufolge einen »Völkermord« begeht, allemal sicherer zu sein als in den letzten 17 Jahren, in denen die Hamas im Gazastreifen das Sagen hatte.