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Portraits toter Kinder von Gaza in der “New York Times” voller Ungereimtheiten

Mindestens eines der Bilder vom Cover der New York Times ist nachweislich falsch
Mindestens eines der Bilder vom Cover der New York Times ist nachweislich falsch (Quelle: Twitter)

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Bei ihrer Titelstory, in der sie die 69 während des Hamas-Raketenterrors umgekommenen Kinder porträtiert, hat die New York Times grundlegende journalistische Standards nicht eingehalten.

Robert Satloff, Times of Israel

Auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 26. Mai 2021 brachte die New York Times (NYT) eine eindringliche und bewegende Reportage mit dem Titel „They Were Only Children“ („Sie waren nur Kinder“). Die Titelseite zeigte Miniaturfotos von Kindern, von denen die NYT behauptet, dass sie die 69 Jugendlichen unter 18 Jahren – 67 Palästinenser und zwei Israelis (eine Araberin und ein Jude) – darstellen, die in dem 11-tägigen Konflikt zwischen Israel und den palästinensischen Terrorgruppen Hamas und Palästinensischer Islamischer Dschihad (PIJ) getötet worden seien. (…)

Ein grundlegender Mangel von „They Were Only Children“ ist, dass der Artikel darüber schweigt, welche Rolle die den Gazastreifen kontrollierende Hamas bei der Recherche und damit beim Zustandekommen der Geschichte spielte – sei es direkt, sei es indirekt über die zitierten Quellen.

Insbesondere haben die Leser ein Recht darauf zu erfahren, ob die zitierten „palästinensischen Beamten“, die als Quellen für die „Identität der getöteten Kinder, ihre Fotos und die Informationen über die Umstände ihres Todes“ genannt werden, Hamas-Funktionäre, -Mitglieder oder -Sympathisanten waren.

Die Leser haben ein Recht darauf zu erfahren, ob die Reporter nach Gaza gereist sind und Familienmitglieder persönlich interviewt haben; ob sie die Orte inspiziert haben, an denen die Kinder angeblich gestorben sind; ob sie die Behauptungen über die mangelnde Präzision der israelischen Luftschläge überprüft haben, aufgrund derer die NYT-Artikel Israel wiederholt die Verantwortung für die toten Kinder zuschreibt; und ob Hamas-Unterstützer bei der Recherche eine Rolle gespielt haben und wenn ja welche.

Falls keine NYT-Reporter vor Ort waren, haben die Leser ein Recht darauf zu erfahren, woher die Berichterstattung aus zweiter Hand kam, ob von lokalen Informanten und Online-Interviews; und ob Hamas-Unterstützer eine Rolle dabei gespielt haben und wenn ja, welche. Der Verweis auf „palästinensische Beamte“ als Quellen für solch einen Artikel ist für eine Zeitung völlig unzureichend, die vorgibt, die führende Zeitung der Welt zu sein.

Die Beschaffung von Fotos ist hierbei eine besonders heikle Angelegenheit. Tatsächlich identifizierte ein aufmerksamer Leser eines der in in der Fotostrecke verwendeten Bilder als Wiederabdruck eines Fotos, das seit Jahren im Internet kursiert. Es wurde inzwischen von der NYT durch eines ersetzt, das „von der Familie zur Verfügung gestellt“ worden sei, was Fragen über die Herkunft des Fotos aufwirft, das urspünglich in der Zeitung erschien.

„They Were Only Children“ enthält keine Hinweise darauf, dass eines der Opfer mit Aktivisten der Hamas oder des PIJ verwandt oder selbst Mitglied der Hamas oder des PIJ war. Es wird auch nicht erwähnt, ob Kinder in der Nähe von Hamas/PIJ-Raketen oder anderen Hamas/PIJ-Einrichtungen waren oder von der Hamas/PIJ als „menschliche Schutzschilde“ benutzt wurden. Dies ist keine Nebensächlichkeit: schließlich geht es hier um den Kern der Frage, wer für den Tod dieser Kinder verantwortlich ist, und ob Israel präzise – und daher legitim – in seiner Gewaltanwendung war. (…)

Bezeichnenderweise findet man solche Informationen anderswo, wie etwa in den Pressemitteilungen von Defense for Children International-Palestine (DCI-P), einer Organisation, die im NYT-Artikel als Quelle zitiert wird, obwohl sie Verbindungen zu einer palästinensischen Terrorgruppe zu haben scheint. Eine Pressemitteilung vom 11. Mai auf der DCI-P-Website, die den Tod des 15-jährigen Muhammad Saber Ibrahim Suleiman detailliert beschreibt, hält fest, dass „Mohammeds Vater nach Informationen, die von DCI-P gesammelt wurden, ein Kommandeur der Izz al-Din al-Qassam Brigaden war, dem bewaffneten Flügel der Hamas.“ Davon erfährt man in „They Were Only Children” nichts, wo sich nur Muhammads Foto findet. (…)

Man muss der NYT zugutehalten, dass sie am 30. Mai einen Artikel veröffentlichte, in dem sie darauf hinwies, dass mit Khaled al-Qanou eines der Kinder der Fotostrecke als Mitglied der radikal-islamistischen Terrorgruppe Mujahadeen Brigades identifiziert wurde. (…) Das wirft natürlich die Frage auf, ob eventuell auch andere der getöteten Jugendlichen Kämpfer waren. (…)

„They Were Only Children“ stellt fest, dass zwei der im Zuge des Konflikts ums Leben gekommenen palästinensischen Kinder „möglicherweise durch eine Hamas/PIJ-Rakete getötet wurden“ und nicht durch israelische Luftschläge. Tatsächlich deuten mehrere Quellen darauf hin, dass diese Zahl höher ist. Dieselbe DCI-P-Pressemitteilung vom 11. Mai, die oben zitiert wurde, lässt Zweifel am Tod sechs weiterer Kinder in Gaza aufkommen und stellt fest, dass sie nur 800 Meter vom Grenzzaun entfernt starben, während sowohl israelische Flugzeuge über ihnen flogen als auch Palästinenser in der Nähe „selbstgebaute Raketen auf Israel abfeuerten“. (…)

Trotz des durch die Aufnahme der beiden getöteten israelischen Kinder erzielten Anscheins von Ausgewogenheit ist „They Were Only Children“ ein zutiefst fehlerhafter Artikel, der ein verzerrtes, sensationslüsternes Bild des Gaza-Konflikts zeichnet. Er entspricht grundlegenden journalistischen Standards nicht, da er wesentliche Informationen nicht liefert: Informationen über die Bedingungen der Berichterstattung, über mögliche familiäre Verbindungen der Kinder zu Kämpfern, über die Nähe der Opfer zu legitimen militärischen Zielen und über andere wichtige Fakten bezüglich der Umstände vieler Todesfälle.

Die schleißige Diskussion der Quellenlage – darunter die Bezugnahme auf ungenannte „palästinensische Beamte“ im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen – macht die Berichterstattung grundsätzlich suspekt.

Trotz dieser Mängel hatten Autoren und Redakteure keine Skrupel, einen Verantwortlichen für die zahlreiche Todesfälle zu nennen, indem sie immer wieder eine Seite (Israel) für die Tötung dieser Kinder verantwortlich machten und offenbar nicht einmal nachfragten, ob lokale Akteure und Kämpfer einige der Opfer wissentlich in Gefahr brachten. Ohne diese Details erhalten die Leser ein verzerrtes und unvollständiges Bild davon, was in diesen elf schwierigen Tagen geschah.

(Aus dem Artikel What’s wrong with the NY Times’ report on children’s deaths? So much, der in der Times of Israel erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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