In den USA wächst der öffentliche Druck auf den niederländisch-britischen Lebensmittelkonzern Unilever, dem Treiben der Anti-Israel-Aktivisten im Vorstand des Eiscremeherstellers Ben & Jerry’s Einhalt zu gebieten.
Ben & Jerry’s, eine Unilever-Marke, hatte im Juli Schlagzeilen mit der verwirrenden Ankündigung gemacht, kein Eis mehr im „besetzten, palästinensischen Territorium“ verkaufen zu wollen, da dies nicht in „Einklang“ mit den „Werten“ des Unternehmens stehe. Gemeint war jegliches von Israel verwaltetes Gebiet jenseits der Waffenstillstandslinie von 1949, die Jerusalemer Altstadt samt dem jüdischen Viertel inbegriffen.
Es war zunächst unklar, wie Ben & Jerry’s seine Außenpolitik in der Praxis umsetzen und die Maßnahmen vor Ort überwachen will. Auch war der Schritt offenbar weder mit dem Mutterkonzern Unilever noch mit dem israelischen Franchisenehmer abgestimmt.
Weil die Boykottdrohung von Ben & Jerry’s möglicherweise gegen amerikanische Gesetze verstößt, bekommt der Unilever-Konzern nun Probleme in seinem größten Markt, den USA.
Brief aus zwölf Justizministerien
In einem von Eric Schmitt, dem Attorney General des Staates Missouri geschriebenen offenen Brief, der auf den 22. November 2021 datiert ist, wenden sich die Attorney Generals von zwölf US-Bundesstaaten an Unilever-Boss Alan Jope. Das Amt des Attorney General entspricht dem des Justizministers in Deutschland, mit dem Unterschied, dass der amerikanische Attorney General gleichzeitig auch Generalstaatsanwalt, also oberster Ankläger, ist. Der Attorney General wird in den US-Bundesstaaten direkt vom Volk gewählt.
Israel, heißt es in dem Brief, sei nicht nur „einer der engsten und verlässlichsten Verbündeten“ der Vereinigten Staaten, sondern auch die „einzige Demokratie in der Region!“ Darum hätten es die Bürger der Vereinigten Staaten über ihre demokratisch gewählten Vertreter zum Gesetz gemacht, dass jeder Versuch eines Konzerns, Israel insgesamt oder in Teilen zu boykottieren, mit dem Entzug staatlicher Investitionen gekontert werde.
Das Unternehmen Unilever versuche, sich seiner Verantwortung für die Boykottkampagne von Ben & Jerry’s dadurch zu entledigen, dass es behaupte, dieses sei „unabhängig“. Das sei „unglaubwürdig“ und werde schon durch einen Blick auf die Website von Ben & Jerry’s widerlegt, wo stehe, dass es sich um eine „hundertprozentige Unilever-Tochter“ handle.
Unilever, so der Brief weiter, mache Geschäfte mit Russland, China, Venezuela und sogar dem Iran, einem in den USA als „staatlicher Sponsor des Terrorismus“ eingestuften Regime und „eingeschworenen Feind des Staates Israel“, der auf dessen Vernichtung aus sei.
Unilever wird, „in Einklang mit den in den USA und den Bundesstaaten geltenden Gesetzen“, „respektvoll gedrängt“, seine Boykottaktivitäten gegen den Staat Israel einzustellen. Unterzeichnet ist der Brief von den Attorney General der Staaten Alabama, Arizona, Arkansas, Florida, Indiana, Kansas, Mississippi, Missouri, Oklahoma, Texas, Utah und West Virginia.
Republikaner und Demokraten vereint
Auch wenn die Unterzeichner des Briefes allesamt der republikanischen Partei angehören, gibt es keinen Zweifel daran, dass über das Thema Einigkeit beider Parteien herrscht. Das zeigen die Maßnahmen, die etwa der Staat New York ergriffen hat.
Tom DiNapoli, New Yorks State Comptroller und als solcher verantwortlich für den staatlichen Pensionsfonds, teilte Ende Oktober mit, als Reaktion auf die Boykottaktivitäten von Unilever Wertpapiere des Konzerns im Wert von 111 Millionen Dollar verkauft zu haben, die der staatliche Pensionsfonds bis dahin gehalten hatte. Auf Anfrage der New York Post ließ DiNapoli mitteilen:
„Nach einer gründlichen Prüfung wird der New York State Common Retirement Fund sich von seinen Anteilen an Unilever PLC trennen. Unsere Prüfung der Aktivitäten des Unternehmens und seiner Tochtergesellschaft Ben & Jerry’s kam zu dem Ergebnis, dass sie sich an BDS-Aktivitäten im Sinne der Definition unseres Pensionsfonds beteiligen.“
Der Staat New Jersey – wie New York von den Demokraten regiert – hat Unilever ein Ultimatum gestellt: Noch bis Mitte Dezember hat der Konzern Zeit, die Boykottdrohungen gegen Israel zurückzunehmen. Sollte das nicht geschehen, wird auch der Pensionsfonds von New Jersey sich von Unilever-Papieren trennen.
Texas, Arizona und Florida haben in den letzten Monaten ähnliche Schritte gegen Unilever unternommen oder angekündigt.
Plakatkampagne vor der Firmenzentrale
Auch NGOs machen Druck auf den Lebensmittelgiganten. In New Jersey klebt die Pro-Israel-Organisation StandWithUs (SWU) seit einigen Tagen Plakate, auf denen Unilever aufgefordert wird, sich von Anti-Israel-Kampagnen zu distanzieren.
Wie die New York Post berichtet, stehen auf den Werbetafeln – die unter anderem in der Nähe des dortigen Unilever-Hauptquartiers in Englewood Cliffs angebracht seien – Parolen wie „Don’t Let Ben & Jerry’s Melt Your Profits“ (etwa: „Lasst nicht zu, dass Ben & Jerry’s eure Gewinne dahinschmelzen lässt“) oder „Don’t Let Antisemitism Melt Your Brand“ („Lasst Antisemitismus nicht eure Marke schmelzen“).
Auf einem Bild sei eine Dose „Double Standard Fudge“-Eis mit dem Wort „Heuchler“ zu sehen, so das Blatt. Auf einer anderen Werbetafel stehe „Don’t Let Ben & Jerry’s Antisemitism Kill Your Profits“ – mit den Logos der Unilever-Marken Dove (Seife), Ben & Jerry’s, Lipton (Tee) und Axe (Körperpflege).
Die Werbetafeln enthalten zudem einen Hinweis auf die SWU-Website „corporatehate.com“. Die Seite listet Firmen auf, die laut StandWithUs „Corporate Antisemitism“ (etwa: „Unternehmensantisemitismus“) fördern, indem sie sich an der Boykottkampagne gegen den jüdischen Staat beteiligen.
Zahlt Ben & Jerry’s Geld an Terrorunterstützer?
Wie Yvette Schwerdt auf Mena-Watch berichtete, unterstehen Produktion und Vertrieb der Ben & Jerry’s-Eiscreme in Israel seit 35 Jahren – also so lange, wie es Ben & Jerry’s in Israel gibt – einem Unternehmer namens Avi Zinger. Der Franchise-Nehmer baute eine erfolgreiche Produktionsstätte und zwei ebenso erfolgreiche Einzelhandelsläden auf. Heute arbeiten 160 Angestellte für Ben & Jerry’s in Israel.
Seit Jahren steht Zinger unter Druck der US-Zentrale, die Eiscreme nicht jenseits der Waffenstillstandslinie von 1949 zu verkaufen. Diesem Druck wollte sich Zinger nicht beugen. Deshalb kündigte ihm der Vorstand von Ben & Jerry’s den Lizenzvertrag zu Ende 2022.
Im Vorstand von Ben & Jerry’s sitzt die Anti-Israel-Mäzenin Anuradha Mittal. Sie ist die Gründerin des Oakland Institute, das Israel in einer Artikel- und Fotoserie des Kolonialismus, der Apartheid und des Landraubs bezichtigt.
Die in Jerusalem ansässige Organisation NGO Monitor, deren Mission es ist, die Finanzierung von Anti-Israel-Organisationen und – so es der Fall ist – ihre Verbindungen zum Terrorismus öffentlich zu machen, schreibt auf ihrer Website, dass das Oakland Institute zwischen 2017 und 2019 124.000 US-Dollar von der Ben & Jerry’s Foundation erhalten habe, wovon 3.000 Dollar zur Weiterleitung an die NGO Badil Resource Center bestimmt gewesen seien.
Badil lehnt es erklärtermaßen ab, der Europäischen Union im Gegenzug für finanzielle Unterstützung in Millionenhöhe zu versichern, europäisches Geld nicht für die Unterstützung des Terrorismus zu verwenden.
Nach Informationen von NGO Monitor solidarisiert sich Badil immer wieder öffentlich mit Terroristen und Kadern der auch von der EU als Terrororganisation eingestuften Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP). Zudem veröffentlicht Badil auf seiner Website antisemitische Cartoons im „Stürmer“-Stil.
Ben & Jerry’s Farrakhan-Connection
Ben & Jerry’s stand schon 2018 in der Kritik, nachdem der Eiscremehersteller eine seiner Sorten („Pecan resist“) Linda Sarsour, der Wahlkampfrednerin von Bernie Sanders, gewidmet hatte, samt einem Bild von ihr auf der Verpackung.
Sarsour ist eine Verbündete des wohl einflussreichsten Antisemiten der USA, Louis Farrakhan („Die mächtigen Juden sind meine Feinde“; „Hitler war ein sehr großartiger Mann“), Chef der rechtsextremen Bewegung Nation of Islam. Auch Sarsour selbst macht immer wieder antisemitische Äußerungen. Über Israelis sagte sie im im September 2018 auf einer Konferenz der Islamic Society of North America (ISNA), man dürfe sie „nicht vermenschlichen“:
„Wenn du auf der Seite des Unterdrückers stehst oder den Unterdrücker verteidigst oder sogar versuchst, den Unterdrücker zu vermenschlichen, dann ist das ein Problem, Schwestern und Brüder, und wir müssen dazu in der Lage sein zu sagen: Das ist nicht die Position der muslimischen amerikanischen Community.“
Tötet ein amerikanischer Polizist einen Unschuldigen, dann steckt für Sarsour der lange Arm der Juden dahinter. So sagte sie sie über ein von der Anti-Defamation League (ADL) gesponsertes Programm, das amerikanischen Polizisten einen Ausbildungsaufenthalt in Israel ermöglicht:
„Wenn man daran glaubt, die Polizeibrutalität und das Fehlverhalten von Polizeibeamten überall im Land zu beenden, dann unterstützt man keine Organisation, die Polizeibeamte aus Amerika nimmt, ihnen ihre Reise bezahlt, sie nach Israel bringt, damit sie von der israelischen Polizei und dem Militär trainiert werden, und dann kommen sie zurück und machen was? Anhalten und durchsuchen, überall im Land unbewaffnete Schwarze töten.“
Sarsour behauptete auch, „Zionisten“ würden sowohl in den USA als auch in Israel Morde billigen:
„Ich weiß alles, was ich wissen muss über den Einfluss und die Organisation und den Reichtum an Ressourcen, den die zionistische Bewegung in Amerika hat. Dieselben Leute, die die Ermordung von palästinensischen Zivilisten rechtfertigen, sind dieselben, die die Morde an unbewaffneten Schwarzen durch die Polizei in den Vereinigten Staaten von Amerika rechtfertigen.
Dieselben Leute, die dagegen sind, Flüchtlinge in dieses Land zu bringen, sind dieselben Leute, die elf Millionen Immigranten ohne Papiere abschieben wollen. Die Leute, die in der Defensive sein müssen, sind die Zionisten.“
Dabei hat Linda Sarsour eigentlich nichts gegen Leute, die Morde billigen: 2017 trat sie gemeinsam mit der verurteilten Terroristin und Doppelmörderin Rasmea Odeh bei einer Veranstaltung der BDS-Gruppe Jewish Voice for Peace auf. Ben & Jerry’s war so stolz auf seine Kampagne mit Linda Sarsour, dass CEO Matthew McCarthy sie im Jahresbericht 2018 hervorhob, nebst einem Foto, das den Ben & Jerry’s-Vorstand zusammen mit Linda Sarsour zeigte.
Eine neue Ben & Jerry’s-Eissorte ist einer Freundin von Sarsour gewidmet: Cori Bush, seit Jahresbeginn Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus für den Bezirk St. Louis, Missouri.
Bush, die sich dafür einsetzt, die Polizei abzuschaffen, sich selbst aber von einem privaten Sicherheitsdienst bewachen lässt, der Berichten zufolge mehr als 20.000 US-Dollar pro Monat kostet, tritt als erklärte BDS-Unterstützerin offen für einen Boykott Israels und seiner – jüdischen – Bürger ein. Auch dem St. Louis Jewish Light, der jüdischen Zeitung in ihrem eigenen Wahlbezirk, gibt sie nach Darstellung des Blattes keine Interviews.
Wie der Name der Ben & Jerry’s-Eissorte lautet, auf deren Verpackung Israelhasserin Cori Bush abgebildet ist? Change is Brewing – „eine Wende braut sich zusammen“.