Am 10. Juli findet in ganz Deutschland der »Tag der Solidarität mit Juden und Israel« unter der Schirmherrschaft der ehemaligen Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland und jetzigen Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, statt.
Geplant sind deutschlandweite Veranstaltungen, die von den diversen teilnehmenden Organisationen konzipiert und durchgeführt werden sowie eine Reihe von Sympathiebekundungen, mit denen sich auch Einzelne einbringen werden. Der Tag wird von DEIN (Demokratie und Information) e.V. initiiert, einem Verein, der sich seit Jahren für Demokratie und gegen Antisemitismus einsetzt und für zahlreiche Projekte wie etwa die Ausstellung 1948 – Wie der Staat Israel entstand verantwortlich zeichnet. Yvette Schwerdt sprach mit dem Vorsitzenden Leo Sucharewicz.
Mena-Watch (MW): Am 10. Juli findet in Deutschland der erste »Tag der Solidarität mit Juden und Israel« statt. Was genau passiert da?
Leo Sucharewicz (LS): In ganz Deutschland werden von den zahlreichen teilnehmenden Organisationen Pro-Israel-Events organisiert. Zudem werden auch individuell Maßnahmen gesetzt. So begrüßt man sich beispielsweise an diesem Tag mit »Schalom«, hängt eine Israel-Fahne ans Auto, heftet einen Davidstern ans Revers oder zeigt seine Solidarität auf andere, kreative Weise. Auf unserer Website wartet ein großer Ideenpool.
MW: In welchem aktuellen Kontext findet diese sichtbare Solidaritätskundgebung statt?
LS: Der weitere Kontext heißt 7. Oktober, der Jubel über die Hamas-Verbrechen und die Eruption von Antisemitismus in Deutschland. Der 10. Juli ist eine Manifestation, ein Signal an Hamas-Sympathisanten, Linksradikale, Islamisten und palästinensische Fanatiker.
MW: Welches Signal?
LS: Das Signal heißt: Die Straßen gehören nicht euch, nicht in Berlin und nicht in Hamburg. Die Demokratie in Deutschland gehört euch auch nicht. Vor allem habt ihr nicht die Zustimmung der überwiegenden Mehrheit in Deutschland und auch nicht deren Sympathie.
MW: Erwarten Sie wirklich eine größere Beteiligung?
LS: Ich rechne sogar damit, aus guten Gründen. Aktuell beteiligen sich über achtzig öffentliche Organisationen, Kirchen, Sportvereine, wissenschaftliche Institute, Museen und viele mehr.
MW: Und wie sieht es mit den politischen Randgruppen aus?
LS: Wir haben und wollen keine extremistischen Gruppen an Bord haben. Auf unserer Website gingen in kürzester Zeit Tausende Zuschriften aus dem gesamten demokratischen Spektrum ein. Auf eine demoskopische Formel gebracht: Ganz Deutschland wird sich nicht beteiligen, aber der couragierte, kreative, anständige Teil. Der ist gar nicht so klein.
MW: Was motiviert die Teilnehmer? Zeichnet sich ein Muster ab?
LS: In der Tat, allerdings ein dynamisches. Zu Beginn wurden vor allem drei Motive sichtbar: Der Schock über die Hamas-Verbrechen, Solidarität mit den israelischen Geiseln und eine tiefe Beunruhigung über die Verrohung und Aggressivität bei den Palästinenser-Demos. In jüngster Zeit gewinnt ein anderes Motiv an Gewicht: Angst vor dem Schulterschluss von Islamisten und Linksextremisten, die unsere Demokratie bedrohen. Solidarität mit Israel wird zu einer sinnvollen Unterstützung der eigenen Demokratie.
MW: Hat sich die Forderung nach einem Kalifat bei der jüngsten Islamisten-Demo in Hamburg bei den Zuschriften irgendwie bemerkbar gemacht?
LS: Deutlich sogar. Mit dem Grundtenor, dass Israels Demokratie unterstützt werden muss.
Warum der 10. Juli?
MW: Warum findet der Tag der Solidarität mit Juden und Israel ausgerechnet am 10. Juli statt?
LS: An dem Tag fand 1945 in Dresden die erste Theateraufführung nach dem Krieg statt. Gezeigt wurde Lessings Nathan der Weise. Das Stück machte damals Hoffnung, weil es buchstäblich auf Ruinen die Chance auf einen Neuanfang symbolisierte: Dieser konnte nur demokratisch, tolerant, geläutert und humanistisch sein. Aufklärung als Abwehr gegen niedrigste Instinkte einzusetzen hat schon etwas Grandioses.
MW: Gibt es auch Widerstände gegen den Tag der Solidarität?
LS: Widerstände im engeren Sinn gibt es bis jetzt nicht. Natürlich reagierten nicht alle angesprochenen Organisationen spontan mit einer Beteiligung. Manche versteckten ihre Bequemlichkeit und fehlende Zivilcourage hinter komplizierten Entscheidungsprozessen oder wollten den Tag der Solidarität auch auf die Ukraine ausweiten. Statistisch waren die Bedenkenträger irrelevant.
MW: Bis zum 10. Juli ist noch Zeit. Was ist bis zum großen Tag geplant?
LS: Für Ende Mai organisieren wir eine Zoom-Konferenz mit allen Organisationen. Dabei wählen wir ein Kuratorium, das die finale Promotion übernimmt. Mit einem moderierten Ideenaustausch sorgen wir für die nötige kollektive Intelligenz.
MW: Initiiert wurde der Tag der Solidarität von Demokratie und Information e.V., dessen Vorsitzender Sie sind. Was kommt nach dem 10. Juli?
LS: Nach dem 10. Juli ist vor dem 10. Juli. Solidarität mit Juden und Israel wird zumindest an einem fixen jährlichen Datum in Deutschland bekundet. In ein paar Jahren hoffen wir, diesen Gedanken europaweit zu exportieren.
MW: Danke für das Gespräch.