Erweiterte Suche

Jahrestag des UN-Teilungsbeschlusses: Ein jüdischer und ein arabischer Staat

Heute vor 71 Jahren, am 29. November 1947, verabschiedete die UN-Generalversammlung in New York eine Resolution, in der die Teilung des Mandatsgebiets Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorgeschlagen wurde. Aus Anlass dieses Jahrestages bringen wir einen Auszug über diesen denkwürdigen Beschluss aus dem von Alex Feuerherdt und Florian Markl verfassten Buch „Vereinte Nationen gegen Israel. Wie die UNO den jüdischen Staat delegitimiert“, das im Frühsommer im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen ist.


Die Teilungsresolution, November 1947

(…) Nach dem großen diplomatischen Tauziehen, den intensiven Debatten um Änderungsvorschläge und einer kurzfristigen Verschiebung des Abstimmungstermins um einen Tag war es am 29. November 1947 schließlich so weit: die UN-Generalversammlung trat zur Abstimmung über Resolution 181 (II) über die „künftige Regierung Palästinas“, in der empfohlen wurde, den vorgelegten „Teilungsplan mit Wirtschaftsunion“[1] umzusetzen. Das Mandat für Palästina solle „so bald wie möglich“, spätestens jedoch am 1. August 1948 zu Ende gehen. Die Mandatsmacht solle alles tun, um im „Hoheitsgebiet des jüdischen Staates“ die Möglichkeit „für eine beträchtliche Einwanderung“ zum „frühestmöglichen Zeitpunkt“ zu schaffen, spätestens jedoch bis zum 1. Februar 1948. Zwei Monate nach Abzug der Truppen der Mandatsmacht, jedenfalls aber spätestens am 1. Oktober 1948, sollen „in Palästina ein unabhängiger arabischer Staat und ein unabhängiger jüdischer Staat sowie das (…) vorgesehene internationale Sonderregime für die Stadt Jerusalem“ entstehen.[2]

Rund 55 Prozent des Mandatsgebiets (exklusive des bereits abgetrennten Transjordaniens) waren für den jüdischen Staat vorgesehen: das östliche Galiläa (mit dem Hule-Tal und dem See Genezareth), der Großteil der Negev-Wüste (mit Ausnahme von Beer Scheva) und das Küstengebiet nördlich von Aschdod bis nach Haifa. Der jüdische Staat hätte zwar mehr als die Hälfte des Landes umfassen sollen, doch beinhaltete dieses Gebiet die zum großen Teil unfruchtbare Negev-Wüste.

Der arabische Staat sollte rund 42 Prozent des Mandatsterritoriums umfassen: das südliche Küstengebiet rund um Gaza und ein Gebiet entlang der ägyptischen Grenze Richtung Süden, die hügeligen Gebiete von Judäa und Samaria, das zentrale und westliche Galiläa sowie einen Teil der nördlichen Negev-Wüste (inklusive Beer Scheva). Die Stadt Jaffa sollte eine arabische Enklave im jüdischen Staat darstellen. Jerusalem und einige Ortschaften im Umland (wie etwa Abu Dis und Bethlehem) sollten als corpus separatum unter Verwaltung des UN-Treuhandrates gestellt werden.[3]

Im Hinblick auf die Bevölkerung der beiden Staaten ergab sich ein deutliches Ungleichgewicht: Der jüdische Staat war so begrenzt, dass er zwar den überwiegenden Teil der Juden im Land inkludiert hätte, doch stellten diese selbst in diesem Gebiet nur eine kleine Mehrheit über die arabischen Bewohner dar. Im vorgesehenen arabischen Staat hätte dagegen nur eine verschwindend kleine jüdische Minderheit gelebt.

Jahrestag des UN-Teilungsbeschlusses: Ein jüdischer und ein arabischer StaatDer vorgeschlagene Teilungsplan hätte bedeutet, dass den rund 11,5 Millionen Quadratkilometern der arabischen Welt knapp 16.000 Quadratkilometer eines jüdischen Staates gegenübergestanden wären. Von den geschätzten 50 bis 60 Millionen Arabern des Nahen Ostens hätten rund 350.000, also nicht einmal ein Prozent, als Minderheit mit gesicherten Minderheitenrechten in diesem Staat leben müssen.[4]

Um den Übergang vom Mandat zu den beiden zu schaffenden Staaten zu organisieren, sollte eine aus fünf Mitgliedern bestehende Kommission eingesetzt werden, die Schritt für Schritt die Agenden der abziehenden Mandatsmacht übernehmen und die Umsetzung des Teilungsbeschlusses vorantreiben sollte. Die Briten wurden explizit aufgefordert, nichts zu unternehmen, was die Arbeit der Kommission „verhindert, behindert oder verzögert“.[5]

Das war eine implizite Reaktion auf den britischen UN-Botschafter, Alexander Cardogan, der rund zwei Wochen zuvor deutlich gemacht hatte, dass seine Regierung nichts unternehmen werde, das eine Teilung des Landes befördern würde, wenn diese den Arabern aufgezwungen werden müsse. Bis zum Abzug würden die Briten weiter in allen von ihnen kontrollierten Gebieten regieren. David Horowitz von der Jewish Agency hatte keine Illusionen über den Inhalt dieser Ankündigung: „Ihre effektive Bedeutung war, dass die Briten keine Absicht hatten, ihren Abzug so zu gestalten, dass internationale Organisationen oder die Keimzellen lokaler Behörden [die Verwaltung] von den Mandatsbehörden übernehmen könnten. Der Abzug würde unter Rahmenbedingungen stattfinden, die die Araber bevorzugten und politisches, militärisches und administratives Chaos schafften.“[6]


Die Abstimmung

Die Abstimmung über die Teilungsresolution am Nachmittag des 29. November 1947, einem Samstag, wurde vom Vorsitzenden der UN-Generalversammlung, dem Brasilianer Oswaldo Aranha, geleitet, der selbst zu ihren entschiedenen Befürwortern zählte. Einzeln und in alphabetischer Reihenfolge wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, ihre Stimmen abzugeben. Das Endergebnis lautete: 33 Ja-Stimmen, 13 Neinstimmen und 10 Enthaltungen – Resolution 181 (II) war somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Im Detail sah das Stimmverhalten folgendermaßen aus:

Jahrestag des UN-Teilungsbeschlusses: Ein jüdischer und ein arabischer StaatFür die Empfehlung zur Teilung Palästinas votierten: Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, Dänemark, Dominikanische Republik, Ecuador, Frankreich, Guatemala, Haiti, Island, Kanada, Liberia, Luxemburg, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Panama, Paraguay, Peru, Philippinen, Polen, Schweden, Sowjetunion, Südafrika, Tschechoslowakei, Ukraine, Uruguay, Venezuela, Vereinigte Staaten und Weißrussland.

Gegen die Teilungsresolution stimmten: Afghanistan, Ägypten, Griechenland, Indien, Iran, Irak, Jemen, Kuba, Libanon, Pakistan, Saudi-Arabien, Syrien und die Türkei.

Der Stimme enthielten sich: Argentinien, Äthiopien, Chile, El Salvador, Honduras, Jugoslawien, Kolumbien, Mexiko, die Republik China und das Vereinigte Königreich. Thailand war der Abstimmung ferngeblieben.

Aus dieser Auflistung lassen sich einige Schlüsse ziehen. Am Offensichtlichsten, wenn auch nicht gerade überraschend ist, dass das Nein-Lager von den arabischen und islamischen Staaten dominiert wurde; mit Griechenland, Indien und Kuba sprachen sich nur drei Länder gegen den Teilungsvorschlag aus, die nicht zu dieser Gruppe gehörten. Auffällig ist auch, dass die europäischen Staaten, von den Ausnahmen Griechenland und dem Vereinigten Königreich abgesehen, geschlossen für die Teilung Palästinas stimmten.

Als generellen Trend kann man festhalten, dass die Demokratien westlichen Zuschnitts die Teilung befürworteten, während nicht-demokratische Staaten sie ablehnten oder sich enthielten. (Die Sowjetunion und die von ihr gelenkten bzw. maßgeblich beeinflussten Staaten stellen in diesem Schema einen Sonderfall dar, insofern sie 1947 zwar die Teilung befürworteten, danach aber schnell ins prononciert israelfeindliche Lager wechselten.) Wie wir sehen werden, blieb die Gruppe von Staaten, die sich für die Gründung eines jüdischen Staates aussprach und 1947 die Mehrheit bei den Vereinten Nationen stellte, über Jahrzehnte hinweg im Grunde konstant. Doch es war die Ablehnungsseite, die in den kommenden Jahren starken Zuwachs erhalten und damit in gewissem Sinne die Vereinten Nationen übernehmen sollte.

Bemerkenswert an der Abstimmung war, dass sich das Vereinigte Königreich, das in den vergangenen dreißig Jahren die Kontrolle über Palästina hatte und die Mandatsmacht stellte, der Stimme enthielt, einige der sogenannten Dominions aber einen anderen Weg beschritten. Länder wie Australien, Kanada, Neuseeland und Südafrika, die zum British Commonwealth of Nations gehörten und auf dem internationalen Parkett in aller Regel fest an der Seite Großbritanniens standen, stimmten für die Teilung Palästinas – und damit gegen die Politik des Königreichs.

Jahrestag des UN-Teilungsbeschlusses: Ein jüdischer und ein arabischer StaatMöglich wurde die erforderliche Zweidrittelmehrheit aber nur wegen dem, was viele noch wenige Monate zuvor für völlig ausgeschlossen gehalten haben: „Das große Wunder“, schrieb Horowitz in seinem sechs Jahre später verfassten Rückblick, „war die sowjetisch-amerikanische Einigkeit, die im Zuge der Entscheidung für die Schaffung des jüdischen Staates erreicht wurde; der einzige Fall solcher Einigkeit in der Geschichte der Vereinten Nationen. (…) Für eine kurze Zeit standen die Vereinigten Staaten und die UdSSR Seite an Seite an der Wiege der jüdischen Unabhängigkeit.“ Antisemiten sollen die unwahrscheinliche Allianz mit den Worten kommentiert haben: „Diese verdammten Juden! Die bringen sogar Amerika und Russland zusammen, wenn sie etwas haben wollen.“[7]

Anmerkungen:

[1] UN-Generalversammlung: Resolution 181 (II), 29. November 1947, http://www.un.org/depts/german/gv-early/ar181-ii.pdf, S. 1.

[2] Ebd., S. 3.

[3] Vgl. ebd., S. 14ff. sowie den Überblick bei Morris, Benny: 1948. A History of of the First Arab-Israeli War, New Haven/London 2008, S. 63.

[4] Vgl. Cohen, Aharon: Israel and the Arab World, Boston 1976, S. 238.

[5] UN-Generalversammlung: Resolution 181 (II), S. 4.

[6] Horowitz, David: State in the Making, New York 1953, S. 293.

[7] Ebd.: S. 310f.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!