Wochenbericht, 6.4. bis 12.4.2015

In dieser Ausgabe:

I. Allgemeiner Überblick
II. Kämpfe in Yarmouk: Doppelmoral par excellence
III. Kritisieren nur „Hardliner“ und Israels Premier die Lausanner Vereinbarung?
IV. Clintons Kandidatur: Zurück in eine Zeit der „Sicherheit vor islamistischem Terror“?
V. MENA präsentiert seine „Analysen 2014/2015“
 

I. Allgemeiner Überblick

In der vergangenen Woche erschienen in den von MENA systematisch ausgewerteten österreichischen Tageszeitungen 270 Beiträge (zuletzt: 434) mit Bezügen zum Nahen Osten und zu Nordafrika:

Wochenbericht, 6.4. bis 12.4.2015

Folgende Länder standen im Mittelpunkt der Berichterstattung:

Wochenbericht, 6.4. bis 12.4.2015

In den insgesamt 138 relevanten Beiträgen (zuletzt: 204) der wichtigsten Fernseh- und Radionachrichtensendungen des ORF wurde auf folgende Länder am häufigsten Bezug genommen:

Wochenbericht, 6.4. bis 12.4.2015

II. Kämpfe in Yarmouk: Doppelmoral par excellence

Es sei eine „humanitäre Katastrophe von epischem Ausmaß“, meinte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon über die Lage im palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk, seit der Islamische Staat (IS) dort im Vormarsch ist. Der Stadtteil von Damaskus sei die „tiefste Hölle“, die ihn an ein „Todeslager“ erinnere. Die Welt dürfe nicht zusehen, „wie sich ein Massaker zuträgt“. (Standard, 11./12. Apr. 2015) Während palästinensische Milizen sich den Einheiten des IS entgegenstellten, beschoss die syrische Armee die noch übrigen geblieben Bewohner des Flüchtlingslagers mit Artillerie (Ö1-Mittagsjournal, 10. Apr. 2015) und von der Luft aus mit den berüchtigten Fassbomben. (Kurier, 8. Apr. 2015)

160.000 Menschen hätten früher in dem Lager gelebt, berichtete die Presse, „Flüchtlinge aus den israelisch-arabischen Kriegen der 1940er-Jahre und deren Nachkommen.“ Die meisten der Bewohner Yarmouks seien bereits 2012 aus dem Stadtteil geflohen, „als Kämpfe zwischen palästinensischen Assad-Befürwortern und Regimegegnern ausbrachen.“ Zuletzt seien noch rund 18.000 Bewohner verblieben. (Presse, 8. Apr. 2015)

Mit der IS-Offensive in Yarmouk tauchte plötzlich in den Nachrichten auf, worüber geraume Zeit davor kaum je einmal berichtet worden war. Die SN beschrieben die Szenerie: „Hochhäuser, von jahrelangen Kämpfen in zerschossene Skelette verwandelt. Straßen voller Trümmer mit durchlöcherten Wasserbehältern, zwischen denen Schafe grasen.“ Selbst in dem vom Krieg erschütterten Syrien gelte Yarmouk als „trostloser Ort“. (Salzburger Nachrichten, 11. Apr. 2015) „Seit zwei Jahren hatte das Regime Yarmuk weitgehend abgeschnitten, um Regimegegner auszuhungern“, fasste die Presse die fast völlig ignorierte Ungeheuerlichkeit zusammen, dass das Assad-Regime gezielt Hunger als Waffe einsetzt. (Presse, 8. Apr. 2015)

Wer irgendwie wegkonnte, sei geflohen; übrig geblieben seien die „Ärmsten der Armen. In den vergangenen Monaten verhungerten Hunderte von ihnen.“ (Salzburger Nachrichten, 11. Apr. 2015)

Was in Yarmouk geschieht, ist gleich in mehrerlei Hinsicht skandalös. Als ob es völlig selbstverständlich wäre, war in den Medien stets von einem „Flüchtlingslager“ die Rede, so als sei überhaupt nichts seltsam daran, dass Menschen mehr als 70 Jahre nach ihrer Flucht noch immer in derartigen Lagern hausen müssen – nirgends wurde der zynische Umgang der arabischen Regime mit den palästinensischen Flüchtlingen thematisiert, deren Integration verhindert wurde, um sie bis heute als Druckmittel gegen Israel missbrauchen zu können. Seit dem Beginn des Krieges in Syrien hat sich kaum jemand hierzulande für das Schicksal und das Sterben der Menschen in Yarmouk interessiert. „No Jews, no news“ – so könnte man das Leitmotiv einer Aufmerksamkeitsökonomie zusammenfassen, die für das Leid von Palästinensern erst ein offenes Ohr hat, wenn Israel dafür verantwortlich gemacht werden kann. Khaled Abu Toameh fasst die dahinterstehende Doppelmoral prägnant zusammen:

„The Palestinians in Yarmouk are unlucky, mainly because they are being attacked and killed by Muslims, and not by Israel. An Israeli attack on the camp would have drawn worldwide condemnation and protests, with Palestinian and Arab leaders rushing to seek the intervention of the UN Security Council and the international community. … They are also unfortunate because Palestinian leaders seem to have other things on their minds, such as proceeding with the campaign to isolate and delegitimize Israel in every possible international forum. For PA leaders, the desire to punish Israel is stronger than the will to save the lives of thousands of Palestinians being killed by the Islamic State and starved by the Syrian army, which has been besieging Yarmouk for more than 700 days.“

Während der IS in Yarmouk mit derselben Barbarei gegen Palästinenser vorgeht, die ihn zuvor bereits an anderen Schauplätzen ausgezeichnet hat, sei die palästinensische Führung mit Lawfare gegen Israel beschäftigt. Würde sie nur 10 Prozent der Energie, die sie für ihre internationalen Bemühungen zur Diffamierung Israels aufwendet, für die Menschen in Yarmouk einsetzen, könnte ihnen womöglich ein ganzes Stück weitergeholfen werden. „However, these leaders are obviously determined to remain obsessed with Israel at the same time as they continue to bury their heads in the sand about ISIS‘s slaughter of their people.“

Im Zusammenhang mit Yarmouk ist aber auch noch in einem ganz anderen Sinn von Doppelmoral zu sprechen. Während wenigstens nach dem IS-Vormarsch über die Situation vor Ort berichtet wurde, ist es an anderer Stelle gespenstisch ruhig: Von all jenen, die in helle Aufregung geraten und von „Kriegsverbrechen“ und „Völkermord“ sprechen, sobald Israel gegen den Terror der Hamas im Gazastreifen vorgeht, ist zum Massaker an den Palästinensern von Yarmouk nichts zu vernehmen – keine wütenden Demonstrationen in den Straßen europäischer Hauptstädte, keine Solidaritätskampagnen muslimischer Gemeinden für die bedrängten Brüder und Schwestern, keine anklagenden Reden und Interviews von Bundespräsident Heinz Fischer, keine Dringlichkeitssitzungen des UN-Menschenrechtsrates, keine eigens eingesetzten Untersuchungskommissionen, um Kriegsverbrechen festzuhalten, niemand ruft nach dem Internationalen Strafgerichtshof und keine feurigen Leitartikel werden verfasst, in denen die Maxime „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ bemüht wird – die nicht fehlen darf, sobald Juden an einem Konflikt beteiligt sind.

„Es gibt zwei Arten von Toten“, schrieb Jacques Schuster in der Welt, „diejenigen, deren Schicksal sich politisch missbrauchen und deren Tragödie sich lautstark betrauern lässt, und diejenigen, die halt gestorben sind.“ In Yarmouk lasse sich „diese Heuchelei gegenwärtig besonders eindringlich beobachten.“ Es sei, so fügte Christian Schiffer hinzu, „ein weiteres trauriges Symbol für die Gewaltherrschaft des Islamischen Staates und für die humanitäre Katastrophen des syrischen Bürgerkrieges. Yarmouk steht aber auch für den moralischen Bankrott der Palästina-Solidarität und für ihre Verlogenheit.“
 

III. Kritisieren nur „Hardliner“ und Israels Premier die Lausanner Vereinbarung?

Rund eine Woche nach dem Ende der Verhandlungen in Lausanne im Atomstreit zwischen den P5+1 und dem Iran zog die Kleine Zeitung Bilanz. Der „Atomdeal“, so Ernst Heinrich, werde „nahezu in aller Welt als ‚Meilenstein‘ gefeiert“. Allerdings habe er noch „drei massive Gegner: ein paar wenige Hardliner im Iran, die im Gegensatz zur großen Bevölkerungsmehrheit jegliche Kompromisse mit dem Westen ablehnen; außerdem – politisch viel relevanter – den Großteil der Republikaner im US-Kongress; und allen voran die konservative israelische Regierung unter dem alten und neuen Premierminister Benjamin Netanjahu.“ (Kleine Zeitung, 8. Apr. 2015)

Das von Heinrich entworfene Bild war durchaus typisch für die Berichterstattung österreichischer Medien: auf der einen Seite ein vermeintlich „historischer Durchbruch“, auf der anderen Seite (einige) unverbesserliche „Hardliner“ in Teheran und (viel mehr noch) in Washington, sowie der übliche Verdächtige in Jerusalem. So verbreitet dieses Bild ist, so fragwürdig ist es, weil buchstäblich jeder seiner Bestandteile verzerrt dargestellt wird und es darüber hinaus von entscheidenden Auslassungen geprägt ist.

Was die iranischen Gegner des „historischen Deals“ betrifft, liegt das Problem nicht nur bei einigen „Hardlinern“, sondern nicht zuletzt bei der Staatsspitze – dem wahren mächtigen Mann der Islamischen Republik, dem obersten geistlichen Führer Ali Khamenei. Der meldete sich nach einer Woche des Schweigens mit einer Stellungnahme zu der Vereinbarung von Lausanne zu Wort und erteilte übertriebenem Optimismus eine glatte Abfuhr. Wie im Standard zu lesen war, habe er zwar „weiterhin Vertrauen“ in das iranische Verhandlungsteam und unterstütze ein Abkommen, wenn in diesem die „Interessen und die Ehre des Iran“ gewahrt blieben. Aber keine Vereinbarung sei besser als eine schlechte, und im Augenblick gebe es noch keinen Deal. Der Fact-Sheet, der am Ende der Gespräche von Lausanne von den USA präsentiert worden war, zeige deren „böse Absichten“. Niemals werde es unter dem Vorwand der Kontrolle der Abmachungen Inspektionen in militärischen Anlagen geben, und auch der genaue zeitliche Ablauf der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran sei ein offener Streitpunkt. (Standard, 10. Apr. 2015) „Der Teufel“, so wurde Khamenei in der Presse zitiert, „steckt im Detail. Und Details könnten von den anderen Staaten dazu genutzt werden, um dem Iran Fesseln anzulegen.“ (Presse, 10. Apr. 2015)

Der greise Staatsführer hatte in seiner Ansprache tatsächlich gefordert, dass alle Wirtschaftssanktionen am Tag der Unterzeichnung eines Abkommens sofort und ausnahmslos beseitigt werden müssten:

„Should the removal of the sanctions be related to a process, the foundation of the negotiations would be senseless, since the goal of the negotiations was to remove the sanctions“.

Das ist freilich nur schwer in Einklang mit all dem zu bringen, was in den anderen bisher veröffentlichten Papieren zu den Vereinbarungen von Lausanne zu finden ist. Aber Khamenei stellte noch einige andere Forderungen, die zumindest einen Deal verunmöglichen würden, wie ihn die US-Administration anstrebt. So meinte der oberste geistliche Führer zum Thema Inspektionen und Transparenz:

„Any unconventional inspection or monitoring which would make Iran into a special case, would not be acceptable, and the monitoring must only be as monitoring regimes taking place all over the world and nothing more.“

Das steht in direktem Widerspruch zu den Stellungnahmen der US-Administration zur Verteidigung der Vereinbarungen von Lausanne. So hatte etwa Präsident Obama erklärt:

„International inspectors will have unprecedented access not only to Iranian nuclear facilities, but to the entire supply chain that supports Iran’s nuclear program … With this deal, Iran will face more inspections than any other country in the world.“

Sowohl in der Frage der Sanktionsaufhebung als auch bezüglich der zukünftigen Inspektionen durch die IAEA, aber auch im Hinblick auf Forschung und Entwicklung von Nukleartechnologie oder die prinzipielle (Un-)Zugänglichkeit militärischer Einrichtungen im Sinne erhöhter Transparenz vertrat Khamenei Positionen, die – ein weiteres Einknicken der internationalen Verhandlungspartner vorbehalten – eine abschließende Übereinkunft schwer bis unmöglich machen dürften. Mag sein, dass Khamenei damit in den Augen von Ernst Heinrich zu den wenigen unverbesserlichen Hardlinern in Teheran zählt, aber er ist nun mal der mächtigste Mann des Landes, ohne den in Sachen Atomstreit gar nichts geht.

Heinrichs Verweis auf die amerikanischen Hardliner, die gegen einen Deal agitierten, war nicht minder irreführend, insofern er die Realität der Debatte in den USA völlig verzerrte. Denn anders als von ihm dargestellt, wird Kritik an den Vereinbarungen von Lausanne und dem sich abzeichnenden Deal keineswegs nur von „Republikanern im US-Kongress“ formuliert. Für Aaron David Miller, einst ein wichtiger Verhandler der Clinton-Administration bei den israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen von Camp David, lautet die Bilanz der bisherigen Verhandlungen knapp: „This round goes to the mullahs.“

Viel gewichtiger ist die niederschmetternde Kritik der ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger und George Shultz. Bereits nach dem Abschluss des Genfer Zwischenabkommens hatten sie vor der drohenden „Institutionalisierung der iranischen nuklearen Bedrohung“ gewarnt, jetzt lassen sie an den Ergebnissen von Lausanne kaum ein gutes Haar. Die zumindest laut amerikanischen Angaben vorgesehenen Inspektionen iranischer Nuklearanlagen würden nicht ausreichen, um die von Obama versprochene Breakout-Time von mindestens einem Jahr zu gewährleisten. Nach einer Suspendierung der Sanktionen werde es fast unmöglich sein, diese im Falle iranischer Verstöße wieder in Kraft zu setzen: „(A)n attempt to reimpose sanctions risks primarily isolating America, not Iran.“ Die zeitliche Begrenzung eines Abkommens unter der Fortführung von Forschung und Entwicklung bedeute, dass der Iran in absehbarer Zeit über ein fortgeschrittenes Atomprogramm mit weitaus verbesserter Technologie verfügen werde. In der Region werde ein nuklearer Rüstungswettlauf einsetzen, der auch durch amerikanische Sicherheitsgarantien nicht zu verhindern sei. Die Vorstellung, dass der Iran ein Partner bei der (Wieder-)Herstellung regionaler Stabilität sein könnte, sei verlockend, aber:

„Cooperation is not an exercise in good feeling; it presupposes congruent definitions of stability. There exists no current evidence that Iran and the U.S. are remotely near such an understanding. Even while combating common enemies, such as ISIS, Iran has declined to embrace common objectives. Iran‘s representatives (including its Supreme Leader) continue to profess a revolutionary anti-Western concept of international order; domestically, some senior Iranians describe nuclear negotiations as a form of jihad by other means.“

Momentan fehle es an einem Konzept dafür, dem regionalen Vormarsch des iranischen Regimes Einhalt zu gebieten; unter diesen Umständen käme die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen geradezu einem Befördern des iranischen Hegemonialstrebens gleich.

Miller, Kissinger und Shultz sind keine republikanischen Hardliner oder neo-konservativen Kriegstreiber, sondern, in den Worten von Max Boot, „reasonable centrists who have grave reservations about the unprecedented concessions that the president is making to a regime whose animating slogan is ‚Death to America‘“.

Der dritte der „massiven Gegner”, die sich dem abzeichnenden Deal mit dem Iran entgegenstellen, soll Heinrich zufolge die „konservative israelische Regierung“ unter Premier Netanjahu sein. Im Einklang mit den anderen österreichischen Medien überging Heinrich, dass der Widerstand gegen die Lausanner Vereinbarung und einen darauf aufbauenden Deal in Israel keineswegs auf Netanjahu und die politische Rechte beschränkt ist, sondern im Grunde fast das gesamte politische Spektrum Israels eint, wie sonst kein anderes Thema. Im Hinblick auf das iranische Nuklearprogramm ist die hierzulande so beliebte Entgegensetzung von rechter Hardliner-Regierung versus aufgeschlossener und kompromissbereiter Opposition schlichter Humbug. Unterschiede gibt es in taktischer Hinsicht, nicht aber bei dem klaren Ziel, eine iranische Atomwaffenkapazität zu verhindern.

Im profil-Interview meinte etwa Oppositionschef Herzog: „Ich halte das Abkommen für sehr problematisch. … Das Ergebnis eines Abkommens muss sein, dass dem Iran nicht erlaubt wird, eine Bombe zu bauen. Wir dürfen nicht vergessen: Der Iran ist eine große Bedrohung für die Welt. … Die Welt muss mit diesen Typen hart umgehen. Sie verbreiten Hass.“ (profil 16/2015)

Zusammen mit Ex-Justizministerin Livni veröffentlichte Herzog am Sonntag einen alternativen „Joint Plan of Action“. Die Kernpunkte laut Jerusalem Post:

„The Zionist Union said the final agreement must hold that removal of sanctions will come only gradually and on the condition that Iran proves over time that it is rolling back its nuclear program, allowing intrusive inspection of its facilities, eliminating all of its stockpile of enriched uranium and not using its old centrifuges to enrich uranium or activating new centrifuges.“

In der Krone wetterte Kurt Seinitz in Richtung Netanjahu gegen die „israelischen Hardliner“, die damit drohten, „den Iran in einem Erstschlag zu bombardieren“. (Kronen Zeitung, 11. Apr. 2015). Wie Heinrich ignoriert auch er völlig, was die israelische Opposition zum Thema Militärschläge gegen iranische Nuklearanlagen sagt: Israel und die USA, so betonten Herzog und Livni, müssten eine Vereinbarung treffen, die Israel explizit grünes Licht für den Einsatz militärischer Mittel gebe, wenn es dazu gezwungen würde, diese zur Aufrechterhaltung seiner Sicherheit zu unternehmen.

Kritik an der Lausanner Vereinbarung, so lässt sich resümieren, kommt im Iran nicht nur von einigen wenigen Hardlinern, in den USA nicht nur von Republikanern im Kongress und in Israel erst recht nicht bloß von der konservativen Regierung. Allerdings übergehen Heinrich & Co. noch einen weiteren wichtigen Punkt: Sie interessieren sich nicht im Geringsten für die Kritik, die in den arabischen Staaten an den Verhandlungen mit dem iranischen Regime formuliert wird und sogar zur Aufforderung eines ägyptischen TV-Moderators an den israelischen Premier führte:

„Our dear friend Netanyahu. Please – Iran faces you and the Bushehr reactor faces you. Put your trust in God and bomb it. We are with you. And if you need fuel for the jets we will give it to you.“

IV. Clintons Kandidatur: Zurück in eine Zeit der „Sicherheit vor islamistischem Terror“?

Nachdem Hillary Clinton endlich ihre Kandidatur fürs amerikanische Präsidentenamt bekannt gegeben und damit nur offiziell gemacht hat, woran ohnehin kaum jemand Zweifel haben konnte, meint Oliver Grimm, der USA-Korrespondent der Presse, dass Clinton den amerikanischen Wählern eine „Zeitreise in die 1990er-Jahre“ vorschlage, eine „Rückkehr zu den beiden Amtszeiten ihres Mannes“, als die Amerikaner sich stetigen Wohlstands, Überschüssen im Staatshaushalt und „der Sicherheit vor dem islamistischen Terror“ erfreuen durften. (Presse, 13. Apr. 2015)

Sollte im amerikanischen Wahlvolk tatsächlich eine solche Sehnsucht nach der Vergangenheit aufkommen, so müsste zumindest im Hinblick auf den letzten Punkt die Geschichte vergessen gemacht oder umgeschrieben werden. Denn kaum war Bill Clinton als US-Präsident angelobt worden, unternahmen islamistische Terroristen am 26. Februar 1993 den ersten Anschlag auf das World Trade Center: Mit der Explosion von Autobomben in der Parkgarage sollten die Twin Towers zum Einsturz gebracht werden. Sechs Menschen wurden getötet und über 1000 verletzt.

Knapp dreieinhalb Jahre später veröffentliche Osama Bin Laden seine „Erklärung des Heiligen Krieges gegen die Amerikaner, die das Land der beiden heiligen Stätten besetzen“, und gelobte im Namen der „muslimischen Nation“ den Kampf gegen die „Koalition der Juden und Kreuzfahrer“, bevor er im Februar 1998 die „Erklärung der Internationalen Islamischen Front für den Heiligen Krieg gegen die Juden und Kreuzfahrer“ verbreitete. Darin hieß es u.a.: „Die Amerikaner und ihre Verbündeten zu töten, ob Zivilisten oder Soldaten, ist eine Pflicht für jeden Muslim, der es tun kann, in jedem Land, wo er sich befindet“.

Im August desselben Jahres verübten al-Qaida-Terroristen Selbstmordanschläge auf die amerikanischen Botschaften in Daressalam und Nairobi. Dabei wurden 263 Menschen getötet und über 5000 verletzt. Im Oktober 2000 töteten zwei al-Qaida-Terroristen 17 Angehörige der US-Navy und verletzten 39 weitere, als sie im Hafen von Aden beim Navy-Zerstörer USS Cole ein mit Sprengstoff beladenes Boot zur Detonation brachten.

Die 1990er-Jahre waren somit keineswegs eine Zeit, in der sich die USA der „Sicherheit vor dem islamistischen Terror“ erfreuen durften, sondern vielmehr eine Phase, in der sie unter Präsident Clinton die heranwachsende tödliche Bedrohung unterschätzten, die in den Angriffen des 11. September 2001 kulminierte, den Krieg nicht ernst genug nahmen, der ihnen im fernen Afghanistan erklärt worden war, und sich trotz aller anderslautenden Hinweise einem trügerischen Sicherheitsgefühl hingaben. Nach den Erfahrungen der 14 Jahre seit 9/11 kann man nur hoffen, dass sie diesen Fehler nicht ein zweites Mal begehen.
 

V. MENA präsentiert seine „Analysen 2014/2015“

Wir freuen uns, Ihnen am Dienstag, dem 21. April, unsere „Analysen 2014/15“ präsentieren zu dürfen, einen Band, in dem sich neben Beiträgen von MENA-Mitarbeitern auch Gastbeiträge renommierter Experten für die Regionen Naher Osten und Nordafrika finden. Jonathan Spyer, Direktor des Rubin-Centers in Herzliya, der eine aufschlussreiche Analyse des Aufstiegs und Falls der regionalen Ambitionen Katars beigesteuert hat, wird im Zuge unserer Präsentation über den Verlauf des Krieges in Syrien, dessen Übergreifen auf den Irak und die Auswirkungen des Blutvergießens auf den Libanon vortragen. Spyer war in den vergangenen drei Jahren zu Recherchezwecken sechs Mal in Syrien und zwei Mal im Irak. Wie nur wenige andere ausländische Beobachter vermag er sein umfangreiches fachliches Wissen mit seinen vor Ort gewonnenen Eindrücken zu verbinden.

Ort und Zeit der Präsentation:

Dienstag, 21. April 2015, 18 Uhr
Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien

Anmeldungen bitte unter: http://eventmaker.at/mena/mena-analysen_20142015/home.html

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