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Wochenbericht, 30.6. bis 6.7.2014

In dieser Ausgabe:

I. Allgemeiner Überblick
II. Gewaltspirale und moralische Äquidistanz
III. Nahost-Floskeln und die Realität

I. Allgemeiner Überblick

In der vergangenen Woche erschienen in den von MENA systematisch ausgewerteten österreichischen Tageszeitungen 490 Beiträge mit Bezügen zum Nahen Osten bzw. zu Nordafrika:

Wochenbericht, 30.6. bis 6.7.2014

Folgende Länder standen dabei im Fokus der Berichterstattung. Die vielen Erwähnungen Algeriens sind auf die Berichterstattung zur Fußball-WM zurückzuführen, in der das Land das Achtelfinale erreichte.

Wochenbericht, 30.6. bis 6.7.2014

In den insgesamt 153 relevanten Beiträgen der wichtigsten Radio- und Fernsehnachrichtensendungen des ORF waren folgende Länder am häufigsten Gegenstand der Berichterstattung:

Wochenbericht, 30.6. bis 6.7.2014

II. Gewaltspirale und moralische Äquidistanz

Eines der zentralen Themen der letzten Woche war die Verschärfung der Situation in Israel und den Palästinensergebieten nach dem Fund der Leichen der drei ermordeten Israelis am Montag, der Ermordung eines palästinensischen Jugendlichen am darauffolgenden Mittwoch und des seit einem Tag vor der Entführung eskalierenden Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen durch Hamas und andere islamistische Terrorgruppen. Während etwa die Salzburger Nachrichten Anfang der Woche titelten: „Israel trauert um drei Teenager“ (2. Juli 2014) und auch die ZIB13 die „Trauer in Israel“ (1. Juli 2014) zum Titel ihres Berichtes machte, ließ der Standard es sich in seiner Schlagzeile nicht nehmen, unmittelbar nach dem Hinweis, dass die „(e)ntführten Israelis tot“ seien, eine „Warnung vor (der) Gewaltspirale“ (Standard, 1. Jul. 2014) auszusprechen – und Israel also aufzufordern, ja stillzuhalten und nichts wegen der Entführung und Ermordung dreier seiner Staatsbürger durch eine islamistische Terrororganisation zu unternehmen.

Nachdem die Kronen Zeitung bereits die am Tag vor dem Fund der Leichen von der israelische Armee geflogenen Luftangriffe, mit denen auf den fortgesetzten Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen reagiert wurde, als „Racheangriffe“ (Kronen Zeitung, 30. Jun. 2014) denunziert hatte, berichtete sie am Dienstag, dem Tag, an dem die israelischen Jugendlichen zu Grabe getragen wurden: „Israel schwört nun Vergeltung ‚bis zur Vernichtung der Hamas‘“. Ohne auch nur ein Wort über das Begräbnis und die Trauer im Land zu verlieren, mokierte sich die Krone darüber, dass israelische Sicherheitskräfte eine großangelegte Suchaktion in der Hoffnung durchgeführt hatten, die drei Entführten noch lebend zu finden. Von Opfern war nur auf palästinensischer Seite die Rede: „Bei der Brachial-Fahndungsaktion der israelischen Sicherheitskräfte im Westjordanland nach den drei Entführten waren fünf Palästinenser erschossen worden.“ (Kronen Zeitung, 2. Jul. 2014).

In diesem Zusammenhang lieh dann auch Susanne Knaul dem als palästinensischer Politiker und Menschenrechtsaktivist vorgestellten Mustafa Barghouti ihre Stimme, der vermutet, „dass die ‚nächste Intifada‘, die sich zunächst gegen die eigene Führung richten werde, unmittelbar bevorsteht.“ (Presse, 1. Jul. 2014) Diese Ausführungen Knauls waren insofern bemerkenswert, als sie in der taz vom selben Tag behauptete, dass, „(d)ie Palästinenser … keine Dritte Intifada“ wollten, weswegen die Israelis sie nicht durch die Forderung nach Konsequenzen aus dem Entführungsfall zu einer solchen drängen sollten: „Israel provoziert dritte Intifada. Die palästinensische Führung hat ebenso wie die Bevölkerung bislang deeskaliert. Jetzt muss auch die israelische Regierung zur Vernunft kommen.“ (taz, 1. Jul. 2014) Was Knaul ihren österreichischen Lesern allerdings vorenthielt, war die Tatsache, dass der von ihr zitierte Barghouti einerseits Netanjahu für die Ermordung der drei Israelis verantwortlich gemacht hatte, die er in einem zweiten Schritt damit rechtfertigte, dass er alle drei Ermordeten zu Siedlern erklärte, obwohl zwei von ihnen in Israel lebten: „‚I think that the person who is responsible for the death of these young people is Netanyahu himself,‘ he fired, ‚by sending them into illegal settlements by international law.‘“ Und er fuhr fort: „Settlements are illegal, these guys should not have been there“.

Weiters kritisierte Barghouti die Palästinensische Autonomiebehörde dafür, dass sie mit Israel bei der Suche nach den entführten Jugendlichen kooperiert habe. Insofern ließ Knaul die Presse-Leser auch darüber im Unklaren, warum Barghouti jene Intifada, die die Palästinenser doch eigentlich – siehe taz – gar nicht anstrebten, bei der Palästinensischen Autonomiebehörde beginnen lassen wollte: Die gilt ihm wegen ihrer Zusammenarbeit mit israelischen Sicherheitskräften schlichtweg als Handlanger und Kollaborateur der verhassten Israelis. Nur unter Auslassung all dieser Details, die zentral zum Verständnis der Aussagen Barghoutis wären, konnte Knaul Barghouti als „Menschenrechtsaktivist(en)“ und damit gewissermaßen als Stimme der Mäßigung präsentieren.

Als dann die Leiche des 16-jährigen Mohammed Abu Khdeir gefunden wurde, war der Fall für österreichische Medien sofort klar: „Auge um Auge: Rachemord in Jerusalem?“, überschrieb die Presse ihren zugehörigen Artikel. (3. Juli 2014) Immerhin setzte sie hinter den Titel noch ein Fragezeichen und wurde so zumindest der Tatsache gerecht, dass zu diesem Zeitpunkt zwar der Verdacht einer Vergeltungstat bestand, dies aber nicht die einzige Spur war, der die israelische Polizei nachging. Im Bericht selber war dann davon die Rede, dass der arabische Jugendliche „möglicherweise Opfer eines Racheakts“ geworden sei. Auch die Kleine Zeitung zog die Formulierung „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ für ihre Schlagzeile heran (3. Juli 2014). Die Salzburger Nachrichten hatten den Fall quasi schon gelöst: „Lynchjustiz fordert 16-jähriges Opfer“, war in der Überschrift zu lesen, und im Artikel darunter hieß es: „Radikale Israelis wollten nicht abwarten, bis ihr Staat die versprochene Vergeltung übt, und gingen zu Lynchjustiz über.“ (Salzburger Nachrichten, 03. Juli 2014) Dies wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, zu dem nicht feststand, wer das Verbrechen begangen hatte. Aufgrund der von den israelischen Behörden verhängten Nachrichtensperre konnten österreichischen Medien die Details des Falles noch nicht bekannt sein.

Insgesamt konnte man fast eine Art Aufatmen beobachten, das durch Teile der österreichischen Presselandschaft ging, als der ermordete palästinensische Junge gefunden worden war: Jetzt, da nicht mehr ‚nur‘ jüdische Opfer zu beklagen waren, konnte man auf alte Muster zurückgreifen und ein „Rad der Eskalation“ konstatieren, das sich „auf beiden Seiten“ (Ö1-Morgenjournal, 5. Juli 14) gleichermaßen in einem Konflikt drehe, in dem Gut und Böse längst nicht mehr unterscheidbar seien. „Das Gefühl der Vergeblichkeit steigert sich bei den Nachrichten aus dem Raum Israel/Palästina. … Es gibt nicht nur keinen Sinn, sondern auch keine erkennbare Entwicklung irgendwohin – außer in die Gewaltspirale“, schrieb Hans Rauscher im Standard (3. Juli 2014). Kurt Seinitz sekundierte in der Krone: „Die beiden Völker, die einander das Leben zur Hölle machen (‚Dein Land ist mein Land‘) sind in wirklich allem, also auch im Leid entzweit.“ (Kronen Zeitung, 3. Juli 2014) „Etwa zur gleichen Zeit“, zu der die drei israelischen Jugendlichen zu Grabe getragen wurden, „Dutzende Kilometer vom Ort der Trauer entfernt, hatten drei Männer Muhammed von der Straße in ein Auto gezerrt.“, war im Kurier zu lesen. (3. Juli 2014) Eine erstaunlich weitläufige Zeitangabe angesichts der Tatsache, dass Gilad Shaer, Naftali Fraenkel und Eyal Yifrach am Nachmittag des 1. Juli begraben wurden, während Mohammed Abu Khdeir in den frühen Morgenstunden des 2. Juli entführt wurde, aber solche Details hätten die Dramatik nur gestört.

Dass der Versuch, journalistische Äquivalenz herzustellen, nicht nur die Opfer von Gewalttaten zu Instrumenten einer politischen Agenda macht, sondern sich darüber hinaus auch geradezu selbsttätig gegen Israel richtet, ließe sich anhand des in den Salzburger Nachrichten publizierten Leitartikels zeigen, in dem es hieß: „Die Regierungen“, gemeint sind die israelische und die palästinensische, „haben das Gewaltmonopol verloren.“ (Salzburger Nachrichten, 3. Juli 2014) Dass die Verübung eines Mordes, mag er noch so grausam und barbarisch sein, nicht mit dem Verlust des Gewaltmonopols identisch ist, bewies die israelische Polizei, als sie fünf Tage nach dem Mord sechs Verdächtige festnahm. Doch nicht nur das: Vielmehr verurteile jeder relevante Politiker in Israel die Tat aufs Schärfste und machte klar, dass jüdischer Terrorismus auf genau dieselbe Weise verfolgt und bekämpft werden müsse wie palästinensischer. Der aschkenasische wie der ehemalige sephardische Oberrabbiner verurteilten die Tat aus politischen, moralischen und religiösen Beweggründen, ebenso wie die Familie eines der ermordeten israelischen Teenager: „If the Arab youth was murdered because of nationalistic motives then this is a horrible and horrendous act“, war in einem Statement der Familie vom 2. Juli zu lesen. „There is no difference between Arab blood and Jewish blood. Murder is murder. There is no forgiveness or justification for any murder.“

Die israelische Gesellschaft trat also geschlossen gegen den Mord an Mohammed Abu Khdeir auf; eine Feststellung, die man für die palästinensische Gesellschaft angesichts der israelischen Entführungs- und Mordopfer nicht treffen kann – wie nicht zuletzt das Beispiel Mustafa Barghouti zeigt, der nichtsdestotrotz in österreichischen Zeitungen als „Menschenrechtsaktivist“ präsentiert wurde. Allzu oft werden Mörder und Terroristen in den Palästinensergebieten als Freiheitshelden gefeiert und mit einer staatlichen Pension honoriert, werden Schulen, Plätze und öffentliche Einrichtungen nach ihnen benannt. Und auch Mahmud Abbas schlug in den letzten Tagen in die altbekannte Kerbe, wenn er, nachdem er die Entführung der drei israelischen Jugendlichen in ungewohnt scharfer Weise kritisiert hatte, von der UNO forderte, sie müsse angesichts des Mordes an Mohammed Abu Khdeir nun ein Komitee zur Untersuchung der „Siedlerkriminalität“ an den Palästinensern ins Leben rufen. Dass er jemals Vergleichbares in Bezug auf die Gewalttaten palästinensischer Extremisten gegen Israelis gefordert hätte, ist nicht bekannt. Und selbst Mohammed Abu Khdeirs Mutter schreckte nicht davor zurück, ihren toten Sohn als Waffe im Kampf gegen Israel zu benutzen: So forderte sie nicht nur Rache an Israelis in Form von gewaltsamen Demonstrationen und fortgesetztem Raketenbeschuss, sondern sie charakterisierte ihren Sohn auch öffentlich als Märtyrer, der keineswegs sinnlos, sondern für die größere palästinensische Sache gestorben sei: „‚I hope your death brings victory to Palestine,‘ Abu Khdeir’s mother, Suha, said as her son was laid to rest. ‚May God burn the criminals who burned my son. I do not wish for any family to experience the sorrows that have come upon us.‘“

Die Phrase vom „nahöstlichen Kreislauf aus Hass, Gewalt und Rache“ (Kurier, 3. Juli 2014), die Israelis wie Palästinenser gleichermaßen befallen habe und in den Abgrund ziehe, dient dazu, die gravierenden Unterschiede einzuebnen, die anhand der unterschiedlichen Reaktionen auf die jüngsten Gewalttaten in Israel und unter den Palästinensern deutlich wurden. Die Tatsache aber, dass damit ein demokratischer Rechtsstaat und eine Gesellschaft, in der der Märtyrergedanke ebenso verbreitet ist wie der Wunsch, sich der Israelis endlich zu entledigen, über einen Leisten geschlagen werden, ist der Grund, warum die Rede von der „Gewaltspirale“ geradezu automatisch zu einem Selbstläufer gegen Israel wird: „Although the frame appears to offer a balanced reporting – the cycle presents an equal responsibility for the conflict–it almost always works to disadvantage Israel.“

III. Nahost-Floskeln und die Realität

Die Rede von der „Gewaltspirale“ war bei Weitem nicht die einzige Floskel, mit der die Eskalation der Situation im Nahen Osten bedacht wurde. Auch wenn die Aneinanderreihung sinnentleerter Worthülsen nicht immer den Höhepunkt eines „Flächenbrands im Pulverfass“ erreicht (siehe MENA-Wochenbericht vom 26.08. bis 01.09. 2013), so kommt die Berichterstattung über die Region ohne Begriffe wie Pulverfass und Flächenbrand offenbar einfach nicht aus. (etwa: ZIB24, 3. Juli 2014, Neues Volksblatt, 4. Juli. 2014)

Wie automatisch auf diese (Satz-)Bausteine zurückgegriffen wird, ohne dass auf den Gehalt des Gesagten überhaupt noch ein Gedanke verschwendet würde, lässt sich erkennen, wenn die in Stellung gebrachten Wortungetüme ganz augenscheinlich keinerlei Sinn ergeben. So stellte etwa Roman Rafreider in der Anmoderation eines Berichts über die Verschärfung des Konflikts zwischen Israel und der Hamas fest: „‚Wer Gewalt sät, wird Sturm ernten‘: um das zu wissen, muss man nicht die Bibel oder Clausewitz gelesen haben.“ (ZIB24, 1. Juli 2014) Der von Rafreider bemühte Satz findet sich freilich weder bei Clausewitz, noch in der Bibel. Und das hat einen guten Grund: Schon auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass die von Rafreider behauptete Kausalität von Gewalt und Sturm schlicht unsinnig ist. Im Alten Testament, dessen Autoren noch mehr Rücksicht auf stimmige sprachliche Bilder nahmen, als der ORF-Moderator, heißt es: „Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten. Ihre Saat soll nicht aufgehen; was dennoch aufwächst, bringt kein Mehl; und wenn es etwas bringen würde, sollen Fremde es verschlingen.“ (Hosea 8, 7) Inwieweit dieser Vers des Propheten Hosea zur Analyse des Terrorkriegs der Hamas gegen Israel Entscheidendes beitragen kann, wird jedoch bei korrekter Wiedergabe des Zitats nicht deutlich.

Norbert Jessen machte sodann im Kurier seinen Lesern eine erstaunliche Mitteilung, als er feststellte, dass „das Öl, das Sturmwogen glättet, … im Nahen Osten rar geworden“ (Kurier, 5. Juli 2014) sei. Leider ließ er sein Publikum aber nicht an dem Wissen teilhaben, ob in irgendeiner anderen Region der Welt mehr Öl mit der sonderbaren Eigenschaft zu finden sei, Sturmwogen glätten zu können. Und auch Kurt Seinitz bemühte in seinem Kommentar in der Kronen Zeitung vom selben Tag einen jener Stehsätze, die auch durch noch so oftmaliges Wiederholen nicht richtiger werden: „So ist der Palästinenserkonflikt die Mutter aller Nahostkonflikte.“ (Kronen Zeitung, 5. Juli 2014) Auf jeden weiteren Beleg für diese Behauptung verzichtete er, konnte er doch darauf vertrauen, dass Feststellungen wie diese sich in einer Art verfestigt haben, die jede Begründung überflüssig macht. Zu vermuten ist, dass es ihm selbst bei angestrengtestem Nachdenken schwer gefallen wäre, Zusammenhänge zu finden, die es einfach nicht gibt: Was die Auseinandersetzung zwischen Israel und den Palästinensern etwa mit den Stammesrivalitäten in Libyen, der Konfrontation zwischen Sunniten und Schiiten im Irak oder dem Kampf um Hegemonie im Persischen Golf zwischen Saudi-Arabien und dem Iran zu tun haben sollen: das zu erklären, dürfte selbst für Kurt Seinitz eine unlösbare Aufgabe darstellen.

In Israel gibt es Seinitz zufolge „zwei Arten von Arabern“: neben denen, die Staatbürger des jüdischen Staates sind, auch noch „über 3,5 Millionen ‚besetzte’ Araber“. Der „Psycho-Druck eines Besatzungsregimes“ sowie die „zionistische Ideologie“ seien für die Konflikte im Westjordanland verantwortlich. „Der Beginn einer Lösung“, so rekurrierte Seinitz dieses Mal auf das ceterum censeo zeitgenössischer Nahost-Weisheiten, „wäre ein Stopp der Siedlungspolitik“. Auch hier tat er gut daran, seine Aussagen nicht an einer Realität zu messen, die ihm abermals einen Strich durch die Rechnung machen würde. In einer jüngst veröffentlichten Umfrage des Washington Institute for Near East Policy nannten nur 19,7% der befragten Palästinenser einen Siedlungsstopp als das Zeichen, das sie davon überzeugen würde, dass Israel es mit seinen Friedensbemühungen ernst meine. Die Erweiterung palästinensischer Bewegungsfreiheit, deren Einschränkung Seinitz ebenfalls als einen der Hauptgründe für den Konflikt anführte, nannten gar nur 13,8% der Befragten. Den weitaus meisten Zuspruch erhielt mit 45% die Forderung, Israel solle mehr palästinensische Gefangene freilassen.

Hätte Seinitz sich für die wirklichen Prioritäten der Palästinenser interessiert, wäre ihm vielleicht auch ein anderes Ergebnis der Umfrage aufgefallen: Insgesamt 60,3% der befragten Palästinenser sagten, dass ihr ultimatives Ziel nicht die friedliche Koexistenz zweier nebeneinander liegender Staat sei, sondern vielmehr die Zurückgewinnung des „ganzen historischen Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer“; sprich: die Auslöschung Israels. Vor diesem übergeordneten Ziel ergeben auch die anderen Zahlen einen Sinn, wie Evelyn Gordon in der Jerusalem Post hervorhob: „(T)his order of priorities makes perfect sense if the goal is ‚reclaiming all of historic Palestine.‘ Once you’re aspiring to remove millions of Jews from Tel Aviv, Haifa and Jerusalem, a few hundred new houses in isolated settlements are irrelevant. But freeing Palestinian terrorists is crucial.“ Dies ist auch der Grund, warum die Palästinensische Autonomiebehörde sich letzten Sommer weigerte, im Zuge der US-geführten Friedensverhandlungen das israelische Angebot eines Siedlungsstopps anzunehmen und stattdessen die Freilassung von 104 Gefangenen verlangte, die meisten von ihnen Terroristen und Mörder.

Anstatt aber die fast 2/3-Mehrheit unter den Palästinensern zur Kenntnis zu nehmen, die die Vernichtung des jüdischen Staates als höchstes Ziel betrachtet, wird im Westen gebetsmühlenartig von israelischen Siedlungen als dem „größten Hindernis für den Frieden“ gesprochen. Gordon bemerkt dazu: „This would be absurd even if Palestinians actually wanted peace, since … the overwhelming majority of settlement construction occurs in areas that every deal ever proposed has allotted to Israel, and consequently doesn’t undermine prospects for an agreement at all. But it’s even more absurd given that no obstacle to peace could possibly outweigh one party’s unaltered desire to annihilate the other.“

Während das wahre Hindernis für den Frieden beharrlich ignoriert wird, mangelt es nicht an Ratschlägen. Außenminister Kurz etwa richtet an Israelis wie Palästinenser gleichermaßen seine Warnung vor einer ebenso anonymen wie akteurslosen „Spirale von Gewalt und Gegengewalt“ (Standard, 1. Juli 2014), womit schließlich auch noch jene Floskel zur Anwendung kam, die im Zusammenhang mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt auf keinen Fall fehlen darf.

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