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WOCHENBERICHT, 13.5. BIS 19.5.2013

I. Allgemeiner Überblick, Präsidentschaftswahlen im Iran

In der vergangenen Woche erschienen in den von MENA systematisch ausgewerteten österreichischen Tageszeitungen insgesamt 323 Beiträge mit Bezügen zum Nahen Osten und Nordafrika:

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Dabei standen folgende Länder im Mittelpunkt des medialen Interesses:

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In den insgesamt 96 relevanten Beiträgen der wichtigsten ORF-Fernseh- und Radionachrichtensendungen war Syrien das die Berichterstattung dominierende Land:

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Angesichts der Mitte Juni bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Iran ist nicht überraschend, dass sich die Medien mit aktuellen politischen Entwicklungen im Vorfeld dieses Urnengangs beschäftigen. Anfang der Woche sorgte für Schlagzeilen, dass Ex-Präsident Rafsanjani wieder zur Wahl antreten wird (Standard, 13. Mai 2013; Presse, 13. Mai 2013). Ein Urgestein der islamistischen Diktatur, der in der Vergangenheit die islamische Welt dazu aufrief, Israel mit Nuklearwaffen zu vernichten, wird Rafsanjani von Medien heute gerne als „(p)ragmatischer Kleriker“ und „Hoffnungsfigur“ dargestellt. (Salzburger Nachrichten, 13. Mai 2013) Dem Kurier ist zu danken, dass er derartige Fantasien mit der sarkastischen Bemerkung eines jungen Teheraners konfrontierte: „Ein 76-jähriger schwerreicher Geistlicher. So einem wollte ich schon immer meine Sorgen anvertrauen“. (Kurier, 19. Mai 2013. Tatsächlich ist Rafsanjani bereits 79 Jahre alt.)

Mitte der Woche machte die Meldung die Runde, dass auch Irans Top-Verhandler in Sachen Atomstreit, Saeed Jalili, als möglicher neuer Liebling des obersten geistlichen Führers Khamenei ins Rennen um die Präsidentschaft gehen werde. (Standard, 16. Mai 2013) Angesichts seiner bislang äußerst erfolgreichen Bemühungen um eine Verschleppung der Verhandlungen mit dem Westen wäre nicht einzusehen, warum Khamenei mit den bisherigen Leistungen Jalilis nicht höchst zufrieden sein sollte. Apropos: Dass am Mittwoch in Wien eine weitere Verhandlungsrunde mit dem Iran ohne nennenswertes Ergebnis über die Bühne ging, ist den Zeitungen zu Recht nur mehr Kurzmeldungen wert. „Die Gespräche sollen zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden“, war im Kurier zu lesen. (Kurier, 16. Mai 2013) Wer die Hoffnung hegt, mit einem neuen iranischen Präsidenten sei vielleicht ein Durchbruch im Atomstreit zu erreichen, der sollte auf Chef-Unterhändler und Präsidentschaftskandidaten Jalili hören, der vor „falschen Hoffnungen auf einen neuen Kurs seines Landes nach der Präsidentschaftswahl“ warnte. „Das Atomprogramm sei eine Staatsangelegenheit und als solche überparteilich“. (Salzburger Nachrichten, 16. Mai 2013)

Während der Iran weiter auf Zeit spielt und der unentschlossene Westen auf ein Wunder nach der Wahl im Juni hofft, ist in österreichischen Medien eine regelrechte Werbekampagne für den Iran im Gange. Diesen Eindruck muss zumindest gewinnen, wer die ungewöhnliche Häufung von „Reiseberichten“ bemerkt, in denen seit rund einer Woche für den Iran die Werbetrommel gerührt wird. Den Anfang machte die Kronen Zeitung, die bereits am letzten Wochenende die „verschleierte(n) Schönheiten“ des Landes bejubelte. (Kronen Zeitung, 12. Mai 2013) Darauf folgten dieSalzburger Nachrichten, die dieses Wochenende über „(p)rächtige Moscheen, gewaltige Paläste (und) blühende Gärten“ ins Schwärmen gerieten. „Was für ein Land. Was für eine Geschichte. Was für eine Kultur.“ (Salzburger Nachrichten, 18. Mai 2013) Dem schloss sich zuletzt noch die Kleine Zeitung an, die „(h)inter dem Schleier“ den Iran als ein Land entdeckte, das Besucher mit „historischen Juwelen und einem freundlichen ‚Willkommen‘“ in Empfang nehmen würde. (Kleine Zeitung, 19. Mai 2013)

Es fällt von Haus aus schwer, diese bemerkenswerte zeitliche Häufung an Reiseberichten über ein Land, das mit guten Gründen unter strengen internationalen Sanktionen steht, für Zufall zu halten. Wenn sich dann aber nicht nur die inhaltliche Struktur dieser Artikel deckt, sondern man darüber hinaus in allen drei Zeitungen auf ein und denselben Mullah trifft (selbst wenn er zwei Mal in Isfahan und ein Mal in Shiraz angesiedelt wird) und zum Abschluss stets für den selben Reiseveranstalter geworben wird, gibt es keinen Zweifel mehr: Hier findet eine nicht als solche deklarierte Werbekampagne statt.

II. Syrien: Russlands Kurswechsel, wieder einmal

Vor eineinhalb Wochen wurde noch mit Anflügen von Hoffnung darüber berichtet, die USA und Russland hätten sich anlässlich eines Besuchs von US-Außenminister John Kerry in Moskau auf die Abhaltung einer internationalen Konferenz zur Syrien-Krise geeinigt. Die „Kriegsparteien sollen verhandeln“, meldete damals der Standard. Zu diesem Zwecke würden „alle an dem Konflikt beteiligten Gruppen aus Syrien“, aber auch „Vertreter des Regimes“ nach Genf eingeladen werden, um eine „konsensuale Übergangsführung“ zu schaffen. (Standard, 10. Mai 2013) Obwohl der gemeinsame Beschluss zur Durchführung einer Konferenz nur gefasst werden konnte, weil die USA von ihrer Forderung nach dem Rücktritt Assads abrückten, vermeinten manche Medien trotzdem – und nicht zum ersten Mal –, Anzeichen für einen Kurswechsel Russlands entdecken zu können. So wurde etwa im Mittagsjournalbehauptet, die vernehmbaren Töne aus Russland klängen „deutlich anders als noch vor einem Jahr, als Russland bei internationalen Treffen vor allem vor einer ausländischen Intervention warnte.“ (Ö1-Mittagsjounal, 18. Mai 2013. Sehen Sie dazu auch den MENA-Beitrag „Russlands ‚Kurswechsel‘?“)

Putins gegenüber dem israelischen Premier Netanjahu geäußerte Beteuerung, man müsse alles tun, um eine weitere Eskalation in Syrien zu verhindern, war aber nichts anderes als die erneute Warnung an Israel und den Westen, nur ja nicht in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen, während Russland, der Iran und die libanesische Hisbollah alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um Assad an der Macht zu halten. Diesem Zwecke dienen auch die zuletzt bekannt gewordenen geplanten Waffenlieferungen an das syrische Regime. (Salzburger Nachrichten, 15. Mai 2013) Dazu gehört nicht nur die Modernisierung der syrischen Luftraumverteidigung durch das fortgeschrittene S-300-Luftabwehrraketensystem, das die von der Türkei und einigen europäischen Staaten geforderte Errichtung einer Flugverbotszonen über Teilen von Syrien enorm erschweren oder gar verunmöglichen würde, sondern auch die Lieferung hochmoderner Antischifflenkwaffen, mit denen jeder Versuch einer Seeblockade durchbrochen werden könnte. (Presse, 18. Mai 2013)

Ob Russland diese modernen Waffen wirklich an das syrische Regime liefern wird, wird sich erst zeigen. Wie die Times of Israelanalysiert, riskiert die russische Führung eine gefährliche Verschärfung der Lage: „With Assad’s Syria protected beneath the S-300 umbrella, Iran would be emboldened in its weapons transfers to Hezbollah, a semi-sovereign terror group avowedly committed to Israel’s destruction. Israel would feel obliged to find other means to prevent the improvement of Hezbollah’s already formidable military capability. And tensions across the already unstable borders between Israel and Syria, and Israel and Lebanon, would be ratcheted up another few deeply worrying notches.”

Auch unabhängig von russischen Waffenlieferungen an das syrische Regime könnte eine Verschärfung der Lage an der syrisch-israelischen Grenze bevorstehen. Im Laufe der vergangenen Woche berichteten arabische Medien vermehrt darüber, dass Syrien auf iranischen Druck zugestimmt habe, auf den Golanhöhen Angriffe auf Israel durch die Hisbollah oder palästinensische Gruppierungen zuzulassen. Die Hisbollah greift unterdessen immer offener in den syrischen Bürgerkrieg ein. Laut Presse sollen bei Kämpfen mit Rebellen in der Gegend von Homs etliche Hisbollah-Kämpfer getötet oder verletzt worden sein. (Presse, 19. Mai 2013) Besonders umkämpft ist seit Wochen die Stadt Qusair, die 35 Kilometer südwestlich von Homs an einer strategisch wichtigen Verbindungsstelle zwischen Damaskus und dem alawitischen Kernland an der Mittelmeerküste liegt. Bis zu 40 Hisbollah-Kämpfer sollen im Laufe des Wochenendes getötet und über 100 weitere verletzt worden sein. Selbst für Kurt Seinitz von der Krone steht jetzt fest, dass „die israelfeindliche Hisbollah für Assad in Syrien eingerückt ist“ (Kronen Zeitung, 19. Mai 2013) – als sei das bis gerade eben noch fraglich gewesen.

„Wir dürfen den Schwung nicht verlieren“ – diese von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Hinblick auf die geplante Syrien-Konferenz getätigte Aussage (Standard, 18./19./20. Mai 2013) klang vor dem Hintergrund der Entwicklungen vor Ort schon nur mehr nach einer Durchhalteparole. Sollte die Konferenz überhaupt stattfinden – im Augenblick gibt es weder einen Termin, noch herrscht Einigkeit darüber, wer mit wem worüber verhandeln solle – wäre alles andere als ein Scheitern eine große Überraschung, nicht zuletzt weil Bashar al-Assad weiterhin jeden „Dialog mit Terroristen“ sowie seinen Rücktritt kategorisch ablehnt.

III. Der Bengasi-Skandal: Ein Fall von Medienversagen

Der syrische Bürgerkrieg hätte eigentlich auch im Mittelpunkt des Staatsbesuches des türkischen Premiers Erdogan in den USA stehen sollen. Im Vorfeld hieß es, Erdogan wolle Druck auf US-Präsident Obama ausüben, um ihn zu einer militärischen Unterstützung der syrischen Rebellen zu bewegen. (Standard, 16. Mai 2013) Einen Augenblick bemerkenswerter Klarheit hatte in diesem Zusammenhang der Türkei-Korrespondent Markus Bernath, der im Standard fragte, was die Türkei im Bezug auf Syrien eigentlich wolle, und darauf folgende Antwort gab: „Den Krieg in Syrien im Handstreich beenden, das Assad-Regime durch eine Muslimbrüder-Regierung aus der Retorte ersetzen. Das eine scheint wenig wahrscheinlich, das andere wenig vertrauenerweckend.“ (Standard, 13. Mai 2013) So kurz, prägnant und treffend hat man das in österreichischen Medien noch selten gelesen.

Als Erdogan schließlich in Washington eintraf, wurde der syrische Bürgerkrieg in der medialen Berichterstattung wider Erwarten plötzlich von den Affären überschattet, mit denen die Obama-Administration in jüngster Zeit konfrontiert ist. Zum ersten Mal scheint dabei auch in den österreichischen Medien das lange vorherrschende Bild von Obama als einem politischen Messias einige ernste Kratzer abbekommen zu haben. Es wird eine Art von Kritik am amerikanischen Präsidenten laut, wie sie bislang bis auf wenige Ausnahmen nicht zu hören war. „Obama verfängt sich im Dickicht der Affären“, war im Standard zu lesen (Standard, 16. Mai 2013). „Obama ist entzaubert“, schrieben die Salzburger Nachrichten über den Präsidenten, der „sichtlich in die Defensive“ geraten sei (Salzburger Nachrichten, 16. Mai 2013). Dass Obama „(s)tark unter Druck“ geraten sei, berichtete der ORF. (ZiB, 16. Mai 2013) Das „Image vom Saubermann ist dahin“, bemerkte der Kurier(16. Mai 2013), und die Presse urteilte harsch, der „Sonntagsredner Barack Obama enttäuscht an allen Fronten“, jetzt, da ihn „gleich zwei Skandale … wie einen altbackenen Politiker aussehen lassen.“ (Presse, 15. Mai 2013)

Gerade dieser letzte Kommentar von Thomas Vieregge, dem USA-Korrespondenten der Presse, ist insofern bezeichnend für weite Teile der Berichterstattung hierzulande, als darin nur von zwei Affären die Rede ist, mit denen Präsident Obama konfrontiert sei: der Tatsache, dass die US-Finanzbehörde seit einiger Zeit gezielt konservative Organisationen und Gruppierungen wie die Tea Party ins Visier nahm, um ihnen Steuerbegünstigungen zu versagen, und dass das Justizministerium auf der Suche nach Geheimnisverrätern zwei Monate lang die privaten und dienstlichen Telefone von rund 100 Reportern der Nachrichtenagentur Associated Press angezapft hatte.

Tatsächlich gibt es aber noch einen dritten Skandal, der gegenwärtig die Obama-Administration beschäftig: Dabei geht es um den Angriff auf das amerikanische Konsulat im libyschen Bengasi am 11. September vergangenen Jahres, und um die Art und Weise, wie hochrangige Vertreter der US-Regierung diesen Vorfall in der Öffentlichkeit darstellten. Bei dem Angriff wurden vier Amerikaner, darunter der US-Botschafter in Libyen, getötet. Mitglieder der Obama-Administration, allen voran UN-Botschafterin Susan Rice, verbreiteten danach die Geschichte, der tödliche Zwischenfall habe sich im Zuge einer Demonstration von Muslimen ereignet, die über einen anti-islamischen Schmähfilm empört gewesen seien, der auf der Internetplattform Youtube zu sehen gewesen sei. Wie mittlerweile nach etlichen Aussagen vor verschiedenen Ausschüssen klar ist, war diese Geschichte einfach falsch: Es gab nie eine Demonstration vor dem US-Konsulat, sondern, wie CIA-Mitglieder vor Ort in Bengasi von Anfang an berichteten, einen Terrorangriff einer al-Qaida-nahen Gruppierung. Und der Vorfall hatte nicht das Geringste mit einem seltsamen Youtube-Film zu tun. Der daraus resultierende Vorwurf: Weil die USA sich gerade mitten im Präsidentschaftswahlkampf befanden, Obama darin stets seine vermeintlichen Erfolge im Kampf gegen al-Qaida hervorhob und es ihm daher ganz und gar nicht ins Konzept passte, dass es ausgerechnet einer al-Qaida-nahen Gruppe just an einem 11. September gelungen war, u. a. einen hochrangigen amerikanischen Diplomaten zu töten, setzte die US-Regierung wider besseres Wissen eine falsche Geschichte in die Welt, an der sie seitdem entgegen aller inzwischen an die Öffentlichkeit gekommener Evidenz verbissen festhält.

Dass Vieregge den Bengasi-Skandal in seinem Presse-Kommentar einfach unter den Tisch fallen ließ, wirft ein bezeichnendes Licht auf eine Medienszene, die die Bengasi-Affäre mehr als ein halbes Jahr lang entweder gänzlich verschwieg, oder sie als Verschwörungstheorie republikanischer Obama-Feinde abtat. Es handelt sich um einen klaren Fall von Medienversagen, in dem die ‚vierte Macht‘ in der Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion bis auf wenige Ausnahmen kläglich versagte. Dieses Urteil trifft auch auf einen Großteil der amerikanischen Medien zu, allerdings sind diese gerade im Begriff, ihre bisherige Fehleinschätzung der Affäre zu revidieren.

Anders in Österreich. Wie ein Blick auf die jüngste Berichterstattung zeigt, gibt es leider nach wie vor keine Bemühungen, über das Bengasi-Attentat und seine Nachwirkungen auch nur halbwegs seriös zu berichten. Nach Vieregges auffälligem Schweigen war letzten Freitag in der Presse dann doch noch etwas über die Bengasi-Affäre zu lesen. Es ginge dabei um eine „mögliche Vertuschung von Sicherheitsmängeln im Vorfeld des Anschlags auf das US-Konsulat … am 11. September 2012.“ Obama habe mit der Veröffentlichung der E-Mail-Korrespondenz „zwischen Weißem Haus, Außenministerium und CIA den Vorwurf der Republikaner“ zu entkräften versucht, „er habe während der Endphase des damaligen Wahlkampfs den Eindruck erwecken lassen, der tödliche Angriff sei spontan während einer anti-westlichen Demonstration entstanden und nicht von den Geheimdiensten absehbar gewesen.“ (Presse, 17. Mai 2013)

Das sind reichlich seltsame Formulierungen: Einerseits gibt es gar keinen Zweifel, dass die Obama-Administration den tödlichen Angriff als spontane, aus einer Demonstration heraus erfolgte Attacke darstellte; diesen Vorwurf entkräften zu wollen, wäre ein völlig sinn- und aussichtsloses Unterfangen. Auch ist erwiesen, dass in den Tagen vor dem Angriff aus Bengasi auf die Gefahr hingewiesen worden war, die von al-Qaida-nahen Gruppen ausging.Daniel Foster fasst zusammen, worin die Unstimmigkeiten damals bestanden: „There was internal disagreement over how much security the American facility needed, and push and pull between the need to secure the compound and the desire to project an open and peaceful American presence to the locals and to the world. In the end, the security professionals were overruled by the diplomats (maybe) and the political brass (definitely); and defenses were weakened, against State Department guidelines and conventions, even as the situation on the ground destabilized.” Noch während der Angriff noch im Gange war, wussten die Amerikaner vor Ort schon sehr genau, wer dafür verantwortlich war: „The earliest and most direct reports, from Americans on the ground in Libya during the attacks, was that they were perpetrated by Ansar al-Sharia, a jihadist group with ties to al-Qaeda. There were no reports that the attacks were the result of a demonstration gone wrong, nor reports of any demonstration in Benghazi at all.”

In der Presse war weiter zu lesen, die nun veröffentlichten E-Mails „entkräften die Kritik der Republikaner: Man kann aus ihnen eher ablesen, dass CIA und Außenamt über die Frage stritten, wie viele Informationen man veröffentlichen könne“. (Presse, 17. Mai 2013) Die Behauptung, die veröffentlichten E-Mails würden die Kritik an der Obama-Administration entkräften, ist frei erfunden. Aus ihnen lässt sich vielmehr ersehen, wie über mehrere Überarbeitungsschritte hinweg die ursprünglichen CIA-Informationen abgeschwächt und soweit geändert wurden, dass sie nicht mehr wiederzuerkennen waren. Darüber hinaus unterschlägt die Presseeinen wesentlichen Punkt: Die veröffentlichten Mails widersprechen der Geschichte, die seit einem halben Jahr von der Regierung erzählt wird, insofern darin das berüchtigte Youtube-Video, das an allem schuld sein soll und das Susanne Rice in mehreren Talkshows für die Attacke in Bengasi verantwortlich machte, kaum eine Rolle spielt.

Mehr war in der Presse über die Affäre nicht in Erfahrung zu bringen. Die Berichterstattung im Standard sah kaum besser aus. „Um Kritikern den Zahn zu ziehen“ habe Obama die rund 100 Seiten E-Mails veröffentlicht, die „Chronologie eines internen Disputs darüber, was bei Medienauftritten gesagt werden sollte und was nicht. Anhand der Korrespondenz kann sich die damalige Außenministerin Hillary Clinton fürs Erste entlastet fühlen. … Manche Republikaner versuchen Clinton … nachzuweisen, die Fakten verbogen zu haben.“ (Standard, 17. Mai 2013) In einem Kommentar am gleichen Tag wurde die Bengasi-Affäre zwar erwähnt, aber keine weiteren Informationen darüber geboten. Anhand dieser Darstellung ist überhaupt nicht zu verstehen, worum es bei der Affäre geht. Ja, bei den Mails handelt es sich um eine Debatte darüber, was gesagt werden darf, aber das ist nicht der entscheidende Punkt: Es geht einerseits darum, wie ursprünglich halbwegs korrekte Informationen zu ‚Talking Points‘ für die Medien wurden, die mit der Realität nur mehr wenig zu tun hatten, und andererseits um die Frage, wer für die bewusste Irreführung der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht wird. Aber wie schon die Presse bleibt auch der Standard dabei, dass es sich bei der Geschichte um wenig mehr als um einen Tick der Republikander handelt, die bloß politisches Kleingeld wechseln wollten.

In den Salzburger Nachrichten, der Kleinen Zeitung und der Kronewurde die Affäre nur beiläufig in jeweils einer Kurzmeldung erwähnt (Salzburger Nachrichten, 17. Mai 2013; Kleine Zeitung, 17. Mai 2013; Kronen Zeitung, 17. Mai 2013), und im Kurier überhaupt nicht – obwohl es einen recht ausführlichen Beitrag über die anderen beiden Skandale gab, wurde die Bengasi-Affäre darin mit keinem Wort erwähnt. (Kurier, 16. Mai 2013)

Der ORF erwähnte die „Kontroverse um den Terroranschlag auf die US-Botschaft (sic!) in Libyen“ als einen von „gleich drei Skandale(n)“, die dafür sorgten, dass von Obamas ursprünglich ambitionierten Programm wenig übrig geblieben sei. Die Veröffentlichung der E-Mails wurde als ein Schritt zu mehr Transparenz bezeichnet, worum es bei der Affäre aber eigentlich geht, wurde nicht ausgeführt. (ZiB, 16. Mai 2013)

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