„Wenn es beim Flaggezeigen auf der Fanmeile tatsächlich nur um sportlichen Wettkampf und gemeinsames Feiern geht, müsste doch auch die israelische Flagge akzeptiert sein, dachten sich unsere Autoren – und machten ganz unterschiedliche Erfahrungen. Zuerst sind da nur abfällige Blicke, getuschelt wird auch. Die erste Beleidigung kommt von einem dünnen Mann im Schweinsteiger-Trikot. Er ruft: ‚Was soll die Scheißfahne hier?‘ Die ‚Scheißfahne‘ hat zwei blaue Streifen auf weißem Grund, in der Mitte prangt der Davidstern. Es ist die Nationalflagge Israels. (…) Ein paar Meter weiter skandiert ein Mann: Free Palestine!“ Ein Ordner in orangefarbener Weste sagt im Vorbeigehen: ‚Du Jude‘. (…)
Als das Fußballspiel endet, ist Zeit für ein Fazit. Es gab weniger Beleidigungen als befürchtet, deutlich mehr als erhofft. (…) Man könnte jetzt noch etwas bleiben. Wäre da nicht die Gruppe junger Männer, die herüber starren. Rund 15 sind es, sie sprechen arabisch untereinander. Dann kommen sie und bauen sich im Halbkreis auf. Ein durchtrainierter Mann mit stechend blauen Augen scheint der Anführer zu sein. Er spricht sehr aggressiv. ‚Was wollt ihr hier, ihr Hurensöhne?‘, fragt er. Man solle bloß schnell verschwinden. Ein anderer beginnt zu rempeln, setzt einen harten Stoß in den Rücken. Dann spucken sie. Von allen Seiten. Auf die Flagge, auf die Kleidung, mehrfach ins Gesicht. Keiner der Umstehenden schreitet ein. Folgen gleich die ersten Schläge? Wir wollen es nicht so weit kommen lassen und flüchten. Sie spucken uns hinterher und drohen.“
(Sebastian Leber und Johannes C. Bockenheimer: „Mit der Israel-Fahne auf die Fanmeile. Bespuckt, bedroht und beschimpft“)