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Scharia-Mode wird Mainstream in Europa

von Soeren Kern

Die Entscheidung eines britischen Kaufhauses, schariakonforme Badeanzüge in seine Sommer-Bademoden-Kollektion aufzunehmen, hat eine Debatte über das ‚Mainstreaming‘ der islamischen Mode in Europa entzündet. Marks & Spencer (M & S), die ikonische britische Einzelhandelskette, vermarktet heute den Burkini, einen Badeanzug in voller Länge, angeblich dafür designt, dass er die Sittsamkeit der muslimischen Frauen wahrt. Die Befürworter der Entscheidung sagen, dass sie muslimische Frauen in Europa ‚befreit‘, indem sie die Wahl bekommen, zu tragen, was sie wollen. Kritiker argumentieren genau das Gegenteil: Sie sagen, dass der Burkini muslimische Frauen ‚versklavt‘, von denen viele unter steigendem Druck stehen, sich islamischen Kleidervorschriften zu unterwerfen, obwohl sie Bürger der säkularen europäischen Staaten sind.

Etwas breiter betrachtet versucht eine wachsende Zahl von europäischen Mode-Unternehmen, von der steigenden Nachfrage nach islamischer Kleidung zu profitieren. Geschäft ist Geschäft, sagen sie. Doch Kritiker argumentieren, dass durch das Aufspringen auf den fahrenden Zug der muslimischen Mode diese Unternehmen den sichtbaren öffentlichen Ausdruck des Islams in Europa fördern – und dass sie eher muslimische Separation statt Integration fördern.

Laut M & S, bedeckt der £ 49.50 (€ 62,70) Burkini (ein Neologismus, der Burka und Bikini vermischt) „den ganzen Körper mit Ausnahme des Gesichts, der Hände und Füsse, ohne den Stil zu beeinträchtigen.“ Ein weiterer Pluspunkt: „Er ist leicht, so dass Sie komfortabel schwimmen können.“ Einige Burkini-Enthusiasten sagen, dass das Kleidungsstück auch ideal ist für nicht-muslimische Frauen, die vielleicht „besorgt sind über die Schäden, die Sonneneinstrahlung auf der Haut anrichten könnte.“

Wenige Tage nach dem Start bei M & S, enthüllte ein anderes britisches Kaufhaus, House of Fraser, ihre Auswahl an Burkinis. Auch als „anständige Sportbekleidung“ bekannt, bedecken die House-of-Fraser „Leggings und Tunika-Sets den Körper vom Hals bis zu den Knöcheln, und werden mit einer separaten Hijab-Kopfbedeckung geliefert.“ Die Burkinis sind „dafür designt, Frauen zu ermutigen, sich bequem und stilvoll zu fühlen, wenn sie Sport treiben, und sorgen für zusätzlichen Sonnenschutz.“

Unternehmen aus ganz Europa machen Streifzüge in islamische ‚Züchtigkeitskleidung‘.

Im Januar 2016 startete die italienische Luxus-Modemarke Dolce & Gabbana seine erste Sammlung von Abayas und Hijabs. (Abayas sind knöchellange Roben und Hijabs sind Schals, die Kopf und Hals, aber nicht das Gesicht bedecken.)

Laut Dolce & Gabbana ist die neue Linie – genannt „The Abaya Collection: Die Anziehungskraft des Mittleren Ostens“ – gemeint als „eine Träumerei inmitten der Dünen der Wüste und Himmel des Nahen Ostens: eine bezaubernde visuelle Geschichte über die Anmut und Schönheit der wunderbaren Frauen von Arabien.“ Die Kollektion ist in allen Boutiquen der Marke im Nahen Osten verfügbar, sowie in den Läden in Paris, London, Mailand und München.

Scharia-Mode wird Mainstream in Europa

Links: Marks & Spencers Paisley-Druck-Burkini. Rechts: Ein Outfit aus der Dolce & Gabbana Abaya und Hijab-Sammlung

Im September 2015, zeigte Schwedens H & M, der weltweit zweitgrösste Einzelhändler der Welt, zum ersten Mal in einer Werbekampagne ein muslimisches Model in einem Hijab. Britische Medien porträtierten ihren Auftritt in dem Video als Meilenstein für muslimische Frauen in Grossbritannien .

Das Model, Mariah Idrissi, in London einer pakistanischen Mutter und einem marokkanischen Vater geboren, sagt, sie habe keine Ahnung, warum sie für ihre Rolle in der Anzeige herausgestrichen werde: „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Vielleicht, weil Hijab Mode in den letzten Jahren geboomt hat, und endlich eine Hijabi [eine Frau, die ein Kopftuch trägt] in der Mainstream-Mode zu sehen, ist eine grosse Errungenschaft.“

Im Juni 2015 startete der spanische Mode-Einzelhändler Zara eine spezielle Modekollektion für Ramadan. Die Sammlung war online verfügbar sowie in den Geschäften im Nahen Osten und Nordafrika. Im Mai 2015 startete auch eine andere spanische Bekleidungskette, Mango, eine Ramadan Kollektion für Frauen. Ein Kritiker schrieb:

„Die Ramadan-Kollektion ist scheinbar auf muslimische Frauen ausgerichtet, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht für jede Frau geeignet wäre. Diese Kleider sind nur geringfügig breiter und bedecken mehr. Abgesehen davon, dass sie genauso elegant und phantasievoll sind wie die von anderen Kollektionen. Genau genommen eine moderne Art, der Aussenwelt zu zeigen, dass bedeckt sein nicht dasselbe ist, wie Unterdrückt sein.“

Im Juli 2014 startete das New Yorker Modelabel DKNY eine spezielle Modekollektion für Ramadan, exklusiv in den Geschäften im Nahen Osten. Im Juni 2013 startete der italienische Designer Giorgio Armani eine Reihe von alkoholfreien Luxus-Schokoladen speziell für Ramadan. Das Produkt, „verpackt in einer edlen Box mit Motiven und geometrischen Formen, von arabischer Architektur inspiriert“, war nicht nur im Nahen Osten verfügbar, sondern auch in Europa und Nordamerika.

Zu anderen westliche Modedesignern, Herstellern und Einzelhändlern, die in den islamischen Bekleidungsmarkt eintreten, gehören Tommy Hilfiger, Oscar de la Renta, Monique Lhuillier, Uniqlo, Net-a-Porter und Moda Operandi.

Laut der Zeitschrift Fortune ist Islamische Mode ein unerschlossener Markt:

„Weltweit haben Muslime im Jahr 2013 266 Milliarden Dollar ausgegeben für Bekleidung und Schuhe. Das ist mehr als die gesamten Mode-Ausgaben von Japan und Italien zusammen, gemäss einem kürzlich veröffentlichten Report von Thomson Reuters. Der Report stellt auch fest, dass sich diese Zahl voraussichtlich auf 484 Milliarden Dollar im Jahr 2019 steigern wird.“

In einem Interview mit Fortune sagte Reina Lewis, Professorin am London College of Fashion:

„Weltweit ist die muslimische Bevölkerung eine junge und wachsende Demographie. Dies macht die Muslime für alle zu einem sehr wichtigen Consumer-Segment.

Der Markt für islamische Waren begann, sich mit Food und Finanzen zu beschäftigen. Ich sage in den letzten paar Jahren dauernd, dass Fashion das dritte ‘F’ sein wird – und das ist in der Tat genau das, was gerade abzulaufen beginnt.“

Französische Beamte waren besonders laut in ihrer Kritik an europäischen Marken, die sich um muslimische Frauen kümmern. Frankreich verbot die Burka im Jahr 2011. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dieses Verbot im Jahr 2014 aufrecht erhalten.

Frankreichs Ministerin für Familien, Kinder und Frauenrechte, Laurence Rossignol, sagte, islamische Mode werde in Europa von muslimischen Aktivisten und Salafisten gefördert, die den politischen Islam allen anderen aufzudrücken versuchten. In einem Interview vom 30. März mit RMC-Radio-bfmtv, sagte Rossignol:

„Was auf dem Spiel steht, ist die soziale Kontrolle über die Körper von Frauen. Wenn die europäischen Marken in den lukrativen islamischen Modemarkt investieren, dann drücken sie sich aus ihrer Verantwortung und fördern eine Situation, wo muslimische Frauen gezwungen sind, Kleidungsstücke zu tragen, die den weiblichen Körper von Kopf bis Fuss einsperren. (…)

Man kann die Tatsache nicht als trivial und harmlos abtun, dass grosse Marken in einen Markt investieren, der muslimische Frauen in eine Situation bringt, diese Kleider tragen zu müssen. Es ist unverantwortlich von diesen Marken. (…)

Wenn Modemarken das dünne Image mit anorektischen Models loben, sagen wir, dass dies für die Gesundheit der jungen Frauen gefährlich ist. Wir können auch sagen, dass die gleichen Marken, wenn sie islamische Kollektionen fördern, ein Image befördern, das für Rechte und Freiheit muslimischer Frauen in Frankreich gefährlich ist. (…)

Was mir auffällt, ist, dass die Manager dieser Marken darauf bestehen, dass es ihnen nur um die Kleidung geht, dass sie keinen besonderen Lebensstil fördern. Als ob es keine Verbindung zwischen Kleidung und Lebensstil gäbe. Natürlich beobachten wir, dass in vielen französischen Nachbarschaften immer weniger Frauen draussen auf der Strasse, in Cafés, sichtbar sind. Wir sehen, dass immer weniger Frauen frei in ihrer Nachbarschaft leben. (…)

Unsere Rolle sollte sein, muslimischen Frauen zu helfen, sie zu unterstützen, indem wir sie in die Lage versetzen, den politischen Islam konfrontieren zu können.“

Im selben Interview verglich Rossignol muslimische Frauen, die islamische Kleidung tragen, mit „amerikanischen Negern, die die Sklaverei guthießen.“ Ihre Benutzung eines Rassenvergleichs entzündete einen Feuersturm der Kritik, bei dem einige Muslime ihren Rücktritt forderten. Sie verteidigte ihre Äusserungen und sagte, sie habe aus „Über Negersklaverei“ zitiert, einem Aufsatz über Abolitionismus, geschrieben von Montesquieu im Jahre 1748.

In einem späteren Interview mit Agence France Presse sagte Rossignol: „Neben dem sprachlichen Fehler würde ich nicht ein einziges Wort zurücknehmen, das ich in Bezug auf islamische Kleidung gesagt habe.“

Als Reaktion auf Rossignol fragte der Direktor der Beobachtungsstelle gegen Islamophobie, Abdallah Zekri: „Hat ein Minister das Recht, sich auf diese Art und Weise einzumischen in die Art, wie sich eine Frau anziehen will, so lange wie sie die Gesetze der französischen Republik respektiert und nicht ihr Gesicht versteckt?“

In einem Interview mit dem RMC-Radio wurde die ehemalige französische Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet über ihre Meinung zur wachsenden Popularität der islamischen Mode gefragt. Sie antwortete:

„Ich mag es nicht. Islamische Kleidung dreht sich in erster Linie um das Verstecken des weiblichen Körpers, und auch eines Teils des Individuums. Für mich ist es das Gegenteil von Mode. Für mich ist Mode Ausdruck der Originalität, eines Temperaments. Für mich ist islamische Mode etwas absurdes.“

In Anlehnung an diese Ansichten sagte der französische Mode-Mogul Pierre Bergé, dass muslimische Frauen in Europa „lernen sollten, wie die meisten Frauen im Rest der Welt zu leben.“ Am französischen Radiosender Europe 1 sagte Bergé:

„Modedesigner haben keinen Anlass, in der islamischen Mode engagiert zu sein. Ich bin empört. Ich habe immer geglaubt, dass es die Aufgabe von Designern ist, Frauen schöner zu machen, ihnen die Freiheit zu geben, nicht Komplizen dieser Diktatur zu sein, die diese Greuel auferlegt, Frauen zu verstecken und sie dazu zwingt, im Verborgenen zu leben.

Ich bin nicht islamophob. Frauen haben das Recht, ein Kopftuch zu tragen, aber ich verstehe nicht, warum wir diese Religion [Islam] und jene Sitten, die mit den Freiheiten unvereinbar sind, die uns im Westen eigen sind, umarmen.

Modeschöpfer, die an der Versklavung von Frauen teilnehmen, sollten sich ein paar Fragen stellen. Das alles um Geld zu verdienen! Entschuldigen Sie, aber ich denke, dass der Glaube vor dem Geld kommen muss. Gebt das Geld auf und habt ein paar Prinzipien.“

In einem Interview mit Le Monde rief die französische Feministin Elisabeth Badinter zum Boykott von Marken auf, die von islamischer Kleidung profitieren. Sie warnte, dass der kulturelle Relativismus verhindert, dass die Franzosen den alarmierenden Anstieg des Islamismus in Frankreich wahrnehmen. Sie fügte hinzu, dass die Toleranz „sich gegen jene gewandt hat, denen sie zu helfen gemeint war“, mit dem Ergebnis, dass sich „der Schleier unter den Töchtern unserer Nachbarschaft ausgebreitet hat“ aufgrund von „steigendem islamischem Druck.“ Nach Badinter haben viele französische Bürger Angst, über die Islamisierung Frankreichs zu reden, weil sie Angst davor haben, der Islamophobie bezichtigt zu werden.

Zurück in Großbritannien feierte die Daily Mail die Marks & Spencer Burkini als „ultimativer Beweis, dass Großbritannien wahrhaft multikulturell ist. Andere widersprechen . Allison Pearson, eine Kolumnistin für The Telegraph, fragte:

„Was um Himmels willen tut unser eigener lieber M & S … und leiht seinen Namen etwas, das so fremd ist für die Werte dieses Landes? Es ist ein weiterer erschreckender Beweis dafür, dass unsere eigene Kultur gescheitert ist dabei, sich selbst zu verteidigen und es zulässt, frauenfeindliche Einstellungen unter dem Radar schleichend einzuführen.

Vor nicht langer Zeit hat ein deutsches Gericht entschieden, dass ein junges muslimisches Mädchen am gemischten Schwimmunterricht teilnehmen muss, weil die “soziale Realität des Lebens in Deutschland über ihren religiösen Überzeugungen steht.” Doch in Großbritannien machen wir weiterhin die gleichen Fehler; vor kurzem wurde den Scharia-Gerichten kein Riegel vorgeschoben, die die Zeugenaussage einer Frau als halb so viel wert betrachtet, wie die eines Mannes.

Und nun, unglaublicherweise, haben wir einen der beliebtesten Einzelhändler der Nation, der den Burkini vermarktet, als ob es sich nur um ein weiteres lustiges Strand-Outfit handeln würde, nicht um ein restriktives, quasi-religiöses Kleidungsstück , das die weibliche Gestalt als lasziv und schändlich behandelt.“

Guardian-Kolumnistin Catherine Bennett spiegelte dieses Gefühl: „Es ist legitim, zu fragen, warum ein säkulares Modegeschäft Frauenkleidung produziert, für die männliche Kleriker den gesamten Markt geschaffen haben.“

Eine muslimisch-amerikanische Kommentatorin hat festgestellt, dass die Bemühungen von internationalen Marken, den muslimischen Verbrauchern gerecht zu werden, im Westen zum Mainstreaming des Islam führen. Für die Modeindustrie-Website Racked schreibend, beobachtete Fareeha Molvi:

„Sie signalisieren eine mögliche Trendwende für die Art und Weise, wie Muslime in Amerika betrachtet werden. Die Tatsache, dass große Unternehmen bereit sind, in Marketing und Branding spezifisch für Muslime zu investieren, muss ein gewisses Maß an Akzeptanz durch uns darstellen, nicht wahr?

Die Sache mit Unternehmen ist jedoch die, dass sie nur selten Dinge aus purem menschlichen Goodwill tun. Finanzielle Gewinne sind ein weitaus größerer Motivator, und der jüngste Vorstoß in Richtung Ramadan-Marketing könnte das nächste lukrative Ding sein. (…)

Historisch gesehen sind wirtschaftliche Mechanismen Katalysator für viele soziale Veränderungen gewesen …. Könnte der Kapitalismus auch die Antwort auf die Normalisierung des Islam in Amerika sein?“

Soeren Kern ist Senior Fellow am in New York ansässigen Gatestone Institute. Er ist auch Senior Fellow für die europäische Politik an der in Madrid ansässigen Grupo de Estudios Estratégicos/Strategic Studies Group. Zuerst erschienen beim Gatestone Institute.

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