Qatar: Die reichste Tankstelle der Welt in Familienbetrieb

Von Burak Bekdil

Der stolze Golfstaat Qatar weist bis zu 50.000 Jahre menschliche Besiedlung auf. Er mag nicht das einzige Land der Welt mit einer solch beeindruckenden historischen Besiedlungsgeschichte sein. Doch was ihn einzigartig macht, ist seine gekonnte Erhaltungstradition, insbesondere seine anhaltende Konzentration auf mittelalterliche und nicht antike Geschichte.

Qatar ist das reichste Land der Welt oder mehr eine Tankstelle in Familienbetrieb. Es prahlt damit, die verschiedenen Aspekte der Scharia (des islamischen Religionsgesetzes) einzuhalten, die es seiner Verfassung gemäß als Hauptquelle seiner Gesetzgebung betrachtet. In Qatar sind Auspeitschung und Steinigung legale Formen der Bestrafung. Apostasie, der Glaubensabfall vom Islam, ist ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.

Die Qataris bekämpften – ohne zu wissen, dass ihre Enkel eines Tages die besten strategischen Verbündeten der Enkel ihrer osmanischen Kolonialherren sein würden – die Osmanen, um 1915 ihre Unabhängigkeit zu gewinnen, die die 44-jährige osmanische Herrschaft auf der Halbinsel beendete. Schließlich kam die Unabhängigkeit und dauerte etwa ein Jahr an – bis 1916, als Qatar britisches Protektorat wurde; diesen Status behielt das Land bis 1971.

Offenbar ist Qatar, zusammen mit England, die Wiege des Fußballs, was die Tatsache zeigt, dass es 2022 in überwältigenden Stadien Gastgeber der Weltmeisterschaft sein wird, von denen eines gern mit einer Vagina zu verglichen wird.

„Moderne Sklaverei“ ist die Art, wie viele Menschen den Umgang Qatars mit Auslandsarbeitern auf den Baustellen für die Weltmeisterschaft beschreiben. „Die Tatsache, dass Tausende sterben mussten, um 12 schöne Stadien für uns zu bauen, hat nichts mit dem Fußball zu tun“, sagte William Kvist von der dänischen Nationalmannschaft. Rund 1.200 Arbeiter sind bereits gestorben und laut Warnungen könnten bis zu 4.000 umkommen, bevor die WM beginnt.

Es gibt aber etwas phänomenal Unheimliches am reichsten Land der Welt – und an seinen türkischen Verbündeten. Und das ist nicht nur die Tatsache, dass das von der Scharia beherrschte Scheichtum versucht hat „Demokratie“ nach Ägypten und Syrien zu bringen. Es ist auch nicht nur die Tatsache, dass Qatars beste regionale Verbündete – islamistische Türken – vor kurzem eine Militärbasis im Golfstaat bauten, in der Hoffnung einen sunnitischen Krieg gegen die „häretischen“ Schiiten zu unterstützen.

Vor kurzem lobte Hamad bin Nasser al-Thani – offenbar ein Glücksind aus der königlichen Familie, wie sein Name belegt (Hamad bedeutet der Gepriesene, Nasser heißt Sieg) – die Türkei dafür, dass sie Millionen Flüchtlinge aus der gesamten Region aufnahm. Der Vorsitzende der „Qatar Charity“ in Doha muss dabei die Syrer gemeint haben, denn die Türkei hat keine Millionen Flüchtlinge aus anderen Ländern der Region aufgenommen. Daneben Al-Thani pries auch das türkische „Werben für islamische Werte“ und fügte hinzu: “Wir [Qatar] haben uns verpflichtet, den Notleidenden zu helfen.”

Wie nett!

Nach Angaben einer Volkszählung aus dem Jahr 2013 beträgt die Gesamtbevölkerung Qatars 1,8 Millionen, von denen 278.000 oder knapp 15% „Qataris“ sind. Welche ein farbenfrohes, heterogenes und kosmopolitisches Leben sollte das reichste Land der Welt seinen Einwohnern bieten. Oder?

Laut der Volkszählung von 2013 sind der größte Anteil der in Qatar lebenden Ausländer Inder (543.000), gefolgt von Nepalesen (341.000), Philippinos (185.000), Bangladeschis (137.000), Sri Lankern (100.000) und Pakistanern (90.000). Nach dieser Zählung stellen muslimische Ausländer annähernd 15% aller Ausländer im Land, denen mit Arbeitserlaubnis in Qatar zu leben genehmigt wird: Das sind ein wenig mehr als 12% der Gesamtbevölkerung des reichsten Landes der Welt.

Wie viele Syrier befinden sich darunter? Die Statistiken sagen das nicht; es gibt einfach zu wenige, um sie zu erwähnen. Genauso loben die Qataris das Werben der Türkei für „islamische Werte“ – wie immer die aussehen. Warum nicht für „islamische Werte“ werben, indem man einfach ein paar Tausend, nicht zu denken an Hunderttausende, der syrischen Flüchtlinge aufnimmt, statt die Türkei für die Aufnahme von fast drei Millionen syrisch-muslimischen Flüchtlingen zu preisen – und sie für das Werben für „islamische Werte“ zu loben?

Burak Bekdil lebt in Ankara und ist ein türkischer Kolumnist für die Zeitung Hürriyet Daily und Mitglied des Middle East Forums. Zuerst veröffentlich bei Gatestone Institute.

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