„Am 2. Januar kam es bei Protesten gegen die steigenden algerischen Lebenshaltungskosten in Bejaia und Bouira im Ostteil des Landes zu Gewaltausbrüchen. Seitdem die Bevölkerung die Effekte der nachlassenden staatlichen Öleinnahmen zu spüren bekommt und die geplanten Sparmaßnahmen nicht ausbleiben, brodelt es gewaltig unter der Oberfläche der algerischen Gesellschaft. Die jüngsten Proteste werfen auch ein Schlaglicht auf die gewachsene Wut der Bevölkerung auf die politische Führung und die immer tiefere Kluft zwischen ihr und der algerischen Mittelklasse, deren Nöte im Zuge des wirtschaftlichen Niedergangs bislang kaum Beachtung gefunden haben. (…)
Durch den neuen Staatshaushalt, der im November 2016 verabschiedet wurde, dürfte sich dieser Trend noch verstärken. Teil des Haushaltsplans ist eine allgemeine Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozent. Weiterhin sind gezielte Preiserhöhungen für Produkte wie Benzin, Reifen, Alkohol, Tabak sowie für öffentliche Dienstleistungen wie das Ausstellen von Reisepässen vorgesehen. (…) Die Proteste in diesem Monat veranschaulichen den gefährlichen Zwist zwischen dem Staat und einer Mittelklasse, die sich vernachlässigt fühlt. Klar ist aber auch, dass die algerische Regierung ohne die Unterstützung dieser Mittelklasse nicht als Repräsentantin der ‚schweigenden Mehrheit‘ auftreten kann, während sie weiterhin Demonstranten als eine Minderheit unpatriotischer ‚Vandalen‘ dämonisiert.“ (Idriss Jebari: „Der Aufstand der Mittelklasse“)