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Nein, neben Juden sitzen wir lieber nicht!

Von Khaled Abu Toameh

Was würden Sie tun, wenn Sie zu einer religiösen Zeremonie kommen und feststellen, dass Ihre jüdischen Nachbarn ebenfalls auf der Gästeliste stehen? Nun ja, wenn Sie ein Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde sind, stehen Sie auf und gehen. Egal, ob Sie damit Ihre Gastgeber vor den Kopf stoßen: Die Hauptsache ist, nicht neben Juden sitzen zu müssen, insbesondere, wenn sie aus den Siedlungen stammen.

Dieser beschämende Vorfall ereignete sich kürzlich in der Nähe der palästinensischen Stadt Nablus, wo Mitglieder der kleinen Samaritanergemeinde zusammengekommen waren, um ihr eigenes Passah-Fest zu feiern. Die Samaritaner sind eine ethnisch-religiöse Gruppe in der Levante und stammen von den Israeliten im Alten Orient ab.

Für rund zwei Minuten schien alles gut zu laufen auf dem Berg Garizim, einem der beiden Berge in der unmittelbaren Umgebung von Nablus. So lange brauchten die palästinensischen Gäste nämlich, um aus Protest gegen die Anwesenheit von Vertretern der jüdischen Siedlergemeinschaft und IDF-Offizieren den Raum zu verlassen.

Der palästinensische Gouverneur von Nablus, General Akram Rajoub, war als Ehrengast geladen, wie auch Nablus’ Bürgermeister Adli Yaish und Dutzende andere Palästinenser.

Rajoub erklärte später, mit seiner Entscheidung habe er seinen politischen Überzeugungen „mit den Füßen Ausdruck verliehen”:

„Ja, wir haben die Zeremonie verlassen. Wir respektieren und schätzen die Gemeinschaft der Samaritaner und sind mit ihnen in der Vergangenheit regelmäßig zu freudigen und traurigen Ereignissen zusammengekommen. Für uns gehören sie zum palästinensischen Volk. Doch wir konnten nicht akzeptieren, dass auch jüdische Siedler bei der Zeremonie anwesend waren. Noch schlimmer war jedoch, dass diesen Siedlern das Vorrecht zuteil wurde, während der Zeremonie das Wort zu ergreifen, weshalb wir dieses offizielle Ereignis boykottieren und den Saal verlassen mussten. Wir sind nicht bereit, mit jüdischen Siedlern zu sprechen, denn wir akzeptieren ihre Anwesenheit nicht.“

Kurz darauf veröffentlichte die im Westjordanland regierende Fatah des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas eine Erklärung, in der die Einladung von jüdischen Siedlern zu der samaritanischen Zeremonie scharf verurteilt wurde:

„Dies ist ein gefährlicher Präzedenzfall, der sich nicht wiederholen darf. Dass sich die Gemeinschaft der Samaritaner so verhalten hat, ist ungewöhnlich. Für uns gehört sie zum palästinensischen Volk und wir hoffen, dass diese Einladung nicht den Willen unserer Samaritanergemeinde widerspiegelt. Sie müssen die jetzige Situation beheben und sicherstellen, dass so etwas nie wieder vorkommt.“

Raed Dib’i, ein hoher Beamter der Fatah im Westjordanland, lobte die Entscheidung der palästinensischen Delegation, die Zeremonie zu boykottieren. Seiner Ansicht nach reflektiere dieser Schritt, dass die Palästinenser jegliche Form einer „Normalisierung der Beziehungen zu den Besetzern und den Siedlergangs“ ablehnen.

Das Ziel, das hier verfolgt wird, ist die Anti-Normalisierung. Die Palästinensische Autonomiebehörde setzt sich seit Langem gegen eine mögliche „Normalisierung“ mit den Israelis ein – dies ist nur eines von vielen unerfreulichen Beispielen. Doch dieser Feldzug richtet sich nicht nur gegen jüdische Siedler, sondern auch gegen Juden, die in Israel selbst leben.

In den vergangenen Jahren haben palästinensische politische Aktivisten, viele von ihnen Mitglieder von Abbas‘ Fatah, einen erbitterten Kampf geführt, um Treffen zwischen Juden und Arabern zu verhindern.

Indem die Aktivisten nicht einmal davor zurückschrecken, Anschläge auf Juden zu verüben, die die Palästinenser unterstützen, zeigen sie ihr wahres Gesicht. Bei einem Vorfall im vergangenen Jahr vereitelten Aktivisten der Fatah ein gemeinsames israelisch-palästinensisches Event namens „Jerusalem Hug“ in der Nähe des Damaskustores der Jerusalemer Altstadt. Schlägertrupps gingen wahllos auf Menschen los, einschließlich Filmteams, europäischer Aktivisten und sogar palästinensischer Teilnehmer. Natürlich war keiner der jüdischen Teilnehmer dieses „friedlichen“ Events ein jüdischer Siedler.

Der Vorfall bei den Samaritanern zeigt außerdem, wie die Palästinensische Autonomiebehörde mit religiösen Minderheiten auf palästinensischem Gebiet umgeht.

Indem sie die Zeremonie verließen, vermittelten die Vertreter der PA den Samaritanern, dass sie gewissermassen nicht das Recht haben, die Gästeliste für ihr eigenes Fest aufzustellen – insbesondere wenn es sich bei den Gästen um Juden handelt, die in den nahegelegenen Siedlungen wohnen, oder um IDF-Offiziere. Die Botschaft ist klar: Entweder es wird nach unseren Regeln gespielt oder es gibt einen Boykott.

Das gleicht einem Schlag ins Gesicht der Samaritanergemeinde. Und der Schlag wurde ihnen bei einer religiösen Feier versetzt, nicht etwa bei einer politischen Kundgebung.

Die Zeit wird zeigen, und es wird wohl nicht allzu lange dauern, ob die PA und ihre Fatah-Aktivisten der samaritanischen Gemeinschaft mehr als nur einen Schlag versetzen.

Die Palästinensische Behörde hat das samaritanische Volk bereits „bestraft“, indem sie ein Gesetz verabschiedet hat, mit dem der einzige Sitz, den die Gemeinschaft im palästinensischen Parlament, dem Palästinensischen Legislativrat, inne hatte, gestrichen wurde. Der einzige samaritanische Abgeordnete, Saloum Cohen, wurde 1996 ins Amt gewählt. Er verstarb 2004 – seitdem ist die Gemeinschaft im Palästinensischen Legislativrat nicht mehr vertreten.

Doch die mangelnde Repräsentanz im Parlament ist momentan nicht die größte Sorge der Samaritaner. Sie sind beunruhigt darüber, wie die Palästinensische Behörde sie in Zukunft behandeln wird, nun, da sie als „Verräter“ erachtet werden und nicht mehr als Freunde. Sie beginnen sich zu fragen, ob sie dasselbe Schicksal ereilen wird wie die christliche Minderheit auf palästinensischem Gebiet.

Anfang des Monats hatten palästinensische Christen der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Hamas vorgeworfen, auf die Auslöschung der christlichen Geschichte hinzuarbeiten. Die Vorwürfe wurden laut, nachdem in Gaza-Stadt eine alte byzantinische Kirche gefunden wurde. Obwohl es sich dabei um einen wichtigen historischen Fund handelte, wurden die kirchlichen Artefakte mit Bulldozern zerstört, um dort ein Einkaufszentrum zu bauen.

Dass die Palästinensische Behörde vor Kurzem die Forderung zurückwies, Ostern als gesetzlichen Feiertag anzuerkennen, war ein weiterer Schlag für die Christen. Die Entscheidung verärgerte viele palästinensische Christen und ihre Religionsführer schrieben daraufhin einen glühenden Brief an den Premierminister der PA, Rami Hamdallah. Sie schrieben darin, dass sie nicht verwundert gewesen wären, wenn so eine Entscheidung von der Regierung Saudi-Arabiens, Katars oder Malaysias getroffen worden wäre.

Die Samaritaner stehen nun vor einer schweren Entscheidung: Entweder sie versuchen, mit der Palästinensischen Autonomiebehörde zu leben und akzeptieren deren Drohgebärden oder sie suchen sich einen sichereren Ort zum Leben. Wenn sie sich für Ersteres entscheiden, sollten sie sich besser darauf einstellen, keinen Frieden mit ihren jüdischen Nachbarn zu haben.

Artiekl zuerst erschienen auf Audiatur Online. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent. Er erhielt 2014 den Daniel Pearl Award vom renommierten Los Angeles Press Club verliehen.

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