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Wie eine „Pauschaltouristin“ das iranische Regime verharmlost

Sehr geehrte Kurier-Redaktion,

Wie eine „Pauschaltouristin“ das iranische Regime verharmlostin Ihrer gestrigen Reise-Beilage rührte Sandra Baierl die Werbetrommel für Reisen ins iranische Persepolis. In einem eigenen Artikel mit dem Titel „Iran: Die Welt hinter dem Schleier“ versuchte sie, ihre „Reiseerfahrung“ über „die Menschen und das Leben im Iran“ zu schildern – „und wie man es als Pauschaltouristin erlebt“. Zum Programm der Pauschaltouristin gehörte auch „ein iranischer Professor“, über den die Leser sonst nichts erfahren, der aber offenbar abgestellt wurde, um gegenüber naiven westlichen Reisenden die alltägliche Realität in der islamistischen Diktatur schönzulügen: „‚Seit 40 Jahren regieren die Mullahs (…), da ist eine Hinrichtung pro Jahr auf der Straße von Teheran doch gar nicht schlimm. Schauen Sie nach Saudi-Arabien, da passiert das jede Woche.‘“

Vergleichen wir diese Behauptung mit der Wirklichkeit: Wie Amnesty International berichtete, richtete das iranische Regime allein im ersten Halbjahr 2015 fast siebenhundert Menschen hin – das macht nicht „eine Hinrichtung pro Jahr“, wie der „iranische Professor“ der gutgläubigen Pauschaltouristin erzählte, sondern drei bis vier vollstreckte Todesurteile pro Tag. Im Jahr 2016 fanden Amnesty International zufolge im Iran 567 Exekutionen statt, im Schnitt also deutlich mehr als eine pro Tag. Das iranische Regime war im vergangenen Jahr damit für rund 55 Prozent aller Hinrichtungen weltweit verantwortlich.

Weiters schrieb Baierl: „Die Sittenwächter auf der Straße gibt es zum Glück nicht mehr (es wird gescherzt, sie seien zu ‚Internetpolizisten‘ umgeschult worden.)“ Ob den Frauen, die auf Irans Straßen tagtäglich von angeblich nicht existierenden Moralwächtern belästigt und, wenn es sein muss, auch schon einmal einfach überfahren werden, auch zum Scherzen zumute ist? Und wie wäre es, wenn der Kurier statt einer „Pauschaltouristin“, die alles wiedergibt, was die Propagandisten des islamistischen Regimes ihr erzählten, Journalisten über den Iran schreiben ließe, die in der Lage sind, zwischen plumpen Lügen und der Realität zu unterscheiden?

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Mena Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank

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