Warum bombardieren die Amerikaner jetzt ausgerechnet ihre eigenen Verbündeten in Syrien?

Von Thomas von der Osten-Sacken

Obama - SyriaSeit heute Morgen um vier Uhr Ortszeit findet mit Unterstützung von US-Beratern, -Drohnen, -Spezialeinheiten und der US-Luftwaffe eine de facto türkische Invasion in Nordsyrien mit dem Ziel statt, den Islamischen Staat aus der Stadt Jarablus zu vertreiben. Der türkische Präsident erklärte dazu:

„The operation is targeting ISIL and Syrian Kurdish fighters in northern Syria to end attacks on Turkey’s border. At 4:00 this morning, operations started in the north of Syria against terror groups which constantly threaten our country, like Daesh [the Arabic acronym for ISIL] and the PYD [ the Syrian Kurdish group].“

Laut türkischer Definition nämlich befindet man sich im Kampf gegen den Terror – und zwar sowohl gegen den Islamischen Staat als auch gegen die Einheiten der kurdischen YPG, die als syrische Abteilung der PKK gesehen werden.

Zusammengefasst: Türkische Panzer greifen mit US-Luftunterstützung Jarablus an, ihr erklärter Gegner sind auch die Einheiten der YPG. Die aber sind Verbündete der USA im Kampf gegen den Islamischen Staat und erhielten erst jüngst massive Luftunterstützung von der US-Airforce – und als syrische Flugzeuge Stellungen der YPG in Hassakeh bombardierten, da drohten die USA, dass sie, obwohl sich die USA offiziell nicht im Konflikt mit dem syrischen Regime befinden, bereit seien, seine Flugzeuge abzuschießen, sollte Assad nicht einlenken.

Zwischenzeitlich erklärte Saleh Muslim, dessen PYD offiziell ein Verbündeter der USA ist, dass die Türkei, NATO-Mitglied und offiziell Verbündeter der USA, in Syrien eine schreckliche Niederlage erleiden würden:

„‚Turkey will be defeated in the Syrian quagmire, just like ISIS,‘ Saleh Muslim wrote on Twitter as Turkish officials heralded the start of the country’s widely-anticipated cross border action. ‚I think they will [suffer] heavy losses, [the decision] to enter this war was in their hands, [but getting out of it] won’t be,‘ the ANHA news agency – which is close to Muslim’s party – quoted him as saying in a follow-up report.“

Dagegen begrüßen Einheiten der Free Syrian Army, offiziell irgendwie auch noch eine Organisation, die von den USA unterstützt wird, den türkischen Vorstoß:

„An official in the Free Syrian Army-affiliated Mutassim Brigade on Tuesday night told the pro-rebel Enab Baladi outlet that rebels would soon cross the Turkish border into Jarablus. ‚The coming days will witness fierce battles against ISIS, and Jarablus will return to the bosom of the revolution once again,‘ Mustafa Sejari, the head of the faction’s political office, vowed.“

Wieder einmal also gelingt es der Obama Administration, alle gegen sich aufzubringen sowie Kräfte zu unterstützen, die sich de facto gegenseitig bekriegen – und am Ende fliegen dann Piloten der US-Airforce Einsätze gegen Stellungen der eigenen Verbündeten. Wie man so etwas nennt? Dummheit und Unfähigkeit wären wohl treffende Begriffe. In Washington sprach Friedensnobelpreisträger Obama dagegen einst von einer Strategie des „Leading from behind“.

Wie auch immer man das bewerten will: Ab heute Morgen dürfte eine de facto Schutz- und Flugverbotszone über Nordsyrien Realität geworden sein.

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