Sehr geehrte Frau Bischofberger,
Sie schreiben in der heutigen Kronen Zeitung über den aus Österreich-Ungarn stammenden Teddy Kollek, der von 1965 bis 1993 Bürgermeister von Jerusalem war. Zurecht heben sie Kolleks Bemühen um ein friedliches Miteinander hervor. Dann schreiben Sie: „Trump hat mit seinem Entschluss, Jerusalem als Hauptstadt auszurufen, Öl ins Feuer gegossen. Und es ist kein Teddy Kollek mehr da, der Feuerwehr spielt.“ Ich stimme Ihnen zu: „Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann ist Teddy Kollek jetzt außer sich.“ Allerdings wäre er das nicht wegen der Entscheidung Trumps, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen, sondern vielmehr wegen des Versuchs, ihn als Kronzeugen gegen diesen Entschluss zu bemühen.
Denn er selbst hat nie auch nur einen Funken Zweifel daran aufkommen lassen, dass er das nach dem Sechstagekrieg 1967 vereinte Jerusalem selbstverständlich als Hauptstadt Israels gesehen hat. Diese Überzeugung brachte er beispielsweise in einem Artikel in der Zeitschrift Foreign Affairs (Winter 1988/1989) unmissverständlich auf den Punkt: „Die Zukunft Jerusalems besteht darin, die vereinte Hauptstadt Israels unter israelischer Oberhoheit zu bleiben.“ Er wollte zeigen, dass ein „vereintes und gemeinsames Jerusalem kein Hindernis, sondern im Gegenteil ein signifikanter Beitrag zur Schaffung eines Klimas für konstruktive Verhandlungen ist.“ Und obwohl Kollek dafür eintrat, die arabischen Emotionen für Jerusalem zu verstehen, sprach er von den Juden als dem Volk, „das sich zweitausend Jahre lang nach Jerusalem gesehnt hat, unserer historischen und spirituellen Hauptstadt“. In der maßlosen Empörung über Trump geht unter, dass manche Passagen aus dessen Rede vom Mittwoch direkt von Kollek hätten stammen können. Man wird diesem nicht damit gerecht, das Gegenteil zu suggerieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Mena Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank