Orlando-Massaker: Die progressive Linke und die Verteidigung von Islamisten

Imago Images / Vibrant Pictures)

Von Adi Saleem Bharat

Nach dem grauenvollen Massaker in einem Schwulen- und Lesbenclub in Orlando weiß ich langsam nicht mehr, welches das Schlimmere von zwei Übeln ist. Auf der einen Seite höre ich Donald Trumps bedenkliche Bemerkungen zu dem Amoklauf, die nur weiteres Futter sind für seinen Generalverdacht, all jene, die auch nur im Entferntesten als Moslems definiert werden könnten, als potenzielle terroristische Bedrohung zu sehen, und somit die Begründung für seine Absicht darstellen, alle Moslems aus den USA zu verbannen.

Auf der anderen Seite jedoch höre ich ebenso besorgniserregende Erklärungen von der sogenannten progressiven Linken, der zufolge gewaltsame Überfälle dieser Art absolut nichts mit dem Islam zu tun hätten (was de facto falsch ist, da in Ländern, in denen die Gesetze der Sharia strikt befolgt werden, Homosexuelle regelmäßig hingerichtet werden), sondern in Wirklichkeit die rechtsgerichteten Christen dafür verantwortlich seien. Letztere Position wird in einem Tweet von Chase Strangio, Rechtsanwalt im Projekt ACLU LGBT & AIDS, exemplarisch vertreten:

„Die christliche Rechte hat in den vergangenen 6 Monaten 200 Gesetzentwürfe gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transsexuelle (LGBT) vorgebracht und dennoch geben die Menschen dem Islam die Schuld dafür. Nein.“

 

Strangio ist Teil dieser wachsenden Richtung innerhalb der Linken, die der Glaubwürdigkeit der Linken im Allgemeinen ernsthaft schadet, wenn sie aus Angst, als „islamophob“ zu gelten, offenbar nur allzu bereit ist, jegliche Gräueltaten im Zusammenhang mit dem „Islam“ einfach zu ignorieren. Entweder sieht Strangio es nicht oder er will es nicht sehen, dass 200 Versuche, Anti-LGTB-Gesetzentwürfe durchzusetzen, in keiner Weise mit der Ermordung von 50 Unschuldigen durch einen bekennenden islamistischen Terroristen gleichgesetzt werden können. Es gilt zu betonen, dass – bei aller Kritik, die der christlichen Rechten gebührt – es nicht sie war, die 50 Menschen in Orlando ermordet hat. Es war ein islamistischer Extremist, der dadurch, dass er homosexuelle Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ermordete, dem Beispiel zahlloser muslimischer Länder folgte, die Homosexuelle nach wie vor verurteilen und hinrichten.

Chase Strangio ist schnell bei der Hand, die Aufmerksamkeit vom tatsächlichen Schuldigen dieses Amoklaufs und von der in der muslimischen Welt grassierenden Krankheit der Homophobie (die selbst unter den sogenannten „Moderaten“ herrscht) abzulenken und wegen der angesprochenen 200 Anti-LGBT-Eingaben die Schuld auf die christliche Rechte zu schieben. Dabei wäre es in Anbetracht der Sachlage wesentlich passender gewesen, die „muslimische Rechte“ uneingeschränkt zu verurteilen. Wenn jemand wirklich noch mehr Beweise braucht (neben PEW-Meinungsumfragen über Ansichten zum Thema Homosexualität in der muslimischen Welt, Augenzeugenberichten von Menschen aus der LGBT-Gemeinschaft in muslimischen Ländern oder den Hinrichtungsstatistiken Homosexueller in bestimmten muslimischen Ländern), muss er nur zwei Monate zurückblicken, als ein muslimischer Gelehrter in einer Moschee in Orlando zum Thema Homosexualität erklärte: „Tod ist die Strafe. Das wissen wir. Es ist nichts, für das wir uns schämen müssen. Die Strafe ist der Tod.“

 

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Im Mainstream-Islam (ganz zu schweigen vom extremistischen Islam) gibt es ein großes Problem und eine krankhafte Fixierung – und diese Realität zu ignorieren verheißt nichts Gutes. Schon gar nicht für sexuelle Minderheiten oder Freidenker in muslimischen Ländern, Gesellschaften und Gemeinschaften, von denen viele tagtäglich mit Schikane, Gewalt und Tod konfrontiert sind. Es reicht nicht aus, Entschuldigungen zu finden und vom tatsächlichen Problem abzulenken, wie es der Journalist Shaun King auf seiner Facebook-Seite tat und auftrat, um jene Medienkanäle zu kritisieren, die das Massaker in Orlando als die größte Massenerschießung in der Geschichte der USA bezeichnet hatten. (Stattdessen führte er das Massaker von Wounded Knee im Jahr 1890 an.)

Selbstverständlich steht es King frei, das herauszustellen, was er als einen sachlichen Fehler seitens gewisser Medienkanäle ansieht. Man sollte jedoch ebenso beachten, dass es auch eine seiner eigenen ersten Reaktionen auf die Schießerei war, sie als „die tödlichste Massenerschießung in der Geschichte Amerikas“ zu charakterisieren. Wenig überraschend und vielleicht auch unbewusst entschied sich King – wie so viele andere – in dem Augenblick, als die Medien von der Religionszugehörigkeit des Schützen erfahren hatten, dafür, die Aufmerksamkeit um jeden Preis von dieser Tatsache abzulenken. Zu diesem Zweck führte King ein Massaker aus dem Jahr 1890 an, und Strangio entschied sich dafür, der christlichen Rechten die Schuld in die Schuhe zu schieben.

Im Gegensatz dazu muss jedoch das drängende Problem der Homophobie und des Dogmatismus im Mainstream-Islam, der einen geschützten Raum für das weitere Wachsen eines heimtückischen Extremismus bietet, direkt und entschieden angegangen werden.

 

Auf Englisch zuerst erschienen bei The Times of Israel. Adi Saleem Bharat ist französischer Doktorand am Graduate Center der City University of New York. Zu seinen Forschungsgebieten zählen die Französische Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts, rechtsextreme Politik in Frankreich und religiöse und ethnische Minderheiten in Frankreich. Aktuell lehrt er am Brooklyn College und dem City College of New York.

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