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Besuch in der Folterkammer

Von Thomas von der Osten-Sacken

Besuch in der FolterkammerSeit sie sich de facto in einen völlig macht- und einflusslosen Club verwandelt hat, dem die neue US-Administration nun auch noch droht, ihre Unterstützung zu streichen, richtet die UNO angesichts der katastrophalen globalen Lage hilflose Appelle… An wen eigentlich? An sich selbst? Was ist die viel zitierte Internationale Staatengemeinschaft denn anderes? Egal, das wohltönende Gerede von Multilateralismus und Stärkung der UNO, das einst, als die USA angeblich ihre Alleingänge unternahmen, in Europa so en vogue war, ist verschwunden.

Und vor diesem Hintergrund lohnt es, Berichte der UNO zu lesen und zu zitieren. Denn die sprechen Klartext etwa über die Lage in Syrien – und liest man sie, so möchte man doch jene Delegation des EU-Parlaments, die gerade in Damaskus weilt, fragen, mit wem sie da zum Dialog sitzt. Laut iranischem Press TV zielten diese Europarlamentarier darauf,

„die sowohl auf der politischen Ebene wie auch bei der breiteren Öffentlichkeit verbreiteten irrigen Annahmen darüber, was sich in Syrien tatsächlich abspielt, richtig zu stellen. Sie bestätigten zudem, dass sie auch weiter darauf hinwirken würden, die diplomatischen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Syrien wiederherzustellen, und eine Aufhebung der gegen das arabische Land verhängten Sanktionen anstreben.“

Mit wem sie dies zu tun gedenken, erklärt  Zeid Ra’ad al-Hussein, der Chef des UN-Menschenrechtsausschusses:

„Der oberste Menschenrechtshüter der UNO mahnte am 14. März, eine ‚Flutwelle vergossenen Bluts‘ habe im Laufe des mehr als sechsjährigen Krieges in Syrien das Land in eine ‚Folterkammer‘ verwandelt. ‚Es beginnt nun das siebte Jahr dieses Konflikts, der die schlimmste von Menschen verursachte Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg darstellt,‘ so der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra’ad al-Hussein laut Agence France-Press. Er gab die Zahl der Todesopfer in dem Konflikt mit 320.000 an. Millionen wurden zur Flucht gezwungen, seit der Konflikt im März 2011 ausbrach, nachdem die Unterdrückung von Demonstrationen gegen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zum Krieg geführt hatte.

In einer Rede vor dem UN-Menschenrechtsausschuss sagte Zeid, seiner Behörde sei der Zugang zu dem Land verweigert worden und es seien keine Menschenrechtsbeobachter an Orte gelassen worden, wo ‚zur Zeit sehr wahrscheinlich Zehntausende Menschen festgehalten werden. Es handelt sich um Folterstätten.‘ ‚Ja, dieser ganze Konflikt, diese enorme Flutwelle vergossenen Blutes und der Gräuel begann mit der Folter‘, sagte er. Als Beispiel verwies er auf eine Gruppe von Kindern, die vor sechs Jahren wegen regierungskritischer Graffitis durch Sicherheitsbeamte gefoltert wurden. ‚Heute ist das ganze Land gewissermaßen zu einer Folterkammer geworden, zu einem Ort der brutalen Gräuel und absoluten Ungerechtigkeit‘, sagte er.“

Syrien, eine einzige Folterkammer, in der, auch das erklärt die UNO, einmal mehr das Regime Verbrechen begangen hat, derer es zuvor seine Gegner beschuldigt hatte, etwa die Zerstörung der Wasserversorgung von Teilen Damaskus im vergangenen Dezember:

„Die Unabhängige UN-Untersuchungskommission zu Syrien erklärte unterdessen am 14. März, die syrische Luftwaffe habe im Dezember 2016 absichtlich Wasserquellen bombardiert, ein Kriegsverbrechen, das 5,5 Millionen Menschen in der Hauptstadt Damaskus und ihrer Umgebung von der Wasserversorgung abschnitt. Die Kommission erklärte, sie habe – entgegen den damaligen Behauptungen der syrischen Regierung – keine Beweise für eine absichtliche Verunreinigung der Wasserversorgung oder deren Beeinträchtigung durch bewaffnete Gruppen gefunden.“

Und es geht weiter:

„Der Bericht, der sich auf den Zeitraum vom 21. Juli 2016 bis zum 28. Februar dieses Jahres bezieht, erschien keine zwei Wochen, nachdem die Kommission erklärt hatte, Kampfflugzeuge der syrischen Regierung hätten im September 2016 absichtlich einen humanitären Konvoi bombardiert und beschossen. Dabei kamen 14 Hilfsorganisationsmitarbeiter ums Leben.

Dem Bericht vom 14. März zufolge haben – mit hoher Wahrscheinlichkeit syrische oder russische – Kampfflugzeuge auch das langjährige Hauptquartier des syrischen Arabischen Halbmonds in der Stadt Idlib bombardiert. Die Kommission dokumentierte auch den mehrmaligen Gebrauch tödlichen Chlorgases durch Regierungsstreitkräfte oder deren Unterstützer in Vororten von Damaskus und der Provinz Idlib.“

Zusammengefasst: Laut UNO begeht das syrische Regime, unterstützt von seinen russischen und iranischen Verbündeten, ohne die es sich keine Wochen mehr an der Macht halten könnte, weiter gezielt unzählige Kriegsverbrechen, foltert, mordet, und setzt gezielt Giftgas ein, zerstört Krankenhäuser und andere zivile Infrastruktur. Und das seit nunmehr fast sechs Jahren.

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