Assad: Der Friede, den er meint

Von Thomas von der Osten-Sacken

Assad: Der Friede, den er meintEine Meldung von Radio China International: „Der französische Präsident Emmanuel Macron sieht einen politischen Dialog als einzigen Weg für Frieden in Syrien.“ Nun müsste man, liest man solche Zeilen, doch eigentlich davon ausgehen, dass zumindest die anderen potentiellen Dialogpartner irgendwann einmal signalisiert haben, dass auch sie bereit sind, diesen Weg zu beschreiten. Dabei aber hat der syrische Präsident vom ersten Tag der Massenproteste im Jahr 2011, also vor über sechs Jahren, schon klargestellt, dass für ihn jeder, der sich gegen das Regime stellt, ein Terrorist sei, der mit allen Mitteln – und dazu zählen Chemiewaffen ebenso wie Clusterbomben – zu bekämpfen sei, bis das ganze Land wieder unter seiner Kontrolle stehe. An diesem Punkt ist Assad sich fast bewundernswert treu geblieben, nie auch nur einen Zentimeter von seiner Position abgerückt.

In Genf, Astana und anderswo mag diplomatischer Zirkus abgezogen werden, in Berlin mögen sich Politiker gegenseitig beteuern, man müsse auch mit Assad reden und inzwischen werden sogar die USA in Damaskus vorstellig  – das syrische Regime jedoch hat zu jeder Gelegenheit betont, was es unter Frieden versteht: Eine von ihm und seinen Verbündeten in Teheran kontrollierte Friedhofsruhe, notfalls auch in völlig zerbombten Städten, deren Bevölkerung zu Flüchtlingen geworden ist. Und seine Ausdauer und Kompromisslosigkeit zahlen sich aus.

Während also Macron, wie so viele andere europäische Politiker, im Trümmerhaufen der Syrienpolitik herumirrt und wie ferngesteuert die Worte „Dialog“ und „Frieden“ murmelt, unterstrich Assad in einem Treffen mit dem iranischen Außenminister Ali Akbar Velayati einmal mehr, dass seine Ziele nicht verhandelbar seien:

Syriens Präsident hat beim Besuch eines hochrangigen iranischen Regierungsvertreters diesem gegenüber erklärt, dass sich der Krieg, den die syrische Armee führt, nicht nur gegen Terroristen, sondern auch gegen Versuche richte, Staaten zu teilen oder zu schwächen. Der Sieg in der Provinz Deir ez-Zor, wo die syrische Armee und ihre internationalen Verbündeten zur Zeit den Islamischen Staat bekämpfen, werde nicht der letzte Sieg über den Terrorismus sein, so Bashar al-Assad in einer Erklärung, die sein Büro am Dienstag anlässlich des Besuchs von Ali Akbar Velayati, eines hochrangigen Beraters des religiösen Oberhaupts des Iran, veröffentlichte. (…) Assad erklärte Velayati, dass der Krieg andauern werde, bis ‚alle syrischen Gebiete’ zurückgewonnen und gesichert seien.“

Assad: Der Friede, den er meint
Ali Akbar Velayati und Bashar al-Assad

Auch wen sie momentan meinen, ist klar und deutlich: Die „Syrian Democratic Forces“, die erst kürzlich Raqqa vom IS befreit haben und von den USA unterstützt werden. Es hilft der syrischen Schwesterpartei der PKK, der PYD dabei wenig, dass sie sich nie als Teil der syrischen Opposition verstanden hat. Auch sie gilt in Damaskus und Teheran jetzt als terroristisch, vor allem aber möchte man die USA auch hier aus der Region zurückdrängen und macht dabei auch keinerlei kein Hehl aus seinem Ziel:

„Die beiden betonten ihre Entschlossenheit, sich angesichts westlicher Versuche, Staaten zu teilen und zu schwächen, für Stabilität und Sicherheit in der Region einsetzen zu wollen. (…) Vergangene Woche hatte Velayati erklärt, die Streitkräfte des Regimes und vom Iran unterstützte Milizen würden auf das kürzlich durch die SDF vom Islamischen Staat zurückeroberte Raqqa vorrücken. (…) Bei ihrem Treffen gratulierte Velayati dem syrischen Machthaber. Der jahrelange Widerstand gegen die Terroristen ‚hat sich mit Blick auf die Wiederherstellung der Sicherheit und der politischen Stabilität in Syrien gelohnt’, so Velayati der iranischen Tasnim-Nachrichtenagentur zufolge.“

Auch irgendwelche sogenannten Deeskalationszonen – die, sei es nun in Idlib oder anderswo, in Wirklichkeit keine sind – stellen für Assad bloß temporäre Kompromisse dar. Sobald die Gelegenheit sich bietet, wird das Regime versuchen, auch hier die Kontrolle wieder zu übernehmen. In Europa und den USA herrscht die Tendenz vor, Nahostdespoten nicht ernst zu nehmen. Nur: Sie meinen, was sie sagen. Und so unbeirrbar, wie Assad an seinen Kriegszielen festhält, hält sein engster Verbündeter in Teheran an den seinen fest. Die lauten: hegemoniale Übernahme des Nahen Osten, Verdrängung des „großen Satans“, wie die USA im Jargon der Khomeneisten heißen, und Zerstörung des kleinen, also Israels. Geduldig und mit strategischem Weitblick nähert man sich diesen Zielen an und weiß dabei: Es bedarf nicht einmal der Verstellung oder Lüge, denn gerade die Europäer tun ja die ganze Zeit so, als meine man nicht, was man sage, also kann man die ganze Zeit ganz offen sagen, was man meint. Sie werden weiter von Frieden und Dialog schwadronieren, bis es nichts mehr zu verhandeln gibt.

Und, am Ende, so das Kalkül, finanzieren sie dann auch noch den „Wiederaufbau“ Syriens. Eine Win-Win Situation für ein Regime, das besser als alle anderen verstanden hat, wie wenig ernst es Europäern und USA je mit ihren Beteuerungen war, Assad müsse weg. Während der nämlich immer gesagt hat, was er vorhatte, wusste er zugleich genau, dass die Gegenseite zwar viel redete, aber eben nicht meinte, was sie sagte, wenn sie von „roten Linien“ und ähnlichem sprach.

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