Was Amerikas neuer Botschafter in Israel bedeutet

Von Florian Markl

friedman-trumpBlieben die Reaktionen des offiziellen Israel zurückhaltend, als Donald Trump am vergangenen Wochenende Rex Tillerson als designierten US-Außenminister vorstellte, so herrscht jetzt gute Laune in Jerusalem: Mit David Friedman wird ein ganz neuer Tonfall in der amerikanischen Botschaft Einzug halten, die sich noch in Tel Aviv befindet, aber bald nach Jerusalem umziehen soll, wenn es nach dem neuen Botschafter der Vereinigten Staaten in Israel geht. Die Empörung über Friedmans angekündigte Ernennung ist wenig überraschend, teilt dieser doch eine Reihe von Annahmen nicht, die für die Obama-Regierung und das Gros der sogenannten internationalen Gemeinschaft als sakrosankt gelten.


Der Kern des Konflikts

Während über Tillersons Positionen zum Nahen Osten und dem israelisch-palästinensischen Konflikt kaum etwas bekannt ist, sind Friedmans Einstellungen bestens bekannt, die er u.a. als Kolumnist der rechten Nachrichtenseite Arutz Sheva offen und geradeheraus kundgetan hat. Einen Einblick bietet auch ein Artikel, der eine Woche vor der US-Präsidentschaftswahl in the Algemeiner erschienen ist.

Die Unterschiede zur Haltung der Obama-Regierung könnten größer kaum sein. So erläuterte Friedman den Grund für die Fortdauer des Konflikts folgendermaßen:

„Der entscheidende Punkt, den man verstehen muss, ist, dass es keinerlei Fortschritt in Richtung eines Palästinenserstaates geben wird, solange die Palästinenser nicht der Gewalt abschwören und Israel als jüdischen Staat akzeptieren. Solange das nicht geschieht, gibt es im Grunde im Sinne eines politischen Prozesses nichts zu besprechen.“

Nicht die von den Europäern und der Obama-Regierung stets an den Pranger gestellten „besetzten Gebiete“ sind für Friedman das grundlegende Problem, an dem eine Friedenslösung bislang gescheitert ist, sondern die fortdauernde Weigerung der Palästinenser, sich mit der Existenz eines jüdischen Staates abzufinden und diesen anzuerkennen. So sehr Friedman damit dem Common Wisdom von Mogherini bis Obama widerspricht, so richtig liegt er mit der Identifizierung des Kerns des Konflikts. Wie wir schon an anderer Stelle schrieben:

„Wenn die Palästinenser Israel nicht als jüdischen Staat anerkennen, bestreiten sie den Juden genau das Recht auf nationale Selbstbestimmung, das sie für sich sehr wohl in Anspruch nehmen. Solange aber der Existenz jüdischer Souveränität die Legitimität verwehrt wird, hat es wenig Sinn, über territoriale Details zu diskutieren. Ob eine zukünftige Grenze hier oder einen Kilometer weit entfernt verlaufen soll, ist irrelevant, wenn der Staat, der sie zieht, ohnehin nicht als legitim anerkannt wird.“


Ein ganz anderer Zugang

Friedman bemühte sich gegenüber the Algemeiner, den Unterschied zur Politik der Obama-Regierung hervorzuheben, den eine Präsidentschaft Trumps bedeuten würde: Sie wird nicht versuchen,

„den Druck zu erhöhen und Israel eine bestimmte Lösung aufzuzwingen, sondern Israel dabei unterstützen, seine eigenen Schlüsse darüber zu ziehen, wie Friede mit seinen Nachbarn am besten erreicht werden kann. Wir vertrauen Israel.“

Während die Obama-Regierung während des Gazas-Krieges 2014 Israels Militäreinsätze in schlechtester europäischer Manier als „unverhältnismäßig“ kritisierte und die Lieferung militärischen Nachschubes aussetzte, betont Friedman:

„Wir glauben, dass [Israel] die Aufgabe exzellent erledigt, in dieser schwierigen Nachbarschaft einen Ausgleich zwischen seinem Respekt für Menschenrechte und seinen Sicherheitsinteressen zu finden. Israel ist ein Partner der USA im weltweiten Krieg gegen den Terrorismus. (…) Das ist wirklich die grundlegende Überlegung unserer Politik: Israel als einen Partner zu respektieren, statt unzulässigen Einfluss auf dessen Entscheidungen auszuüben.“

Und anders als Obama und Kerry, die die völlig unrealistische Erwartung hegten, Friede zwischen Israel und den Palästinensern sei binnen eines Jahres zu erreichen – und Druck auf Israel sei das dazu geeignete Mittel –, mahnt Friedman zu Geduld:

„Das einzige sinnvolle, das man jetzt tun kann, sind kleine Schritte, um die Gegebenheiten vor Ort zu verbessern und Palästinenser zu ermutigen und zu unterstützen, die keine hasserfüllte Agenda vertreten.“

Zu guter Letzt teilt Friedman auch die obsessive Ablehnung nicht, mit der die Obama-Regierung und viele europäische Politiker jüdischen Gemeinden im Westjordanland sowie jüdischen Bewohnern in Ost-Jerusalem begegnen und diese als Haupthindernis für den Frieden darstellen. Eine Trump-Regierung, so Friedman, der selbst die israelische Siedlung Bet El unterstützt, würde von Israel nicht erwarten, Hunderttausende Juden aus der Westbank und aus Ost-Jerusalem zu vertreiben:

„Auch im unwahrscheinlichen Fall eines umfassenden Friedensabkommens wäre eine Massenevakuierung in dieser Größenordnung unvorstellbar. Ein ‚judenreines‘ Judäa und Samaria macht genauso wenig Sinn wie ein ‚araberreines‘ Israel. Das ist nicht gerecht.“


Überzogene Reaktionen

Dass die Wahl Friedmans zum amerikanischen Botschafter in Israel eine Vielzahl von Leuten in helle Aufregung versetzt, ist nach alledem leicht zu verstehen. Die nicht gerade für ihre Israelfreundlichkeit bekannte New York Times etwa sprach von einer „gefährlichen Entscheidung“, attestierte Friedman „extremistische Ansichten“ und forderte den US-Senat auf, Friedmans Ernennung zu verhindern. Die linksgerichtete Haaretz meinte, Friedman könne sich über die mit dem Botschafterposten einhergehende diplomatische Immunität freuen, da er für manche seiner Artikel und Aussagen sonst von der israelischen Polizei wegen des Verdachts der Verhetzung verhaftet zu werden drohte. Kritik kam auch von Organisationen wie J Street, die mit ihrer „israelkritischen“ Israel-Solidarität bei der Obama-Regierung Gehör fanden und nun nicht zu Unrecht befürchten, unter einem Präsidenten Trump wieder ins politische Abseits zu geraten.

Geradezu apokalyptische Prophezeiungen kamen vom palästinensischen Chef-Verhandler Saeb Erekat. Sollte die US-Botschaft wirklich nach Jerusalem verlegt werden, werde das nicht nur den „Friedensprozess“ zerstören, sondern auch die gesamte Region in „Chaos, Rechtlosigkeit und Extremismus“ stürzen. Abgesehen von Erekats gleichermaßen üblicher wie falscher Überschätzung des Stellenwerts der Palästinenser in einer Region, die wahrlich von anderen Akteuren in Chaos und Extremismus getrieben wird als von einem designierten Botschafter: Ist das als Drohung zu verstehen, dass die palästinensische Führung dann erneut einen Terrorkrieg gegen Israel starten würde?

Friedman mag durch seine undiplomatische Direktheit ein ungewöhnlicher Kandidat für einen der wichtigsten Botschafterposten der Vereinigten Staaten, manche seiner in der Vergangenheit getätigten Aussagen mögen fragwürdig, unangebracht oder unhaltbar gewesen sein. Die jetzt geäußerte Empörung über ihn erscheint dennoch überzogen. Dass er manch vermeintliche Gewissheiten in Sachen Friedensprozess nicht teilt, spricht nicht automatisch gegen ihn. Mit der Ernennung Friedmans streicht Trump vor allem hervor, dass sein Zugang zu Israel sich von dem seines Vorgängers deutlich unterscheiden wird. Nach den Jahren der desaströsen Nahost-Politik Obamas und Kerrys muss dieser „Change“ kein schlechtes Zeichen sein. Und auch wenn der Job des Botschafters in Israel wichtig ist, handelt es sich letztlich um einen diplomatischen Posten – die Politik wird von anderen Akteuren bestimmt.

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