IRAN: DEN DRUCK AUFRECHT ERHALTEN

Sie gehört zum Standardrepertoire hiesiger Iranexperten: die Aussage, dass Sanktionen, die das iranische Regime wegen seines Atomprogramms unter Druck setzen sollen, kontraproduktiv, ja geradezu ein Instrument der Stärkung des Regimes seien. Solche Sanktionen, so der Tenor der Darstellungen, würden in einem Schulterschluss der iranischen Bevölkerung mit dem Regime resultieren und dazu führen, dass Volk und Führung sich gemeinsam „unter der Flagge vereinen”, wie jüngst Othmar Höll vom Österreichischen Institut für Internationale Politik in einer Ö1-Sendung zu den iranischen Wahlen ausführte.

Analysen, die solch immer schon unerschütterlich feststehende Gewissheiten auch nur ein bisschen ins Wanken bringen könnten, finden in aller Regel nicht den Weg in österreichische Medien. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Emanuele Ottolenghi hierzulande nicht zum Kreis der erlauchten Iranexperten zählt, da man von ihm nicht stets und ständig jenen Neuaufguss des Immergleichen vorgesetzt bekommt, zum dem verpflichtet zu sein scheint, wer Gehör bei Rundfunkanstalten und Zeitungredaktionen finden will.

Entgegen der landläufigen Lesart interpretiert Ottolenghi in derTimes of Israel den Ausgang der Wahlen im Iran und den Sieg Hassan Rohanis als Zeichen dafür, dass die westlichen Sanktionen gegen das Regime und der politische wie ökonomische Druck, den sie bewirken, erfolgreich sind. Denn auch wenn Rohnai alles andere ist als der Reformer, als der er seit seinem Wahlsieg in westlichen Medien so gerne präsentiert wird, so sei es doch für viele im Iran ein Zeichen des Protests gewesen, ihn zu wählen: „Voters, having been denied all other choices after the regime disqualified almost all candidates, concentrated their support on the only candidate left standing, who appeared least favored by the Supreme Leader. Their vote is a rejection of the regime’s reckless nuclear policies – both a sign that sanctions are working and that the people by and large blame their rulers.” Mitnichten hätten sich die Iraner also von den Sanktionen dazu bringen lassen, Solidarität mit dem Regime zu entwickeln und sich mit ihm gegen den Westen zusammenzuschließen. Vielmehr hätten sie das größtmögliche Zeichen von Opposition gesetzt, das unter den gegebenen Umständen möglich war.

Der Hoffnungsschimmer, der von der Wahl Rohanis ausstrahlen mag, sei denn auch nicht, dass nun, wie allerorten verkündet, Reform und Kompromiss in die iranische Innen- und Außenpolitik Einzug halten würden, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass das iranische Regime in den letzten Jahren doch sosehr unter Druck geraten zu sein scheint, dass es sich die Wiederholung einer Wahlfälschung wie 2009 nicht zutraute, um die allgemeine Unzufriedenheit nicht noch weiter zu schüren. Die Wahl, so schließt Ottolenghi seine Analyse, war „a vote of no confidence in the system, proof that most Iranians do not care about the nuclear program and conclusive vindication, if any was still needed, that Western sanctions’ policy has undermined the regime beyond all predictions. It is not time to waiver then – more pressure can bring this regime to its knees – and who knows, as Rouhani succumbs to a system he has no desire to dismantle, maybe Iranians will conclude that no improvement will come their way until they square off with this regime once and for all.”

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