Die „Sperrung der Mittelmeerroute“ in der Praxis

Die „Sperrung der Mittelmeerroute“ in der PraxisMit einiger Verspätung spricht sich auch in hiesigen Medien herum, was auf Mena Watch bereits vor Wochen zu lesen war – wie nämlich die „Sperrung der Mittelmeerroute“ in der Praxis aussieht:

„Noch am 1. Juni veröffentlichten UN-Experten einen Bericht über Libyen, in dem [Ahmed] Dabashi als einer der aktivsten Menschenhändler and der libyschen Küste aufgeführt wird. In den vergangenen drei Monaten habe er und vielleicht auch andere Milizenführern eine erstaunliche Läuterung durchgemacht. Vom international gesuchten Schlepperkönig wurde der 35-Jährige zu einem der wichtigsten Verbündeten Italiens und der EU.

Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen ist Dabashi derjenige, der mit seinen Söldnern die zentrale Mittelmeerroute blockiert. Statt Flüchtlinge über das Meer nach Italien zu schicken und dafür zu kassieren, halten Dabashi und seine Leute die Hand dafür auf, dass sie die Migranten von der Überfahrt abhalten. Viel deutet darauf hin, dass das Geld für Dabashi letztlich aus Europa fließt.“

Der Kampf gegen das „menschenunwürdige Schlepperunwesen“ im Mittelmeer, den Politiker gerne mit voller Inbrunst – und jeder Menge Heuchelei – verkünden, besteht praktisch also darin, die Schlepper mit Millionen Euro zu füttern. Hauptsache sie tun, was früher schon Gaddafi getan hat: uns die Flüchtlinge vom Leib halten. Nach den näheren Umständen fragt kaum jemand, und praktischerweise sind die Verhältnisse in Libyen nicht gerade dazu angetan, dass Journalisten viele störende Bilder darüber verbreiten, was die „Sperrung der Mittelmeerroute“ wirklich bedeutet.

Nur sollte niemand glauben, dass diese „Lösung“ des Problems von Dauer wäre:

„Die Folgen von Dabashis Aktivitäten sind nur teilweise abzusehen. Die in Libyen gestrandeten Migranten werden internationalen Hilfsorganisationen zufolge in menschenunwürdige Sammellager gepfercht. Zudem verfügt der Schlepperkönig über ein enormes Druckmittel gegenüber Italien und der EU: Wenn er es sich anders überlegt, nehmen die Meeresüberfahrten einfach wieder zu.“ (Julius Müller-Meinigen in der Kleinen Zeitung: „Europas zwielichtige Schleusenwärter“)

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