Der Nahe Osten braucht eine sexuelle Revolution

Der Nahe Osten braucht eine sexuelle Revolution„Mehrere Berichte der Vereinten Nationen machten bereits vor Jahren mangelnde Emanzipation als eine der Hauptursachen für Arabiens Rückständigkeit aus. Laut der ägyptischen Feministin Mona Eltahawy haben mangelnde Frauenrechte ihren Ursprung in einer ‚giftigen Mischung von Kultur und Religion‘. Die in Deutschland lebende türkisch-muslimische Autorin Seyran Ates spricht von ‚fatalen‘ Folgen sexueller Unterdrückung ‚für eine ganze Kultur‘. Eine freie Gesellschaft brauche ‚eine freie Lebensgestaltung‘. Eine Freiheit, die das religiöse Establishment konsequent unterbindet. Radikale Prediger, die in der Region zu berühmten Fernsehstars geworden sind, liefern ständig neue Fatwas (religiöse Gutachten), um ihre von Männern dominierte, heterosexuelle Welt aufrechtzuerhalten. Manche erscheinen schlicht grotesk. So untersagte ein Prediger Frauen, Bananen anzufassen, und Imame diskutierten, ob Frauen vielleicht doch keine Gegenstände seien, sondern Säugetiere mit eigenen Rechten.

Das öffentliche Klima ist streng puritanisch. Alles, was Frauen oder Sexualität betrifft, ist verboten: In Algerien werden Parkbänke zersägt, damit Männer und Frauen nicht zusammensitzen können, selbst Ehepaaren verbieten die Polizei, Hand in Hand zu gehen. Noch härter trifft es Homosexuelle. Im Libanon haben 80 Prozent der Menschen laut einer Studie des Forschungsinstituts Pew eine negative Haltung zu Schwulen, in Ägypten sind es 95 Prozent. In Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten steht auf gleichgeschlechtlichen Verkehr die Todesstrafe.

Der arabische Frühling verhieß in diesen Fragen Wandel. Heute sind 15 Prozent der Abgeordneten in Ägypten Frauen – so viele wie nie. Ähnlich in Tunesien, wo Frauen zudem ein Drittel der Richter und Ingenieure sowie 40 Prozent der Anwälte stellen. Bei den Revolutionen in Ägypten, Libyen und im Jemen spielten Frauen anfangs eine wichtige Rolle. Sie wollten sich damit nicht nur von politischer Unterdrückung befreien, sondern auch vom Chauvinismus. Das will das konservative Lager aber nicht tolerieren. Es versucht, Emanzipation aufzuhalten oder zurückzudrängen. ‚Dem Wandel in der arabischen Welt stehen zwei großen Hürden entgegen: Despotismus und der blutrünstige, radikale Islam‘, sagt der Marokkaner Rashid Boutayeb, Autor des Buches Orgasmus und Gewalt über den sexuellen Diskurs im Islam.“ (Gil Yaron „Zwischen lesbischen Orgasmen und radikalem Islam“)

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