Das „Kreisky-Forum“, Arafat und der Standard

Sehr geehrter Herr John,

im heutigen Standard berichten Sie über das „Bruno-Kreisky-Forum für internationalen Dialog“, das dieser Tage sein 25-jähriges Bestehen feiert. Dem Historiker Oliver Rathkolb zufolge habe dieses „immer wieder versucht, extreme Positionen zu integrieren und autoritäre Führungspersönlichkeiten aus dem Eck der Gewalt hinein in den Friedensprozess zu holen“.

Bei Jassir Arafat „einst Terrorist, später Friedensnobelpreisträger“, sei dies „geglückt“. Das kann man freilich nur behaupten, wenn man den Rückblick auf Arafats ‚Karriere‘ mit der Verleihung des erwähnten Friedensnobelpreises enden und die weitere Entwicklung unter den Tisch fallen lässt: Der Friedensprozess der 1990er-Jahre brachte Israel mehr Terror ein als je zuvor; Arafat verweigerte sich einem Friedensschluss und brach den als „zweite Intifada“ bezeichneten blutigen Terrorkrieg gegen den jüdischen Staat vom Zaun, der über 1.000 Israelis das Leben kostete.

Niemand würde noch ernst genommen werden, der heute von der ‚gelungenen Resozialisierung‘ Jack Unterwegers sprechen und dabei die nach seiner Haftentlassung von ihm erneut begangenen Prostituiertenmorde nicht erwähnen würde. Zu Recht würde sich jeder lächerlich machen, der das Münchner Abkommen von 1938 als „geglückt“ bezeichnen würde, weil es damit gelungen sei, Hitler „aus dem Eck der Gewalt hinein in den Friedensprozess zu holen“. Nicht minder unredlich ist es, im Rückblick all das Blutvergießen außer Acht zu lassen, das Arafat zu verantworten hatte, nachdem er „in den Friedensprozess“ geholt wurde.

Abschließend noch eine Frage zur journalistischen Redlichkeit: Wäre bei einem Artikel über das „Kreisky-Forum“ im Standard nicht zumindest ein Hinweis darauf angebracht gewesen, dass der Standard offizieller Partner dieser Institution und die leitende Standard-Redakteurin Gudrun Harrer eine ihrer Kuratoren und Kuratorinnen ist?

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Mena Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank

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