Von Florian Markl
Aktivisten der Israel-Boykottbewegung sind bei ihrer Diffamierung des jüdischen Staates an Fakten nicht interessiert. Sie haben, wie David Collier zu Recht feststellt, ihr Urteil bereits gefällt und fordern einzig noch die Bestrafung des vermeintlichen Verbrechers. (Dass sie dabei auch mit schlichten Fälschungen hausieren gehen, stellten sie unlängst in Wien unter Beweis.) Welch absurde Ausmaße die dazu erforderliche geistige Abschottung von der Realität bisweilen annehmen kann, illustriert eine Geschichte, die der Historiker Yacoov Lozowick erzählt.
Bei einer Tagung der Amerikanischen Historischen Vereinigung habe eine Teilnehmerin an einer Podiumsdiskussion erklärt, wenn man ihr Zugang zu den Dokumenten ermögliche, könne sie beweisen, dass die politische Führung der Juden vor der Gründung Israels die Vertreibung bzw. „Eliminierung“ der Araber geplant habe.
Wie Lozowick, der ehemalige Direktor des Archivs von Yad Vashem und gegenwärtige Chefarchivar des israelischen Staatsarchivs, erläutert, war die Aussage der Historikerin auf bemerkenswerte Art und Weise falsch: Tatsächlich stehen die israelischen Dokumente aus der relevanten Periode der Öffentlichkeit zur Verfügung; nur wenige Akten sind gesperrt, doch seien auch diese auf spezielle Anfragen hin meistens zugänglich. (Nebenbei bemerkt: Israel unterscheidet sich diesbezüglich von den arabischen Staaten, die in aller Regel weder Historikern noch der allgemeinen Öffentlichkeit Zugang zu brisanten historischen Dokumenten gewähren.)
Die vorhandenen Akten zeigten deutlich, dass es den von der amerikanischen Historikerin behaupteten Masterplan zur Vertreibung der Araber nicht gegeben habe. Da das aber ihrer anti-israelischen Überzeugung widerspreche, habe sie sich eine Erklärung zurechtgelegt, die Lozowick folgendermaßen zusammenfasst:
„Es ist heutzutage also möglich, dass auf dem Podium einer angesehenen akademischen Konferenz eine Teilnehmerin behauptet, dass das Fehlen von Beweisen für israelische Verbrechen nicht nur beweise, dass Israel diese auch tatsächlich begangenen habe, sondern darüber hinaus auch so verschlagen sei, die Belege dafür zu verbergen. Und das zu einer Zeit, in der die Archive offen sind, die Akten bereits ausführlich untersucht wurden und die These nicht bestätigen, die die Akademikerin gerne bestätigt sehen würde.“
Doch damit nicht genug: Als die Historikerin eingeladen wurde, sich davon zu überzeugen, dass ihr die israelischen Archive offenstehen, lehnte diese das Angebot rundweg ab: Sie sei eine Befürworterin der Israel-Boykottbewegung – weshalb ihr die Arbeit in einem israelischen Archiv offenbar unmöglich sei.
Zuerst klagte sie den jüdischen Staat also an, Dokumente über dessen angebliche Verbrechen zu verbergen, um sich sodann kategorisch auch nur der Möglichkeit zu verweigern, sich vom Gegenteil zu überzeugen. Besser kann man die Logik der Israel-Boykottbewegung nicht auf den Punkt bringen.