Berliner Luxushotel streicht Israel von der Landkarte

„Vor achtundvierzig Stunden saß ich in meinem Zimmer und durchstöberte die ‚Gebrauchsanweisung‘ des Hotels, in der die verschiedenen Dienstleistungen beschrieben werden. Zu den Unterlagen gehört die Liste mit den Vorwahlnummern für die verschiedensten Länder der Welt. Aufgeführt sind Rumänien, die Vereinigten Staaten, Thailand, Belgien, die Ukraine … Beim flüchtigen Überfliegen stießen meine Augen auf ‚Italien‘, und ‚Italien‘ löste eine reflexartige Reaktion aus. Der Name beginnt mit I – wie Israel. Und nun schaute ich zweimal hin: Wir sind in Berlin, im August 2016, im Hotel Kempinski, und Israel existiert nicht. Israel fehlt auf der Liste der Länder, die man aus dem Zimmer direkt anrufen kann. (…)

Ich war entgeistert: Wie ist es möglich, im Jahre 2016 in Berlin, der Hauptstadt des neuen Deutschlands, dass Israel eliminiert, getilgt, ausgemerzt wird? Dass Israel ausradiert wird, hatte ich in Gaza erlebt, in einer eher ruhigen Phase, als ich dort die arabischen Schulen besuchte. Man zeigte mir die Karten der Region: Israel war auf ihnen nicht verzeichnet, denn Israel darf in den Köpfen der Araber nicht existieren. Hier und jetzt, in Berlin, das Gleiche: Israel wird von der Telefonliste gestrichen. (…) Aber warum? Ich war völlig niedergeschlagen: Gibt es dafür eine Erklärung? Seine [i.e. des Rezeptionisten] Antwort: „Die Mehrheit unserer Kundschaft sind Araber, und sie haben verlangt, dass Israel gestrichen werde.“ Wie auf den geographischen Karten in Gaza. Israel existiert nicht. Ich stand an der Rezeption, es war zehn Uhr abends, und blickte um mich.“

(Claude Lanzmann: „Kempinski-Hotel in Berlin. Israel existiert hier nicht“)

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