Absage der Feierlichkeiten für Arafat

Sehr geehrter Herr Marlovits,

in der gestrigen ZIB13 führten Sie aus, dass die Trauerfeierlichkeiten anlässlich des zehnten Todestages von Jassir Arafat nur im Westjordanland stattfinden würden: „Denn in den letzten Tagen hat es immer wieder Gewalttaten gegeben, die Furcht vor einer neuen Eskalation zwischen Palästinensern und Israel ist groß, woraufhin die Feierlichkeiten im Gazastreifen abgesagt wurden.“ Nun wurden die Trauerfeiern im Gazastreifen tatsächlich abgesagt – mit Israel hatte das aber reichlich wenig zu tun.

Vielmehr wurden in den letzten Tagen mehrere Anschläge auf Häuser und Autos von Fatah-Vertretern im Gazastreifen verübt, einer sogar auf die Bühne einer früher stattfindenden Gedenkveranstaltung für den ehemaligen Fatah-Führer Arafat. Während die Fatah die Hamas, mit der sie sich in einer Einheitsregierung befindet, für die Anschläge verantwortlich machte, bestritt diese jede Verantwortung. Zugleich ließ sie aber verlautbaren, dass sie sich nicht in der Lage sehe, die Sicherheit der geplanten großen Trauerfeier zu garantieren, woraufhin diese abgesagt wurde.

Der Hass und der gewalttätige Konflikt zwischen den verschiedenen Palästinenserfraktionen sind hausgemacht und können auch durch die Schimäre einer Einheitsregierung bestenfalls oberflächlich kaschiert werden. Angesichts der erneut aufgeflammten Gewalt zwischen Fatah und Hamas in Gaza stellt sich die Frage, weshalb Sie Israel ins Spiel brachten, wenn es doch um blutige innerpalästinensische Rivalitäten geht – zumal der fragwürdige Zusammenhang nur hergestellt werden kann, wenn man sich um schnöde Logik nicht weiter kümmert: Die von Ihnen angesprochenen Gewalttaten der letzten Wochen fanden in Jerusalem sowie im Westjordanland statt. Wenn also die Angst vor einer weiteren Eskalation mit Israel der ausschlaggebende Grund gewesen sein soll, warum hätten die Gedenkfeiern für Arafat dann trotzdem in der Westbank abgehalten werden sollen? Warum hätten umgekehrt die Feiern in Gaza abgesagt werden sollen, wo es aktuell schon allein deswegen keine Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Israelis gegeben hat, weil dort seit dem einseitigen Abzug von 2005 überhaupt keine Israelis mehr leben?

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Alexander Gruber
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!